Gute Worte aus Amerika + Trump und Politik – keine Schachspieler?

Versöhnliche Worte kommen aus Amerika – und das ist sehr gut. Es gehe, so Clinton und Obama, um Amerika – das eint und nicht spaltet. http://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-hillary-clinton-bietet-donald-trump-zusammenarbeit-an-a-1120569.html

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Weil ich gestern die Wirtschaft im Fokus hatte: Gut, dass sie sich von dem Wahlergebnis gelöst hat: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/dax-verdaut-trump-schock-a-1120573.html

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Das, was hier im Blog folgt, habe ich gestern im Laufe des Tages geschrieben – kann also schon überholt sein.

Von welchen politischen Laien wir zum Teil regiert werden, zeigen emotionale Reaktionen zur Wahl Trumps. Es war wie beim Brexit: EU-Leute wie Minister und andere Politiker des Landes: Das haben wir ja nicht gedacht, Schock, Katastrophe! usw. Das mag auch so empfunden werden, und der Wahlausgang ist äußerst skeptisch zu betrachten – aber ich verstehe nicht, warum die Politik nicht schon darauf vorbereitet war. Noch vor wenigen Tagen soll sich, laut HRInfo ein hochrangiger EU-Politiker über Trump lustig gemacht haben. Das ist doch im Grunde unprofessionell, weil man wenige Wochen später vielleicht mit diesem Menschen an einem Tisch sitzen muss – zum Wohl der Welt mit ihm verhandeln muss. Und gerade ein Mensch, der so emotional alles macht wie Trump, wird sich womöglich eher an Leuten orientieren, die ihm wohl gesonnen waren als an Leuten, die ihn verachten bzw. verachtet haben.

Ich verstehe Politik wie ein gutes Schachspiel: Man muss alle Züge des Gegners im Voraus bedenken. Und was ist das für eine Politik, sowohl der EU als auch unserer Regierung, die das nicht tut, sondern der eigenen Medien-Propaganda mehr traut als dem Verstand? Unsere Politik lebt von ihren Wünschen und ihren Träumen, statt von der Realität. Und das führt auch in unserem Land bzw. in Europa zu kuriosen Entscheidungen, die ich jetzt nicht wieder kommentieren möchte.

Jetzt hoffe ich, dass sich erst einmal alle abkühlen, denn mit einem coolen Kopf kann man taktisch besser handeln.

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Es war eine demokratische Wahl, wenn die Wahlkampagnen auch vielfach von einem schlimmem Hassvokabular geprägt gewesen sein sollen – zumindest wurde das bei uns durch die Medien so kolportiert. Und zwar von beiden Seiten. Man lese nur einmal auch in unseren Medien die Überschriften der Vergangenheit – gegen Trump. Zum Teil unerträglich unter die Gürtellinie. Und so hoffe ich, dass auch Medien beginnen, eine verantwortlichere Rolle zu spielen, wenn sie nicht mehr meinen, den nächsten Präsidenten bzw. besser. die Präsidentin der USA auf den Thron hieven zu müssen. Aber nicht nur Medien – auch die Politik sollte wieder diplomatischer agieren. Das klappt bei Steinmeier noch nicht so ganz: http://www.n-tv.de/politik/Steinmeier-gratuliert-Trump-nicht-article19045691.html Merkel übt schon: http://www.n-tv.de/politik/Merkel-gratuliert-und-ermahnt-Trump-article19046461.html Dass sie Trump an demokratische Werte erinnert – nun denn, irgendwas muss sie ja sagen, um ihren Frust über die amerikanische Demokratie zu überspielen: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/angela-merkel-reagiert-auf-wahlsieg-von-donald-trump-a-1120489.html

Wählerbeschimpfung mag es nun auch geben – aber Demokraten sollten sich damit sehr zurückhalten. Die jeweiligen Gegner sind auch nicht dümmer als man selbst es ist.

Wer es jetzt schwer hat, das sind die Republikaner. Sie müssen sich jetzt nun erst einmal positionieren – und sie werden Trump hoffentlich auch ein wenig disziplinieren, so dass er den Wahlkampf verlassen kann und sich – auch wenn er nicht Politiker sein will – der Realpolitik widmet. Aber auch die schwerfällige Macht des politischen Apparates und der Netzwerke wird ihm Fesseln anlegen.

Was die Demokraten jetzt tun müssen – und von daher fand ich es gut, dass Clinton schon rechtzeitig gratuliert hat -: ebenfalls deeskalieren, damit sie das Land nicht zerstören, sondern aufbauen. Aber die Demokraten müssen sich so langsam erst selbst wieder finden: Sie haben alles verloren: den sicher geglaubten Sieg, das Repräsentantenhaus, den Senat.

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Vielleicht sollte man sich auch bei uns stärker sachlich mit solchen Ansichten auseinandersetzen, die dem politischen Mainstream nicht lieb sind, zum Beispiel diesen hier: https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2016/die-political-correctness-ist-am-ende/

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Auf eine Kuriosität mag ich noch hinweisen, die wieder mit dem Wahlkampf zusammenhängt: Die Clinton-Leute sind enttäuscht, weil nicht so viele Frauen Clinton gewählt haben, wie man es sich erhofft hat. Auch die NeoLiberalen haben einen Hang zum Diskriminieren, wenn man es auf die Stimmen Schwarzer abgesehen hat, die Stimmen der Latinos, der Frauen – und wie es wie nach dem Brexit mal wieder hieß: Die Alten haben Trump gewählt, nicht die Jungen, die Abgehängten, Dummen, Verbohrten, Globalisierungsgegner… Letztlich scheinen sich, zumindest so ich es jetzt wahrnehme, viele an diesen Schubladenwählerfang nicht gehalten zu haben: Frauen sind frei, Schwarze sind frei, Latinos sind frei, Jugend ist frei diejenigen zu wählen, die sie für wählbar halten, aus welchen Gründen auch immer. Und Männer sind sicher auch frei – sogar alte weiße Männer – die zu wählen, die sie für richtig halten. Und das muss nicht Trump sein. Ich empfinde es als gut, dass sich auch Frauen davon emanzipiert haben, eine Frau nur darum zu wählen, weil sie eine Frau ist.

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Apropos: Postfaktisch – auch hier sollte man beachten, dass das ein Begriff ist, der zur Beurteilung des Wahlkampfes verwendet wurde und immer dem politischen Gegner galt. War Trump wirklich postfaktischer als Clinton? Sind die jeweiligen Anhänger wirklich Fans des Postfaktischen? Ich denke, das werden künftige Dissertationen herausarbeiten. Aber erst einmal sollte das aus der Diskussion herausgehalten werden, die Wahl ist zu Ende.

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Und was sagt uns das alles zum Ansehen von Obama, der ja mit seiner Frau massivst in den Wahlkampf eingegriffen hat? Es war wohl ein Fehler, weil das zeigt, dass die Mehrheit der Amerikaner (vom Wahlrecht her gesehen) doch andere Ambitionen hatte.

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Was ich mit leichtem positiven Blick sehe, ist, dass das Verhältnis zu Russland nun wieder besser wird – meine Blogleser wissen, dass ich die Russlandpolitik der USA und damit auch die der EU für falsch gehalten habe. Was ich auch mit positivem Blick sehe: In Syrien könnte endlich dieser Kampf der Weltmächte gegeneinander aufhören, was ich auch im Blog immer angesprochen habe. Allerdings hoffe ich, dass der Preis, den wir für andere – falsche – politische Entscheidungen zahlen müssen, nicht zu hoch ist. Wobei: Wir zahlen im Augenblick auch einen sehr hohen Preis für die verfehlte Politik: Kalter Krieg, Flüchtlingskrise in Syrien und im Irak. Schlimm wäre es, wenn Trump sich als Charakterbruder von Erdogan erweisen würde und den Letzteren dabei helfen würde, seine Diktatur zu festigen. Wobei ich mir hier nicht sicher bin, wie Clinton reagiert hätte. Denn sie lehnte sich stark an der islamistischen Linie an. So bedauert die Muslimbruderschaft natürlich die Niederlage von Clinton: https://www.jihadwatch.org/2016/11/muslim-brotherhood-trump-victory-a-disaster Ob jetzt die Rolle von Huma Abedin aufgearbeitet werden kann?

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All diejenigen, die Clintons Sieg herbeireden wollten, versuchen sich nun daran zu erklären, warum Trump dennoch gewonnen hat. Darf man diesen Herrschaften jetzt mehr politische Klugheit zutrauen als vor der Wahl?

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