Christliche Hymnen, Lieder, Gedichte (3)

Gregor von Nazianz

Von Gregor von Nazianz (329-390) gibt es über 300 Gedichte: Theologische – dogmatische, moralische -, Historische, die ihn selbst thematisieren und die andere thematisieren. Sein Gedicht Über das eigene Leben ist der erste Text, der das eigene Leben biographisch durchdringt, älter als die Bekenntnisse des Augustinus und er ist der erste, der seine eigene Kindheit betont (M. Slusser: The Fathers oft he Church 75, 1992). In seinem Gedicht Über seine eigenen Angelegenheiten spricht er in Form eines Gebetes über sein Leben, über seine Mutter, sein Vater, seine Kindheit und Jugend, das, was ihm im Leben wichtig war, dann über die Lebensspannungen. Denn er, der eigentlich die Zurückgezogenheit liebte, wurde in eine schwere kirchliche Auseinandersetzung hineingezogen – und das als Bischof.

Am Beginn seines Gedichts ruft er Gott an, der Mensch wurde. Er möge ihm helfen gegen die Menschen, die denen gegenüber feindselig sind, die Gott lieben, die das eigene Ebenbild Gottes beschmutzen, ihre Seele an die Erde fesseln. Am Ende seines Gedichts beschreibt er, dass er nichts hat, das ihm helfen kann, keine liebende Frau, die ihn mit Worten tröstet, keine Kinder, die dem Alten helfen. Freunde leben im Streit, Nächstenliebe ist ihnen fremd geworden.  

Dann heißt es:

Du bist meine Stärke, der Herr aller, der Ungeborene, der Anfang und der Vater des Anfangs, der der unsterbliche Sohn ist.  Du bist das große Licht…  O Sohn Gottes, Weisheit, König, Wort, Wahrheit, Bettler, Hirte, Lamm, Opfer, Gott, Mensch, Hohepriester; Geist, der vom Vater ausgeht, Licht meines Verstandes… du schaust in Barmherzigkeit herab. Gewähre, dass ich hier und im Jenseits mit der ganzen Gottheit vermischt werde.  Mit endlosen Hymnen darf ich Dich in Freude feiern.

In den Gedichten, in denen er sein Schweigegelübde reflektiert, reflektiert er auch sein Dichten.

Er sieht sich als Instrument Gottes, das nicht griechische Legenden und Mythen besingt, nicht die Natur, nicht die Sehnsüchte des Menschen. Er besingt den dreieinigen Gott, singt von den Hymnen der Engel, singt von der Harmonie der Welt, die kommen wird, von Christi Leiden, das den Beter zum Gott gemacht hat, indem er Menschliches und Göttliches mischte.

In seiner Klage

weist er auf klagende Menschen, Menschen, die ihre Lieben verloren haben, die von Feinden verheerte Heimat, das vom Feuer geraubte Haus. „Doch wie vermag ich es je zu beweinen in würdiger Trauer, / Meine gesunkene Seele! Dich, Bildnis des ewigen Gottes“, das von der Sünde vergiftet wurde? (Zit.: Gesänge der Heiligen)

Im Lobgesang auf Christus werden nicht, wie in der Antike vielfach üblich, die Musen angerufen. Bei Gregor heißt es: „Dich, den ew´gen Herrn der Herren, / Gieb zu singen, lobzupreisen“ – und es folgt ein Lied, das die Macht – auch Schöpfermacht – Jesu Christi besingt. Durch Christus strahlt das Licht der Sonne, kennt der Mond seine Bahn, durch ihn gelangt der Geist der Glaubenden zu Gott. Angesichts der Größe Christi wird der Mensch ganz klein, ganz groß. An diesem Lied sieht man auch, dass es eines ist, das in Auseinandersetzung mit konkurrierenden christlichen Strömungen eingreifen soll (J. F. Kayser – s. (2))

„Und im Jahr 390 nahm Gott diesen treuen Diener, der ihn mit scharfsinniger Intelligenz in den Schriften verteidigt und mit so viel Liebe in seinen Gedichten besungen hatte, in seine Arme.“ So Papst Benedikt XVI.: https://de.zenit.org/articles/papst-benedikt-xvi-uber-den-heiligen-gregor-von-nazianz-teil-1/

Nicetas, Bischof von Remesiana

Nicetas, der nach 414 gestorben ist, ist möglicherweise der Dichter eines der wichtigsten Texte der Kirche, das te Deum (laudamus). Er wird auch anderen zugeschrieben bzw. wird als ein Text angesehen, der im Laufe der Zeit angewachsen ist ( https://de.wikipedia.org/wiki/Te_Deum ). Zudem wird Nicetas auch als einer angesehen, der Ambrosius auf den Geschmack gebracht hat, eigene westliche Hymnen zu formulieren.

Erde, Engel, Apostel, Propheten, Kirche – alles lobt Gott, den majestätischen Vater, den wahren Sohn, den fürsprechenden Geist – Christus ist Mensch geworden – befreite den Menschen – bezwang den Tod – öffnete den Himmel – herrscht, wird wiederkommen. Diesem Lobpreis folgen Bitten, um Hilfe, Rettung, Segen, Erhebung, Bewahrung vor Schuld. Und um Erbarmen.

Proba und Juvencus

Sie wollten zu Beginn des 4. Jahrhunderts das Alte wie das Neue Testament in eine sprachlich fließende Form überführen, die für gebildete Römer angemessener erschien: im Stil des großen Vergil. Juvencus wurde für sein Werk bis ins 8. Jahrhundert hinein bewundert. Da es in dieser meiner kleinen Übersicht jedoch nicht um die zahlreichen Versuche geht, die Bibel zu inkulturieren, und seien sie sprachlich noch so kunstvoll, sondern um Gedichte, sei es bei diesen Anmerkungen geblieben. An diesen Texten wird auch deutlich, dass die christliche Dichtkunst, die im Osten schon intensiv vorhanden war, den Westen erreicht hat. Ebenso sei an dieser Stelle angemerkt, dass ich die zahlreichen Neuformulierungen der Psalmen durch die Jahrhunderte nicht aufnehmen werde. Auch das wäre ein eigenes Thema.

Was unbedingt zum Verständnis erwähnt werden muss: Christen versuchten ihren Glauben erst langsam „Wort“ werden zu lassen, ihn mit den Möglichkeiten der Sprache ihrer Zeit auszudrücken. Der Glaube brachte viel Neues – doch wie kann man das Neue formulieren? Darum rang man zum Teil heftig. Welche Formulierung – aus der eigenen Tradition – gibt den neuen Glauben angemessen wieder? Dichter trugen dazu bei, Worte für den Glauben zu finden.

Hilarius von Poitier

Von Hilarius von Poitier (315-367) gibt es nur noch wenige Fragmente von drei seiner Gedichte – Zuweisungen von Fragmenten und Gedichten werden diskutiert. Hilarius wurde in ein Haus hineingeboren, dem die Philosophie des Neuplatonismus wichtig war. Er war in der Verwaltung tätig und wurde erst später Christ. Als Christ begrüßt er den Morgen im Morgengesang (BKV).

Die aufgehende Sonne ergießt sich in den Tag – diese Sonne verblasst angesichts des Lichtes Gottes – das sich als Gnade in die Herzen ergießt – und verändert Menschen – er bittet, dass Diebstahl, Unkeuschheit und Gier sich nicht im Menschen ausbreiten.

Die Seele hoffet betend dieß,
Nur diese Gaben wünschet sie,
Damit uns hold das Morgenlicht
Beschirme in der finstern Nacht.

Das Gloria – ein Morgengebet, das Eingang gefunden hat in die christliche Liturgie – stammt vermutlich von Hilarius (eher unwahrscheinlich? Wahrscheinlicher die lateinische Übersetzung?) http://www.kathpedia.com/index.php?title=Gloria_in_excelsis_Deo :

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.

Wir loben Dich, / wir preisen Dich, / wir beten Dich an, / wir rühmen Dich und danken Dir, / denn groß ist Deine Herrlichkeit: / Herr und Gott, König des Himmels, / Gott und Vater, Herrscher über das All, / Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus. / Herr und Gott, Lamm Gottes, …

Immer wieder kann man lesen, dass die Eingangsworte, die der Bibel entnommen sind (Fettdruck), Reflex des Verbots des Konzils von Laodizea sei, dass man keine Psalmen mehr dichten dürfe. Man habe darum einen Bibeltext genommen und an diesen dann den neuen Hymnus angeschlossen. Spannend ist, dass sich keiner der Großen daran gehalten hat. Von daher frage ich mich – als Laie – ob nicht ein anderer Grund vorliegt, den Paulinus im Brief an Jovius formuliert: Er solle sich ein Thema aus der Bibel suchen und diesem das Loblied zur Ehre Gottes anfügen. Dadurch gelangen staunender Glauben und Liebe ins Herz. Zudem hat meines Wissens das (regionale!) Konzil nicht gesagt, dass man keine Lieder/Hymnen schreiben dürfe, sondern nur, dass diese Lieder/Hymnen keinen kanonischen Rang einnehmen dürfen, das heißt, nicht die Bedeutung haben, wie sie biblische Texte haben. Es ging um die Auseinandersetzung mit anderen christlichen Strömungen, die mit Liedern versuchten, ihre theologische Sicht durchzusetzen. Nicht Verbote halfen, sondern die Komposition besserer Lieder.

Datenschutzerklärunghttps://www.wolfgangfenske.de/http://blumenwieserich.tumblr.com/

KategorienAllgemein