Zwang

Ich fand in dem Liederbuch „Das Singvögelein“, das Philipp Bickel im 1882 (?) herausgegeben hat und in vielen Auflagen erschienen ist, ein Lied mit dem sonderbaren Beginn: „Ein saftgeschwelltes Gräschen sproß“. Es wächst aus der Erde und wird gefragt, warum. Es antwortet: „Ich strebe nach dem Licht! Ich streb´, ich strebe nach dem Licht.“ Dann wird der stolze Adler gefragt, warum er so hoch fliegt. Er antwortet wie das Gras: Ich strebe… In der 3. Strophe heißt es:
„Ich frag mein Herz:
Was soll dein Drang
Nach einer bessern Welt,
Der gerne jeder Fessel Zwang
Zerbräche, die ihn hält?
Ein überirdisch Feuer loht
In ihm…“.
Es strebt zu Gott: „Ich strebe nach dem Licht! Ich streb´, ich strebe nach dem Licht.“

Wie sagte der Kirchenvater Augustinus: „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir“ – Gott.

Leider habe ich nicht herausgefunden, von wem das Lied stammt und wann es genau getextet wurde. Aber dieses Kinderlied verdeutlicht ganz einfach: Der Mensch strebt wie die gesamte Natur, die gesamte Schöpfung. Sie strebt nach einer besseren Welt, sie strebt nach Freiheit, sie strebt dem Licht zu, sie strebt Gott zu. Was geschieht, wenn dieses verhindert wird? Bei Pflanzen finden wir eine Vergeilung. Was finden wir in der menschlichen Seele?

Übrigens finden wir in diesem Liederheft das Lied unter der Rubrik: Naturlieder. In diesen werden die kleinen Teile der Schöpfung nahe gebracht, dadurch für sie die Augen geöffnet. Wer das Gräslein-Lied kennt, der achtet auf die Gräslein, die nach dem Licht streben.

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