Mündige Welt

Die Welt wurde mündig. Das heißt: Menschen unseres Mitteleuropa und Nordamerika haben sich vom christlichen Glauben emanzipiert, leben, denken, handeln so, als ob es Gott nicht gäbe.

In diesem Zusammenhang muss man bedenken, dass die „mündige Welt“ heute ein lokales Ereignis ist, vor allem, weil es das die Säkularisierung fördernde „Christentum“ weltweit nicht gegeben hat, somit eine Säkularisierung nicht stattfinden konnte. Eine Emanzipation von Religion weltweit ist – soweit ich wahrnehme – nicht erkennbar. Man redet bei uns nicht viel über weltweite Religion, weil sie in unseren Breiten nicht mehr zum Vorzeichen menschlichen Zusammenlebens gehört. (Man redet nur noch dann darüber, wenn sie versagt – nicht aber in ihrer Förderung von Gesellschaft.) Aber Verschweigen bedeutet nicht, dass sie nicht existiert.

Zudem erkennen sich auch Christen als mündig an: Mündig ist erst, wer mit Gott sein Leben lebt, weil er sich dann von weltlichen Vorgaben emanzipieren kann.

Aber die Rede von der „Mündigkeit“ mag neu sein. Der Sachverhalt ist aber schon alt, wird schon in der Zwei-Reiche-Lehre Augustins sichtbar: civitas terrena und civitas caelestis, die irdische Bürgerschaft/Herrschaft – die himmlische Bürgerschaft/Herrschaft (vgl. Paulus: Philipperbrief). Es gab eine Menge an Versuchen, die Überschneidungen zwischen beiden zu verstehen, mal wird der irdischen Existenz mehr Freiraum zugemutet, mal wird sie stärker dem göttlichen Wirken zugeordnet. Vor allem stellt sich auch die Frage: Inwieweit ein Christ leben soll, da er ja beiden Bereichen zugehört.

Mündigkeit der Welt – was aussieht, als würde man sich von der christlichen Religion lösen, ist im Grunde eine Transformation christlicher Religion. Und die hat schon immer stattgefunden. Ohne die Transformationen wäre der christliche Glaube erstarrt und tot.

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