Neun Thesen gegen Luther + Jörg Breus Lutheralala + Luther kein Weichgespülter

Posener hat 9 1/2 Thesen gegen Luther veröffentlicht: https://www.welt.de/kultur/article126395361/Neuneinhalb-Thesen-gegen-Martin-Luther.html Nur neun? Unser Luther war kein Mensch der Political Correctness des 21. Jahrhunderts. Wie sagte Luther – zumindest ist das mein Stand, dass der Satz von Luther ist: Jeder Dom hat seine Dämonen. (An jedem Dom gibt es dämonisch aussehende Wasserspeier. Das wurde auf den Menschen übertragen.) Und diese Dämonen sind nicht versteckt. Man sieht sie ganz offen. Und so muss man nur dies und das von Luther lesen, um sich aus unserer Moderne heraus ein wenig zu gruseln. Seine ungehobelte Fäkalsprache erinnert manchmal eher an Pirincci als an einen evangelischen Heiligen (man beachte auch als Laie die Ironie: 😉 ) : Aus einem verzagten Arsch fährt kein fröhlicher Furz, oder: Wenn ich hier einen Furz lasse, dann riecht man es in Rom… usw. usw. usw. Was soll man also von diesem ungehobelten, dummes Zeug schwätzenden Menschen halten? Sehr viel. Man kann zwar leugnen, dass er viel in der europäischen Kultur bewirkt hat. Warum nicht, soll man es tun. Aber er hat. Man kann alles weg argumentieren, was einem nicht passt. Wem es Spaß macht, Geschichte zu klittern, der soll es tun. Eine Frage sollte er dann allerdings beantworten: Warum spricht man eigentlich heute noch über Luther, wenn er ein Nichts und Niemand bzw. – nach Posener – nur ein Übeltäter war, der dumm herumgeschwätzt hat?

Der Mann hat viel bewirkt. Man lese nur einmal seine guten Schriften, die Schriften, die vielfach rezipiert wurden und Menschen über Generationen hinweg beeinflusst haben. Es sind doch nicht die Furzsprüche, die Menschen als etwas Besonderes angesehen haben, auch nicht seine gemeinen Wut-Worte gegen andere. Er hat nicht nur eingerissen – er hat auch aufgebaut. Und, was wichtiger ist – als Erasmus: Er hat die Menschen mitgerissen, frei zu denken und zu handeln. Zu frei, wie er manchmal fand. Aber er hat.

Nur am Rande: Das ist ja auch alles nicht neu, was Posener ankreidet – auch wenn es als neu in den Medien auftaucht, weil man sich ein wenig für Luther zu interessieren beginnt. Und damit nicht – wie gestern gesagt allein Luther im Fokus ist, sind auch solche negativ Blicke wichtig. Ob allerdings in ihrer Einseitigkeit – das mag dahingestellt sein.

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Luther wäre, so David Berger, heute auf Facebook gesperrt und unter Beifall der Grünen würde des Hatespeechers Haus paarmal vom Verfassungsschutz durchwühlt worden sein: https://philosophia-perennis.com/2016/10/28/luther-facebook/

Genau: Luther ist kein weichgespült political correcter Mensch – er ist eben Luther, auch der Polterer. Und ohne dass er eben dieser Polterer Luther war, wäre er nie der geworden, der er für unsere Kultur geworden ist. Hätte er nicht sagen können: Hier stehe ich und kann nicht anders. Hätte er nicht mit großer Vehemenz sein immenses Lebenswerk anpacken können, vom Tod bedroht. Er musste auch germanisch-rhetorisch derb* sein – allein schon aus propagandistischen Gründen musste er die Lacher auf seine Seite ziehen. Er musste polarisieren, nicht so fein wie Erasmus, um überhaupt durchdringen zu können. Von daher wird er immer wieder auch die Weichgespülten zur Raserei bringen, wenn er denn nicht durch die weichgespülten kirchlichen Vertreter seiner Widerborstigkeit beraubt wurde. (* Ich nenne das mal so, ich weiß nicht, muss ich gestehen, ob es zur Rhetorik Luthers eine Untersuchung gibt – zumindest kann ich mich nicht spontan daran erinnern.)

Aber eben, wie gestern gesagt: Man muss bei Luther auf das Wesentliche schauen. Und das ist nicht sein Furz-Vokabular, ist auch nicht Luther als Wut-Mensch, sondern ist der Luther, der Glaubende, der weiterführend rezipiert wurde.

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Gegen den weichgespülten Luther ist auch Jürgen Kaube: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/reformationstag-2016-evangelische-kirche-eroeffnet-jubilaeum-14504568.html

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Zu des Dekans Jörg Breus Lutheralala eine wichtige Anmerkung von Klaus-Rüdiger Mai: http://www.cicero.de/salon/reformationstag-luther-aus-der-kirche-verbannt – Breu ist der Dekan, der meint, mit dem konservativen Muslim Mazyek den Reformationstag aufpeppen zu müssen.

Impressum http://www.wolfgangfenske.de/

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