Anmerkungen zum Fall Rentzing

Es ist freilich nicht okay, im Zusammenhang der Wahl zum Bischof diese Vergangenheit verschwiegen zu haben – was allerdings eine unterstellende Formulierung ist: Manche Sachen kann man auch einfach vergessen. Das kapiert natürlich niemand, der gerade mal zwei Texte in seinem Leben geschrieben hat. Wer aber viel schreibt, hat nicht mehr alles im Blick. Das sei keine Apologie, das ist real, sollte nur zeigen, dass schon im Kleinen Vorverurteilung stecken kann. Abgesehen davon, dass man transparent sein soll, muss man wissen, dass man gerade bei einem solchen hohen Amt viele Gegner haben kann. Und die können dann unerbittlich sein.

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Meine Frage: Sind es rechte/konservative Texte oder rechtsextreme Texte? https://www.tagesschau.de/investigativ/bischof-rentzing-101.html Genauso wenig wie linke Texte mit linksextremen Texten verwechselt werden dürfen, dürfen rechte Texte mit rechtsextremen Texten verwechselt werden. Rechtsextreme Texte verbinde ich zum Beispiel mit nationalsozialistischer Weltanschauung. Ob das wirklich vorliegt, kann ich anhand der mir in Medien bekannt gewordenen Aussagen noch nicht erkennen.

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Nun hat laut Tagesschau (13.10) https://www.tagesschau.de/inland/bischof-rentzing-103.html auch Bedford-Strohm gegen den ehemaligen Bischof Stellung bezogen und in dem Kontext von

Antisemitismus, Rassismus, völkisches Denken und Ausländerfeindlichkeit.

gesprochen. Ist aus den Worten, die der Öffentlichkeit bekannt geworden sind, wirklich Rassismus, Antisemitismus und völkisches Denken erkennbar? Die Aussage, dass er sagte, dass Menschenrechte nicht weltweit gelten, ist keine Aussage, die in dieser bekannt gewordenen Pauschalität in diese Kategorien fallen. Man beachte nur, dass die islamischen Staaten und die afrikanischen Staaten sich eine eigene Menschenrechtscharta erstellt haben und China und Russland andere Prioritäten setzen. Das mögen natürlich viele nicht gerne hören. Aber die Ohren vor der Realität zu verschließen zeigt, dass man nur seine eigene Weltsicht wahrnimmt. Ist eine schlagende Verbindung automatisch mit Rechtsextremismus verbunden? Bedenklich sind freilich die anti-demokratischen Tendenzen.

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Wenn Saulus/Paulus heute käme und sagen würde: Leute, ich bin ein anderer geworden, hätte er da Chancen? Nur, wenn er nicht vorher als rechtskonservativ eingeschachtelt worden wäre. Da hätte er bei uns keine Chance. Er würde in die Wüste geschickt. Allerdings unterscheiden sich der Bischof und Paulus in einem wesentlichen Punkt: Der Bischof hat – wie ich den Medien entnehme – nicht über diese seine Vergangenheit geredet – anders Paulus. Er hat alle Karten offen auf den Tisch gelegt. Was ihm allerdings auch als Koketterie mit seiner Vergangenheit ausgelegt wird.

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Wenn sich der Bischof von seiner Vergangenheit distanziert, dann muss jetzt die Kirche sehen: Was sagte er in den letzten Jahren zu all diesen Themen. Ist erkennbar, dass er sich wirklich verändert hat? Wenn ja, dann hat sie sich auf seine Seite zu stellen. Damit ist nicht unbedingt gesagt, dass er Bischof bleiben muss und dass sie sich mit allem, was er sagt solidarisieren muss. Das wäre eher nicht gut. Sondern damit ist gesagt, dass sie ihn nicht fallen lässt als Pfarrer.

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Die Kirche muss auch aufpassen, dass sie nicht nur Stromlinien-Menschen Chancen gibt. Wir müssen vielfältig bleiben. Jesus Christus – über den spricht in dem Zusammenhang keiner, sondern nur darüber, was politisch richtig oder falsch ist – beruft unterschiedlichste Menschen. Diesen Menschen in ihrer vielfältigen Unterschiedenheit muss sie Heimat bieten. Kirche ist etwas anderes als eine politische Partei. Wir müssen nicht homogen sein – wir stehen nicht zur Wahl. Wer eine homogene Kirche möchte, will sie auf Linie bringen. Und das widerspricht ihrem Selbstverständnis.

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