Gott im Gedicht (12) (18./19. Jh.)

Gedichte ab dem 1. Jahrhundert: http://gedichte.wolfgangfenske.de/

Albert Knapp (1798-1864)

Albert Knapp war Pfarrer und Dichter und hat 1837 den ersten deutschen Tierschutzverein gegründet.

Noch im neuen Gesangbuch finden wir einige Lieder, die mit Knapp in Verbindung stehen. So hat er Lieder anderer Dichter bearbeitet. Aber auch zwei seiner eigenen sind darin zu finden: „Einer ist´s, an dem wir hangen, / der für uns ist in den Tod gegangen“ (EG 256) und das auch als Gebet häufig verwendete Lied: „Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du unser Gast gewesen bist“ (EG 462).

Die folgenden Texte wurden zitiert nach: https://gedichte.xbib.de/gedicht_Knapp%2C155,0.htm

In dem Lied „Dem Erlöser“ beschreibt er, dass Gott selbst seinem Lied die Töne verleihe, entsprechend sei sein Lied zu Gottes Ruhm gedichtet. Und viele seiner Texte klingen zu Gottes Ruhm. Sie haben nicht so sehr das Verhältnis Gott-Mensch im Blick, den Zweifel, die Schwierigkeit, zu glauben, sondern Gott selbst: „Dein Name, Herr, allein ist werth, / Daß ihn der Mensch mit Liedern ehrt, / Und ewiglich erhöhet“ („Im Frühling“). Die gesamte Welt wird in das Licht des Glaubens getaucht: „Die Welt ist gespiegelt im göttlichen Wort, / Das strömet durch alle Jahrtausende fort ; / Das göttliche Leben, das höchste Genießen / Muß stets sich in Liedern und Psalmen ergießen.“ („Wesen der Dichtung“) Doch alle Menschen empfinden die Welt anders, „Die Gotteswelt, wie sie sich lauter zeigt“ (lauter im Sinne von „rein“) ist vom Menschen unabhängig („Empfindungsstufen“): Ob der Mensch nun meint, Gott sei der Schöpfer der schönen Schöpfung oder nicht – Wahrheit bleibt Wahrheit: Gott hat die Welt erschaffen. In der Welt ist aber nicht alles gut, und so beklagt er „Mit tausend Bitterkeitn / Erfüllen Sünderhände Meer und Land!“ – das heißt Menschen fügen den Tieren Leid zu: Der Mensch kann Gottes Geschöpfe nur vernichten aber selbst keine schaffen – wenn man es könnte, würde man sein Geschöpf hegen und pflegen, so wie Gott seine Kreatur behandelt sehen will; und anderen Menschen fügt er Leid zu: „Du schlechter König dieser schönen Welt ! / Du übler Hirte, blutbespritzter Held! / Einst Gottes Kind, sein schönes Ebenbild, / Voll Lieb‘ und Frieden, heilig, sanft und mild, / Nun ein entkrönter, zorniger Tyrann, / Der über seiner Markung weites Feld / Ausbreitet seiner Sünde Schreckensbann!“ („Erbarmen gegen die Kreatur„). Er spricht jedoch nicht nur abstrakt von Gott, sondern Gott wird aus der Perspektive Jesu Christi (Herrlichkeit Jesu) gesehen:

Fließ‘, o Quell der Wonne,
Leucht‘, o Lebenssonne
Tief ins Innre mir!
Laß mich nimmer schweifen,
Dich, nur Dich ergreifen, –
Dann gefall‘ ich Dir.
Dann, ja dann
Ist’s wohlgethan!
Dein sind meine Lebenszeiten,
Mein, die Ewigkeiten!

Anders als die vorangegangenen Autorinnen und Autoren, steht er nicht mitten in Natur und Glauben, sondern betrachtet diese stärker rational, von außen. Der Verstand setzt Grenzen des Verstehens – der Verstand ist im Glauben auch in der Lage, diese von menschen gemachten Grenzen auszuweiten.

Philipp Spitta (1801-1859)

Er war Pfarrer und ein bedeutender Dichter christlicher Lieder – ihm wurde von der Theologischen Fakultät Göttingen die Ehrendoktorwürde verliehen. Er starb unerwartet und seine Frau musste für die vielen Kinder sorgen, von denen später auch einige bekannt wurden. Leider habe ich über Johanna Maria Spitta, geb. Hotzen, nichts im Internet gefunden. In seinem Lied „Wir haben uns, durch Gott geleitet, einst gefunden“ schreibt er seiner Frau: „Drum dank‘ ich Gott mit frohem Mut /  für dich, du seine Gabe; /  wohl mir, wohl mir, ich hab‘ es gut, /  dass deine Lieb‘ ich habe.“ (Dieses Lied und andere wurden zitiert nach: http://www.christianhaehlke.de/) Der Dank für die Ehefrau begegnete schon in so manchen der vorangegangenen Gedichte.

Von Philipp Spitta befinden sich im neuen Gesangbuch sechs Lieder: „O komm, du Geist der Wahrheit“ (EG 136), das andere Pfingstlied: „Geist des Glaubens, Geist der Stärke“ (EG 137), „Es kennt der Herr die Seinen“ (EG 358), „Ich steh in meines Herren Hand und will drin stehen bleiben“ (EG 374), „Bei dir, Jesu, will ich bleiben“ (EG 406) und „Freuet euch der schönen Erde, denn sie ist wohl wert der Freud“ (EG 510) – es wird deutlich: auch heute noch viel gesungene Lieder. Dazu gehört auch „Im Frieden dein, o Herre mein, lass zieh´n mich meine Straßen.“ (EG 222)

Manche der genannten Lieder bekennen, im Glauben, in Christus bleiben zu wollen, was in der Zeit der Aufklärung nicht mehr so selbstverständlich ist. Menschen, die nicht schon Christus gefunden haben, fordern auf, sich auf die Suche zu machen, auf die Suche nach dem Licht, sich in die Obhut Jesu Christi zu begeben. In „Erscheinung Christi“ heißt es: „Suche nur, so wirst du finden, /  werde nur nicht müd‘ und matt, /  lass durch nichts die Sehnsucht binden, /  welche Gott gewecket hat. /  Folg‘ nur ohne Widerstreben / glaubensvoll dem Wort des Herrn; /  Licht von oben wird dich leiten, / Licht von oben gibt der Stern.“ Das wird auch in dem oben genannten Pfingstlied ausgesprochen: Der Geist der Wahrheit möge in den Menschen einziehen: „verbreite Licht und Klarheit, / verbanne Trug und Schein„. Er bleibt mit seinem Denken jedoch nicht in Europa kleben, sondern formuliert auch in dem Missionslied „Die Heidenboten“, dass durch die Liebe der Missionare viele Völker für Gottes Himmelreich gewonnen werden.

Die Texte (wie auch manches der oben genannten Lieder aus dem EG) fordern nicht nur auf Gott zu suchen, sondern zeigen, wie ein christliches Leben gestaltet werden sollte. So fordert er seine Seele auf, still zu sein und Gott zu vertrauen: „Wie schwer ist’s doch, ganz still zu sein, / wenn Gott wir nicht verstehen, / wie redet man so bald ihm drein, / als ob er was versehen; / wie stellt man ihn zur Rede gar, / wenn seine Wege wunderbar und unbegreiflich werden!“ Jetzt gilt es still zu sein – doch dann kann man in Ewigkeit zur Ehre Gottes jubeln. Als Christ zu leben ist nicht schwer, „man ist ein fröhlich Kind“ („Gottes Gebote sind nicht schwer„).

Eduard Möricke (1804-1875)

Eduard Mörike war Pfarrer – aber nicht lange und war es auch nicht besonders glücklich. Er schildert seine Gemeindeglieder mit leichter Hand, wie viele seiner Gedichte locker und leicht daherkommen: Sie klauen sein Gemüse aus dem Garten und wollen dann in der Sonntagspredigt Essig und Öl dazu. Überhaupt schreibt er luftige, duftige Gedichte, wenn man an sein Gedicht „Er ist´s“  denkt: „Frühling lässt sein blaues Band“… – und es schließt: „Frühling, ja du bist´s! / Dich hab ich vernommen!“ Wenn man sich an Eichendorff erinnert, würde man sofort an den Lenz denken, den Frühling Gottes. Aber so einfach ist Mörike nicht. Er hat kaum christliche Gedichte geschrieben – und wenn, dann sind auch sie luftig und leicht, sodass man nicht immer weiß, was dahinter steckt. So in dem berühmten Text: „Herr! schicke was du willt, / Ein Liebes oder Leides; / Ich bin vergnügt, daß beides / Aus Deinen Händen quillt. // Wollest mit Freuden / Und wollest mit Leiden / Mich nicht überschütten! / Doch in der Mitten / Liegt holdes Bescheiden.“ Ist es ein Vertrauensgebet, ist es ein Klagegebet, weil der Mensch sich einer willkürlichen göttlichen Macht ausgeliefert weiß? Wenn man das „Neujahrsgedicht“ liest, hat man eher den Eindruck, es ist ein Vertrauensgebet: „Wie heimlicher Weise / Ein Engelein leise / Mit rosigen Füßen / Die Erde betritt, / So nahte der Morgen. / Jauchzt ihm, ihr Frommen, / Ein heilig Willkommen, / Ein heilig Willkommen! / Herz, jauchze du mit! // In Ihm sei’s begonnen, / Der Monde und Sonnen / An blauen Gezelten / Des Himmels bewegt. / Du, Vater, du rate! Lenke du und wende! / Herr, dir in die Hände / Sei Anfang und Ende, / Sei alles gelegt!

In seinem Gedicht „Fußreise“ schreibt er: „Also bist du nicht so schlimm, o alter / Adam, wie die strengen Lehrer sagen: / Liebst und lobst du immer doch, / Singst und preisest immer noch, / Wie an ewig neuen Schöpfungstagen, / Deinen lieben Schöpfer und Erhalter! / Möcht‘ es dieser geben! / Und mein ganzes Leben / Wär‘ im leichten Wanderschweiße / Eine solche Morgenreise.“ Das Wissen um Schönheit, das Gefühl für Schönheit, das Bedürfnis, Gott zu loben – das ist noch im Menschen als unerlöstes Geschöpf Gottes („alter Adam“) drin. Als ein Theologe, der der rationalen Theologie zugewendet war, wird wohl eher seine Spannung deutlich: „Sollt ich mit Gott nicht können sein, / So wie ich möchte, mein und dein? / Was hielte mich, daß ich’s nicht heute werde? // Ein süßes Schrecken geht durch mein Gebein! / Mich wundert, daß es mir ein Wunder wollte sein, / Gott selbst zu eigen haben auf der Erde!

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