Gründonnerstag: Einsetzungsworte (1)

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Einsetzungsworte (1)

Stellen wir uns vor, wir wüssten, dass wir in wenigen Stunden sterben müssten.
Wir wollen es den uns nahe stehenden Menschen mitteilen.
Was würden wir ihnen sagen?
Was wäre uns so wichtig, dass es als Vermächtnis weitergegeben wird?
Was tat und sagte Jesus Christus? Markus 14,22-25 (um Vers 25, einer wiederholten Aussage, dass er sterben werde mit Hoffnungsausblick, gekürzt) schreibt:

Während der Mahlzeit
Nahm Jesus das Brot
Lobte, brach und gab es ihnen und sagte
Dies ist mein Leib.
Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen
Und sie tranken alle aus ihm.
Und er sagte ihnen:
Dies ist mein Blut des Bundes das, vergossen wird für viele.

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Das Brechen des Brotes – ist das Brechen seines Leibes. Darum wird es bei Markus nicht erläutert. Jesus sagt seinen Jüngern in der Verbindung der Handlung mit dem Wort: Wie das Brot gebrochen wird, so wird mein Leib gebrochen werden. Er teilt ihnen so mit, dass er sterben wird.

Der Leib wird gebrochen – und sein Blut wird vergossen. Das Blut wird vergossen werden für euch, für die vielen. In diesen Worten deutet Jesus seinen kommenden Tod. Er stirbt nicht, weil es Zufall ist, weil die Bösen ihn überwunden haben. Er stirbt für Menschen. Wie aus Markus 10,45 deutlich wird, stirbt er zur Befreiung der Menschen. Es ist ein Bund der Befreiung, den Jesus Christus mit seinem Sterben schließt.

Aber Jesus nimmt nicht nur das Brot und den Becher (Kelch)/Wein und macht an diesen Elementen deutlich, dass er sterben muss, sondern er gibt denen, die ihm folgen, davon zu essen. Damit nimmt er sie in sein kommendes Befreiungshandeln (Erlösung, Rettung) mit hinein. Dass aber nicht allein sie gemeint sind, sondern auch noch viele andere Menschen, also der Rahmen der kleinen Gruppe gesprengt wird, macht er an dem Zusatz deutlich „für viele“.

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Die Version des Paulus bietet Unterschiede (1. Korinther 11,23-26 – um Vers 26, einer Aussage, die die Verkündigung des Todes Jesu und eine Hoffnungsaussage im Blick hat, gekürzt):

Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten wurde,
nahm das Brot
und dankte, brach es und sagte:
Dies ist mein Leib für euch.
Tut dies zu meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er den Kelch nach der Mahlzeit und sagte:
Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut.
Tut dies so oft ihr ihn trinkt, zu meinem Gedächtnis.

Das letzte Mahl Jesu, das Deute-Mahl, wird, wie in der Markus-Überlieferung schon angelegt, zu einem wiederholten Mahl in Erinnerung an Jesus, ein erinnertes Vermächtnis, ein wiederholt erlebtes Vermächtnis, ein Vermächtnis, in dem sich Jesus Christus erneut realisiert, vergegenwärtigt. Ein Vermächtnis, in dem auch „die vielen“ jetzt hinein genommen werden. Der neue Bund ist für Paulus ein Bund, der Menschen zu Vertragspartnern in der Freiheit des Geistes macht. Der Bund ist kein Vertrag, der Menschen knebelt.

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Wenn wir diesen Text im Blick haben, dürfen wir nicht vergessen, dass er aus der Perspektive des auferstandenen Jesus Christus rezipiert wird. Als die Jünger beim letzten Mahl aßen, haben sie sicher kaum etwas verstanden. Das Verstehen kam mit der Oster-Erfahrung, dass Jesus Christus lebt.

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Einmaliges sagt Jesus in den Worten aus: Gott verbindet sich im Menschen Jesus Christus ganz eng mit Brot und Becher/Wein. Zuvor hatte Jesus das mit Blick auf Straßenkindern und Vernachlässigte in der Gesellschaft getan: Wer ein Kind aufnimmt, nimmt mich auf, nimmt den auf, der mich gesandt hat. Bzw. Wer Hungrigen Nahrung gibt, Gefangene und Kranke besucht usw. der hat dem richtenden Gott Gutes getan, wer das nicht macht, hat auch ihm gegenüber nicht angemessen gehandelt.
Die Einsetzungsworte sind einmalig, großartig – aber auch unpräzise. Zudem werden sie nur minimalistisch interpretiert, es findet kaum Hörer- bzw. Leserlenkung statt. Das hat Jesus Christus so gefallen.

Das gefällt aber Menschen nicht. Sie wollen es genau wissen, wollen es präzisieren – vor allem auch aus Gründen des Ritus. Und nun streiten sich die Konfessionen:
Ist Brot der Leib Jesu – ist Wein das Blut Jesu?
Werden Brot und Wein erst im Mund des Glaubenden zu Jesu Leib und Blut?
Ist das alles nur symbolisch zu verstehen?
Verteilt der Priester an Jesu Stelle Leib und Blut – als Opfer,
ist es Jesus selbst, der sich im Abendmahl gibt
oder gibt es beim Priestertum aller Gläubigen ein Glaubender dem anderen?

Was aus diesen Präzisierungsversuchen folgte, ist bekannt: Verbitterte Streitereien, Ausschluss aus Gemeinschaft, Verhinderung von Gemeinschaft – es muss nicht weiter dargelegt werden. Das ist bekannt.
Wenn Menschen etwas nicht gefällt, was Gott gefällt, dann spielt der Mensch verrückt.

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Das Johannesevangelium vertieft das Thema Leib und Blut Jesu in seinem 6. Kapitel.

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Noch eine Anmerkung:
In der Antike haben die Opfernden den Göttern gesagt, was sie ihnen an Opfer bringen.

In den Einsetzungsworten sagt Jesus, der Sohn Gottes, welches Opfer er den Menschen bringt.

Der Opfergedanke wird umgedreht, auf den Kopf gestellt… – nicht nur für Glaubende eine Wende, sondern auch religionsgeschichtlich gesehen.

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