Christen + Menschenrechte 4

Antike – Mittelalter (zu diesem Abschnitt muss ich noch mehr erarbeiten)

Schon der Gelehrte und Wanderprediger Manegold von Lautenbach (1040-1103) hat einen vorsichtigen Ansatz vorgebracht, der davon spricht, dass der Herrscher abgesetzt werden könne, wenn er seinen Pflichten gegenüber dem Volk nicht nachkommt. Das hängt zusammen mit der Auseinandersetzung zwischen Papst und Herrscher – und Manegold ergreift Partei für den Papst. In England hat König Heinrich der I. die Charta der Freiheiten (Charta of Liberties/Charta libertatum; 1100) formuliert, mit der unter anderem Lehnsverhältnisse geordnet wurden. Beides wurde dann von dem Erzbischof Stephen Langton aufgenommen, um die Magna Charta (Letztfassung 1215/25) (Text: http://www.verfassungen.eu/gb/index.htm ) zu entwerfen, die dem König gegenüber dem Adel Grenzen setzt: Recht steht über dem König.

Wisset, daß wir, in Gegenwart Gottes und zum Heil unserer Seele und der Seelen unserer Vorfahren und Erben, zur Ehre Gottes und zur Erhöhung seiner heiligen Kirche und zum Besten unseres Reichs, auf den Rath unserer ehrwürdigen Väter: Stephan, Erzbischof von Canterbury,… Gott verwilliget, und durch diesen unseren Freibrief für uns und unsere Erben für immer bestätigt haben.

Die Magna Charta, die zunächst nur dem Adel bestimmte Privilegien und Grundrechte garantierte, ist für die Entwicklung der Menschenrechte und Demokratie wichtig. Sie enthält das Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren und das Verbot unverhältnismäßiger Bestrafung und Enteignung sowie das Recht auf Eigentum. https://www.spektrum.de/news/800-jahre-magna-carta-die-mutter-der-menschenrechte/1351050

Was die Basis dieser Anstrengungen betrifft, die Würde des Menschen – jedes Menschen – darüber wurde auch vorher schon viel in christlichen Kreisen nachgedacht. Manches wurde von heidnischen Ansätzen übernommen – und wie jede neue Zeit es tut – modifiziert. Wichtig für die Frage der Würde war der Glaube, dass der Mensch Ebenbild Gottes ist.  

Thomas von Aquin (1225-1274), der sehr einflussreiche Kirchenlehrer griff antike Vorstellungen von „Menschenrechten“ auf, hat sie aber gleichzeitig im christlichen Sinn uminterpretiert: Naturrecht hängt mit Gott-Ebenbildlichkeit des Menschen zusammen: Der Mensch als Ebenbild Gottes hat Verstand, als solcher kann er erkennen, welche gesellschaftliche Ordnung Gott vom Menschen verlangt. Ähnlich schon Augustin [354-430; !]: Göttliche Vernunft erkennt, dass die Gesetze der Menschen mit dem ewigen Gesetz Gottes übereinstimmen müsse. Und schärfer: Wenn menschliches Gesetz nicht mit dem göttlichen Gesetz übereinstimmt, sei es nicht verpflichtend.

Einflussreich war auch Tertullian (150-220). Auch hier ging es um die Christenverfolgung. Gegen diese formuliert er, dass Christen den einen Gott verehren, den die Heiden von Natur aus schon kennen, aber durch den Glauben an Götter verfälschen. Es ist Menschenrecht und natürliche Freiheit für jeden Einzelnen, zu verehren, was er meint. Er fordert wiederholt Religionsfreiheit.

Man sollte auch Denker wie den Kirchenlehrer Gregor von Nyssa (ca. 335-394) nicht übergehen, der den Menschen als König sieht (vgl. 1. Petrus): Der Mensch hat Ähnlichkeit mit dem König des Alls, hat zusammen mit diesem Urbild Würde. Die Würde dieses Königtums ist gegeben, der Mensch ist geschmückt mit Tugend, Unsterblichkeit und Gerechtigkeit. Gregor von Nyssa spricht insgesamt vom Menschen, dem göttliche Schönheit verliehen wurde – und nicht von Herrschern. Was er schreibt, gilt von allen.

Noch einmal kurz zurück ins Mittelalter. Nikolaus von Kues (1401-1464) sieht, dass alle Menschen von Geburt aus gleich sind und gleiche, natürliche Rechte habe. Warum? Weil der göttliche Same in allen ist.

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All das ist freilich nicht so ganz neu. Schon alttestamentlichen Schriften geht es um diese Themen. Jede Gesellschaft, die geordnet ist, muss sich entsprechende Vorschriften geben. Diese gehen dann in bestimmten Zeiten verloren, müssen wieder neu erkämpft werden. Werden dann aber nicht nur neu erkämpft, sondern auch weiter geführt.

Dass die 10 Gebote allen Menschen gelten, hat schon Philon von Alexandrien im 1. Jahrhundert erkannt. Es dauerte allerdings, bis Hugo Grotius von „Menschenrechten“ (auch auf der Basis der Gottebenbildlichkeit und wie seine Vordenker alle Menschen einbezog) sprach.

Wenn man die 10 Gebote umformuliert, haben wir übrigens schon ein paar der Menschenrechte. Die Fragen des Gesetzes und Rechts in alter Zeit dienen ja der Regelung des Zusammenlebens – und dienen auch dem Schutz des anderen, so zum Beispiel die alttestamentliche Gesetzgebung. Das Gebot Du sollst nicht töten, beinhaltet: Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben; Das Gebot: Du sollst nicht stehlen, beinhaltet: jeder Mensch hat ein Recht auf Eigentum…

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