Fronleichnam – der Schöpfer und seine Schöpfung

Fronleichnam ist aus meiner protestantischen Sicht ein katholisches Fest, das besonders die Natur im Blick hat. Der Schöpfer wird seiner Schöpfung nahe gebracht. Gott – Jesus Christus als der präexistente Schöpfungsmittler – hat es nicht nötig, vom Menschen seiner Schöpfung nahe gebracht zu werden. Aber der Mensch hat es nötig, sich dessen bewusst zu werden, dass er ein Teil dieser wunderbaren – aber gefährdeten – Schöpfung Gottes ist.

Was bedeutet Fronleichnam? Möglicherweise kommt es von den Worten vrone licham (die Buchstabenakzente bekomme ich nicht hin) = Herrn Leib = Leib Jesu. Der Leib Jesu – der Leib des Abendmahls, die gewandelte Hostie = der gegenwärtige Jesus – wird in einer Prozession durch die Landschaft geführt – eine Art Flursegen, das heißt: keimende, wachsende Pflanzen und Tiere sollen in diesem Jahr unbeschadet bleiben.

Das heißt: Der Schöpfer ist nicht nur für den Menschen da, sondern für die Schöpfung, von der der Mensch ein Teil ist, in der der Mensch lebt.

Das ist mehr noch als das Erntedankfest. Auch das Erntedankfest hat mit Natur zu tun, aber stärker mit der Natur, die für den Menschen Nutzen bringt, für die er dankbar ist, weil er nicht hungern muss, den Winter übersteht. Heute freilich weitergeführt stärker losgelöst von der Natur: dankbar dafür, dass wir das Lebensnotwendige haben. (Dankbar für das Lebensnotwendige! – der Überfluss, den wir heute leichtsinnig vergeuden kann nicht dankbar machen, sondern eher das Gewissen berühren: Werden wir schuldig?)

Fronleichnam – manchmal magisch verstanden – gedeutet. Aber das Fest kann auch aus protestantisch-christlicher Perspektive gedeutet werden – wie soeben geschrieben: Ich als Mensch und Gemeinde werde mir bewusst, dass ich zu den Geschöpfen Gottes gehöre, wie eben alle Schöpfung – und Gott hat mich in sie hineingestellt, damit ich ihr durch Jesu Christi Liebe zum Segen werde.

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Ähnliches gilt auch für die vielen Fronleichnamszüge in der Stadt: Sich bewusst werden, ich bin Teil dieser Stadt. Jesus Christus hat mich hier hinein gestellt, damit ich ihr zum Segen werde. Denn er will sie segnen, will sie zu einem Ort des Lebens gestalten, an dem sein guter Wille wirkt.

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