Meinungsfreiheit: Nuhr + Gutmensch / Politisch korrekt / Cancel Culture + Andere für sich denken lassen

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Gutmensch, politisch korrekt…

Ein guter Mensch ist ja wunderbar. Aber der Hintergrund des Wortes ist ja doch, dass manche Menschen sich als so gut ansehen, dass sie anderen vor lauter Gutheit befehlen wollen, was sie zu machen haben. Das heißt, dass die Bezeichnung Gutmensch nicht einfach als guter Mensch zu verstehen ist, sondern als eben einer, der sich über andere erhebt und intolerant seine Sicht durchzwingen will. Dass mit dem Wort Gutmensch auch Schindluder getrieben wird, ist naheliegend – betrifft alle politische Gruppen, treffende Bezeichnungen aufzugreifen und zu überdehnen.

Dass die Begriffskombination „politisch Korrekt“ heute auch nicht mehr politisch korrekt ist – wusste ich nicht. Das ist sie darum nicht, weil die Formulierung von Rechten (oder Rechtsextremen?) übernommen wurde? Natürlich ist das schön, wenn Menschen politisch korrekt handeln, also sozial angenehm. Aber auch diese Begriffskombination gibt ja eben die Eigenschaft wieder, die Unangenehmes beobachtet: Menschen verbieten intolerant Diskussionen, Verhaltensweisen… – nach dem Motto: Das macht man nicht, das ist tabu, böse, böse, wenn du das sagst, denkst usw. – das nicht auf moralischer Ebene, sondern auf politischer Ebene. Aber auch hier: Dass mit dem Wort Schindluder getrieben wird, ist naheliegend – betrifft ebenfalls alle politischen Gruppen, treffende Bezeichnungen aufzugreifen und zu überdehnen.

Ich beobachte Folgendes, wie vor ein paar Wochen am Beispiel von Cancel Culture zu beobachten war: Eine berechtigte Formulierung, die eine bestimmte Verhaltensweise vielleicht überspitzt aber treffend wiedergibt, wird ganz schnell als rechts bzw. rechtsextrem kategorisiert – und damit versuchen eben die Gruppen, auf die die Begriffe zutreffen, dem politischen Gegner Worte zu entwenden. Wer möchte schon als rechts bezeichnet werden – selbst die CDU mag das Wort vielfach nicht, obgleich rechts eigentlich nur ein politischer Gegenbegriff zu links ist. Nichts Böses also – im Gegensatz zu rechtsextrem (bzw. links ist nicht übel, aber linksextrem). Was machen also die gedankenlosen Linken mit dem Wort? Genau das, was gedankenlose Rechte mit den Worten „Gutmensch“, politisch korrekt, Cancel Culture machen: Sie überdehnen es.

Gutmensch, politisch korrekt, Cancel Culture – alles Begriffe, die man schnell als rechts bezeichnet – und damit die Verwendung madig macht. Damit zeigt man als Linke aber auch, dass man selbst links unangreifbar werden möchte. Indem ich dem verbal angreifenden politischen Gegner alle Worte aus dem Mund und dem Kopf schlage, zeige ich mich als dominant, als „Gutmensch“, als politisch korrekt, als Anhänger der Cancel Culture. Damit sind zwar die Bezeichnungen weg – nicht aber das Übel. Und das ist es, was uns Menschen einer freien Gesellschaft kennzeichnet: Manche lassen sich nicht den Mund verbieten. Mit welchen treffenden Formulierungen auch immer.

Ganz toll finde ich es übrigens, wenn Menschen, die fleißige Cancel Culture Anhänger sind, behaupten, es gäbe keine Cancel Culture.

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Bleiben wir bei Nuhr:

Was für einen wohlwollenden Rat können wir Herrn Nuhr geben – einen, den fast alle Menschen beherzigen, die irgendwie zeitgemäß sein wollen: Lieber Herr Nuhr, denken Sie nicht so viel, lassen Sie andere für sich denken…

Sag ich mir übrigens auch immer. Aber dann – dann bricht das eigene Denken wieder bei mir durch. Aber dennoch kann man diesen Rat ja mal weitergeben. Da benötigt man am wenigsten Rückgrat.

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