Integrationskonzepte + Ebenen ethischer Urteilsbildung + Scham- und Schuldkultur

Zunächst ist allen klar, dass die Zugereisten erst einmal Deutsch lernen müssen.

Doch die deutsche Sprache beherrschen, bedeutet noch nicht integriert zu sein.

Dazu werden Unterrichtsstunden eingeräumt, in denen bestimmte Aspekte angesprochen werden, eben auch durch Besprechen von Flyern oder Schriften, in denen die Zugereisten auf die Gepflogenheiten und Sitten des Landes hingewiesen werden.

In letzter Zeit gab es verwunderte Aussagen darüber, dass Menschen, die über das Verhältnis zu Frauen in unserem Mitteleuropa aufgeklärt waren, sich dennoch den Frauen gegenüber ungehörig verhielten.

Das zeigt im Grunde, was man natürlich schon vorher weiß: Integration ist ein Lernprozess. Dieser Lernprozess basiert auf die genannten Grundlagen (Sprache/Ersteinführung) – aber dann muss noch immens viel folgen, die eigentliche Integrationsarbeit. Diese kann nur nachhaltig sein, wenn die Gesellschaft bzw. das gesellschaftlich/soziale Umfeld diese Leistung erbringen: Da ist zunächst der Arbeitsplatz zu nennen.

Ideal wäre freilich, wenn Familien in Deutschland die Patenschaften über einen Zugereisten übernehmen würden. Dieser müsste dann in alles eingeführt werden, was der Alltag so mit sich bringt, an Verhaltensweisen und an Problemlösungen.

Das wäre ideal. Und da dies eben nur in ganz begrenztem Maße der Realität entspricht, müssen verpflichtende Kurse eingerichtet werden, die diese Aufgabe mehr schlecht als recht leisten können.

Diese Kurse müssen durch Fachleute geleitet werden. Denn welcher Laie weiß schon, dass es unterschiedliche Entwicklungsstufen der ethischen Urteilsbildung gibt. Und entsprechend muss man mit den Zöglingen umgehen. Denn es dürfte so sein, dass unser postkonventionelles Niveau nicht unbedingt dem Niveau anderer Kulturen entspricht. Das heißt: Das eigene Gewissen zählt, man will reinen Gewissens leben, man erkennt, dass das Recht des einzelnen Menschen respektiert werden muss. Eher dürfte ein Großteil der Zugereisten (je nach Länder) auf der Ebene des konventionell-konformistischen Niveaus stehen (Unterordnung unter einer Autorität bzw. gute Beziehungen innerhalb der Gruppe). Wobei angesichts der Nachrichten viele auch auf der vormoralischen Ebene stehen dürfte, das heißt, man lebt nach dem Lustprinzip, aber so, dass man aus Angst vor Strafe sich jeweils unterordnet.

Was bedeutet das nun für unser Zusammenleben mit Zugereisten? Wenn Menschen auf der Ebene des vormoralischen Niveaus leben, dann muss man ihnen eben auf diesen unteren Ebenen begegnen (Lohn/Strafe – Autoritativ/Gruppenbezogen), weil sie es anders nicht kapieren. Erst durch einen weiteren Prozess können sie lernen – eben als Prozess der Lebenserfahrung, nicht allein des Intellekts – dass eine weitere Ebene erklommen werden muss: Recht des Individuums und des Gewissens.

Dass wir es mit den Zugereisten mit Menschen zu tun haben, die auf diesen unterschiedlichen moralischen Ebenen leben, muss vielen in unserem Land erst einmal deutlich werden – nicht nur der Justiz. Aber darum geht es in der Integration. Und das zeigt, wie schwer es sein wird, Menschen ohne das Leben unter Patenschaften zu integrieren.

Wenn die Politik davon spricht, dass wir es schaffen, diese Fülle an Menschen zu integrieren, wie denkt sie sich das? Welches Konzept hat sie? Vor allem für die Masse an Menschen? Wie denken sich das die Willkommen-Rufer, sagen wir zum Beispiel von Pro Asyl?

Es ist natürlich einfacher, wenn die Menschen zum christlichen Glauben konvertieren, weil sie auf dieser Ebene eben – sozusagen auf Abkürzung – die oberste Ebene erreichen können. Einmal durch die christlichen Vorgaben, zum anderen aber auch durch ihre Einbettung in die christlichen Gemeinden. Wieweit islamische Moscheegemeinden das leisten können, weiß ich nicht. Das wird von den jeweiligen Gemeinden abhängig sein.

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Auch wenn die Unterteilung der Kulturen in Schuld- und Schamkultur nicht eindeutig zu leisten ist, sollte man doch daran denken, dass ein Körnchen Wahrheit darin steckt. Und wenn man das weiß, geht man mit Menschen aus dem islamischen Kulturkreis auch anders um.

Auszug aus einem Blog-Beitrag vom 27.5.2014:

„Schuldkultur des Westens: Menschen sind schuldig geworden, weil sie sich an anderen gegen Gottes Willen vergangen haben. Jeder erkennt seine eigene Schuld. Wenn aus östlicher Perspektive von schlimmen Vergehen der Menschen gesprochen wird, dann tritt die Scham in den Vordergrund: Die Gesellschaft akzeptiert eine Handlung nicht, diejenigen, die sich vergangen haben, sollen sich schämen und die Konsequenzen ziehen. Das innere Gericht (Schuldkultur) – das äußere gesellschaftliche Missbilligen (Schamkultur). In der Schuldkultur tut man etwas nicht, weil man sich innerlich zur Rechenschaft zieht – in der Schamkultur tut man etwas nicht, weil man Angst hat, es könnte von den anderen entdeckt werden – oder man tut etwas, weil man davon ausgeht, dass man nicht entdeckt wird, bei der Schuldkultur würde man das nicht tun, weil der innere bzw. göttliche Richter immer anwesend ist. In der Schuldkultur ist man Knecht seines Gewissens/Gottes – in der Schamkultur ist man Knecht der Gesellschaft/Gemeinschaft. In der Schuldkultur kann man gegen das Schuldigwerden der Gesellschaft angehen – in der Schamkultur nicht, weil man die als Richterin anerkannte Gesellschaft nicht kritisiert.“

Nur am Rande: Viele kölner Nordafrikaner wurden dabei erwischt, dass sie Frauen belästigt haben. Sie schämen sich jedoch nicht, weil die Maßstäbe unserer Gesellschaft für sie nicht zählen. Erst wenn die Mehrheit ihrer Gruppe sagt: Ertappt – das darf man nicht – dann kann es zur Scham kommen. Dass dem aber so ist, dass die Mehrheit der muslimischen nordafrikanischen Männer (ihrer gesellschaftlichen Schicht) sagt, dass man so etwas nicht tun darf, ist in absehbarer Zeit wenig wahrscheinlich. Die Frage ist, wie wird es in unserer Kultur werden, wenn die jüdisch-christliche Schuldkultur nicht mehr rezipiert wird? Werden dann weder Scham- noch Schuldkultur Menschen zu moralischem Verhalten zwingen?

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