Selbstverzwergung der Kirche + Auseinandersetzung um TTIP

Eine lesenswerte Kritik an der politischen Haltung der Kirchen – die zur Selbstverzwergung dadurch führt, dass sie mit den Regierenden zu eng zusammen agiert: http://cicero.de/salon/politik-und-glaube-willkommen-in-der-merkelkirche Was ich hieran interessant finde: Man wendet sich in der Gegenwart mit Grausen von der Kirche ab, die eng mit Regierenden paktiert hat: zu eng mit den Fürsten, zu eng mit den Kaisern – bis hin zu den Protestanten, die aus Kaiser Wilhelms Gnaden lebte (sage ich mal salopp). Und heute? Natürlich kommt dann leicht über die Lippen: Aber damals paktierte man mit den Bösen und heute unterstützt man die Guten. Das kann man natürlich sagen – aber wohl nur, weil die damaligen Christen verstorben sind und nicht mehr sagen können: Das haben wir doch auch gemacht!

Was aber soll man als Kirche machen, wenn die Regierenden so handeln wie die Kirchen es immer predigen? Sollen sie aus lauter Prinzip die Regierenden tadeln?

Ich denke nicht. Aber: Es läuft noch nicht gut, was in der Flüchtlingsfrage alles auftritt. Es sind Bemühungen da – aber es hapert noch an vielen Ecken und Enden. Und es hapert darum, weil die Kirchen ihre Vorstellungen haben, aber nicht mehr den Puls der Bevölkerung spüren, sondern nur ihren eigenen. Indem sie eine falsche Willkommenskultur predigen, haben sie Teil am Sog, der Menschen hierherführt – und dadurch sehr viele in schlimme Gefahren bringt. Das haben selbst die EU-Länder inzwischen erkannt. Kirchen tragen nicht nur Verantwortung für die Fremden – sie tragen auch Verantwortung für das Volk, in dem sie handeln. Sie müssen herausspüren, was geht und was nicht geht. Ideologie und Realismus vertragen sich nicht immer miteinander – von daher sollte man sich fragen: Was geht, was geht nicht? Merkel spürt es inzwischen – aber die Kirchen hätten sie viel früher warnen müssen. Das haben die Grünen ja von den Kirchen, diesen Gedanken, dass man die Menschen zum Guten hin erziehen muss. Aber das geht nur in einem bestimmten Maß. Wenn das Band überdehnt wird, dann reißt es. Das haben Kirchen noch nicht gespürt. Sie ziehen noch kräftig – gefährlich kräftig. Manche in den Kirchen verstehen auch nicht mehr zu unterscheiden zwischen Zeitgemäßheit, die gut und wichtig ist und Anpassung an Strömungen, die nicht mehr gut sind, weil sie dem eigentlichen der Kirchen widerstreben.

Zudem, was ebenfalls im Artikel anklingt (und im Blog gestern eigenständig dargestellt wurde): Menschen suchen in den Kirchen etwas, das sie woanders nicht finden: Gemeinschaft – aber eine Gemeinschaft aus dem Glauben heraus. Soweit ich das beobachte, wollen die Menschen nicht unbedingt ständig Bibel – Beten – Gott – Jesus Christus hören. Sie möchten aber die Gemeinschaft erfahren, die Geborgenheit, den Lebenssinn – der von denen ausgeht, die im Glauben an Gott in Jesus Christus leben, die beten und in der Bibel ihre Kraft finden. Das klingt komisch. Sie wollen am Glauben teilhaben ohne selbst glauben zu müssen.

Glauben ist ja auch kein Muss. Glauben ist Widerspiegelung der Liebe Gottes: Gott strahlt mich an – und mein ich strahle zurück und auf andere aus. Gott strahlt mich an – und mein Glaube leuchtet zurück.

Und von daher ist es keine Heuchelei, aus Glauben heraus Gemeinschaft zu bieten – was dann zur Folge haben kann, dass die Menschen angestrahlt werden können und ebenfalls vom Glauben ergriffen weiterstrahlen.

Wir dürfen nur unseren Glauben nicht verschweigen, wenn wir welche Art Gemeinschaft auch bieten. Wir können alles bieten, was Menschen gut tut. Aber eben die Lichtquelle zur Sprache bringen, sich ihrer nicht zu schämen.

Das ist das große Thema der Gottesdienste. Nicht Politik. Politik ist eine Eintagsfliege, sind Eintagsaufreger, ist Menschentrenner. Das Licht Gottes führt zusammen.

Und das bedeutet für das Verhältnis Kirche – Politik? Aus Glauben verantwortlich zu handeln, indem auch die Politik kritisch durchleuchtet wird. Das bedeutet: Für die Politiker beten, dass sie im Glauben richtig handeln. Das bedeutet für die Kirche zu überprüfen, ob sie ideologisch handelt – oder aus dem Gehorsam des Glaubens heraus. Es bedeutet zu fragen, ob sie Handlanger der Politik oder mächtiger Strömungen ist – oder selbständig handelnd ein Korrektiv der Politik und dieser Mächtigen Strömungen bietet. Nimmt Kirche die Menschen, mit denen sie es zu tun hat, ernst – oder versucht man, sie manipulativ in bestimmte politische Richtungen zu drängen.

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In der österreichischen katholischen Kirche gibt es eine Auseinandersetzung um Handelsabkommen. Es geht um den Versuch, die vielfältige Meinung in der Kirche zu politischen Fragen aufrechtzuerhalten und nicht unter ein Machtwort einer einzelnen Person bzw. Gruppe verhindern zu lassen: http://kath.net/news/58310

Es ist nicht Aufgabe der Kirche, konkrete aktuelle Sachfragen zu beurteilen. Diese sollen dem verantwortlichen Urteil jener Christen und Laien überlassen bleiben, die das entsprechende Fachwissen und die entsprechende berufliche und politische Erfahrung aufweisen. Man kann aus christlicher Verantwortung und aus einem christlich gebildeten Gewissen heraus bei diesem Thema auch zu einer anderen Position kommen, schloss Kukacka.

Impressum http://www.wolfgangfenske.de/

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