Die armen Türken + Italien und Frankreich + Textilarbeiterinnen

Die armen Türken, die unter dieser türkischen Regierung leiden: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/tuerkei-laesst-haeftlinge-frei-alle-ausser-politische-gefangene-16725201.html

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Was tut sich in Italien: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/italiens-regierungschef-poltert-im-fernsehen-16724896.html

und Frankreich? Wirklich?: https://www.sueddeutsche.de/politik/macron-corona-frankreich-1.4875810

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Textilarbeiterinnen sind jetzt noch schlimmer dran: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/bangladesch-tausende-textilarbeiter-verlieren-job-wegen-corona-16724874.html

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Gott im Gedicht (9): Ernst Moritz Arndt

Weil Ernst Moritz Arndt im Augenblick umstritten ist, habe ich einen etwas vertiefteren Beitrag über ihn geschrieben. Aus: http://gedichte.wolfgangfenske.de/18-19-jh-2/

Ernst Moritz Arndt (1769-1860)

Er ist berühmt – wird in der Neuzeit von den Nachgeborenen negativ beurteilt – auch in seiner Zeit hatte er es freilich nicht immer leicht. Er wandte sich massiv gegen die napoleonische Besatzung. Der patriotische nationale Ansatz, mit Blick auf Deutschland, ist intensiv mit ihm verbunden. Er musste vor Napoleon fliehen. Als die Preußen von Napoleon gezwungen waren, gegen Russland zu kämpfen, hat er als Privatsekretär des Freiherr von Stein versucht, England und Russland gegen Napoleon zu koalieren. Er hat sich aber auch gegen die Leibeigenschaft eingesetzt. Nach der Niederlage Napoleons wurde er Professor – wurde dann aber aufgrund der Restaurationspolitik, die Freiheitsbestrebungen unterbinden wollte (Demagogenverfolgung), suspendiert. Jahre später wurde er rehabilitiert. Ich habe ihn ausführlicher behandelt, weil er gegenwärtig besonders umstritten ist.

Im neuen Gesangbuch wurden nur zwei Texte übernommen. Das Abendmahlslied: „Kommt her, ihr seid geladen, der Heiland rufet euch“ (EG 213) und das Lied „Ich weiß, woran ich glaube, ich weiß, was fest besteht“ (EG 357). In dem Gesangbuch von 1878 finden sich zwei Lieder, die den nahen Tod ankündigen und dazu auffordern, dass man nach seinem Sterben nicht klagen und weinen solle, denn Jesus Christus spricht zu ihm: „Komm!“ – und der Himmel tut sich auf („Abschied von der Welt“).

Die folgenden Texte sind den „Gedichten“ (2015) entnommen. Im „Abendlied“ besingt er seine unaussprechliche Not, die er Gott vorbringt und: „Ja, deine süße Liebe, / Die tröstet mir den Schmerz, / Ja, deine süße Liebe, / Die stillet mir das Herz.“

Er schrieb sehr detaillierte Naturbetrachtungen (Blumen vor allem) und verband diese mit Glauben. Die Vögel singen: „Und ich? Ich sollte schweigen, / Ich, Gottes reiches Ebenbild? / Durch das mit Liebesneigen / Der Feuerstrom der Gottheit quillt“ („Morgengebet„) und auch die Lerche ist Vorbild: „Fort, Heidenklang! Verklinge! / Verkling, uraltes Weh! / Komm, Christenlerche, singe / Ein Lied aus höhrer Höh´, / Ein Lied vom schönern Glauben…“ („Gesang der Christenlerche„). „Der Vogel predigt hier, die Imme*, / Der Blütenzweig wie Gottes Buch.“ (* Imme = Biene; „Waldgrutz„) – das zeigt die Bedeutung, die Arndt der Natur gibt: sie ist Gottes Buch – wie die Bibel. Das Gedicht endet mit Bitte an die predigende Natur: „Singt mir das Herz in Frieden ein“. Im „Abendgebet“ spricht er aus, dass einer, bevor er schlafen geht, vor seine Hütte tritt: „Sich christlich erst bereiten muß / Mit Liebesdank und Liebesgruß, / Muß sehen, wie die Sterne blinken, / Und noch den Odem Gottes trinken.“ Aber dennoch kannte auch er das Gefühl der Traurigkeit: „Denn ach! Mein Gott hat mich verlassen, / Weil ich zuerst mich selbst verließ“ („Ich bin so traurig in dem Herzen“). Warum Leiden? „Er (Gott) rollt Geheimnis durch des Lebens Kreise, / Auf daß du lernest nach dem Licht dich sehnen.“ („Gerechtigkeit Gottes„)

Glaubens-Gedichte spielen nicht nur in seiner jungen Zeit eine Rolle, sondern auch im Alter (z.B.: „Immer Liebe“; „Jesusgebet“). Er hat zum Teil eine sehr emotionale Sprache: „Auf! Mit stolzem Angesichte / Zu dem Lichte! / Zu dem Lichte alles Lichts, / Wo die tausend Sonnen brennen! / Lern´ erkennen: / Gott ist alles, du bist nichts.“ („Traum der fliehenden Minuten“). Und diese Sprache verwendet er später auch in anderen Zusammenhängen.

Arndt hat sehr schöne Glaubens-Gedichte geschrieben. Manches ist aus christlicher Perspektive unerträglich, seine enge Verbindung von Nation und Gott: „So, deutscher Mann, so, freier Mann, / Mit Gott dem Herrn zum Krieg! / Denn Gott allein kann Helfer sein, / Von Gott kommt Glück und Sieg.“ („Wer ist ein Mann?“ [1813]), „Deutsche Freiheit, deutscher Gott, / Deutscher Glaube ohne Spott, / Deutsches Herz und deutscher Stahl / Sind vier Helden allzumal.“ („Deutscher Trost“) „Betet, Männer, heiligstes Gebet! / Gott im höchsten Himmel gebe Segen / Diesem freien Mann und seinem Degen, / Daß er Blitz in deutschen Schlachten sei.“ („Lieder bei besonderen Fällen“ 2) „Gott, der Eisen wachsen ließ, / Der wollte keine Knechte.“ („Vaterlandslied“) Diesen Zitaten können sehr viele an die Seite gestellt werden, in denen Gott mit Freiheit verbunden wird – mit dem Ziel, einen gerechten Freiheitskampf zu fördern, in dem auch die Soldaten sich an Menschenrechte halten, nicht im metaphorischen Sinn, sondern in einem realen Bürger-Krieg der Schwachen gegen die Starken. Aber auch die Sicht, dass es Volk gegen Volk geht, statt gegen den Herrscher und seine Zuträger, ist ihm wohl nicht bewusst gewesen, wobei ich freilich nicht sagen kann, ob eine solche Trennung in der damaligen Zeit überhaupt schon allgemein denkbar war (siehe unten). In seinem Friedensgebet von 1837 bittet er: „Gib Frieden, Herr, gib Frieden“.

Er bekennt seine Schuld: „Zuviel hab´ ich geduldet, / Gekämpfet überlang. / Gesündigt und verschuldet, / Drum ist mir weh und bang; / Ich weiß nicht aus noch ein / Auf diesen düstern Straßen, / Ich wäre gar verlassen, / Wär´ Jesus Christ nicht mein.“ („Trost in Christo“; 1818)

Er hat nicht genügend wahrgenommen, was christliche Denker seit Augustinus erarbeitet haben: Wenn Kriege unausweichlich sind, dann müssen sie klagend geführt werden. Natürlich gab es noch keinen Tolstoi, keinen Gandhi, keinen Martin Luther King, die versucht haben, Unrechtssysteme mit intelligenter Feindesliebe zu stürzen, zumindest Situationen positiv zu verändern. Von daher ist es unangemessen, seinen Freiheitskampf aus heutiger Perspektive zu beurteilen. Aber er hatte das Wort Jesu von der Feindesliebe, das ihn hätte korrigieren können. Soweit ich sehe geht er in den Gedichten darauf nicht ein. Zudem zieht er Gott, der im christlichen Glauben nicht auf eine Nation konzentriert werden kann, auf die nationale Ebene herab. Damit macht er das, was in den Konfessionskriegen des 30jährigen Krieges konfessionell geschehen ist: Gott ist katholisch oder evangelisch – auf anderer Ebene: Bei Arndt ist Gott nationalisiert und germanisiert. Hinzu kommt, dass bei ihm auch schon Ansätze des Antisemitismus – also des rassischen Ansatzes – erkennbar werden. Was aus Glaubensperspektive neu ist: Zuvor war in Gedichten immer die Bitte an Gott gerichtet, den Feind zu bekämpfen. Mit Arndt ist einer gekommen, der den Menschen auffordert, mit Gott den Feind aktiv zu bekämpfen. Wir kommen damit in die marx´sche Moderne – aber auch mit dem folgenden Ansatz: Er nimmt die Errungenschaften der französischen Revolution auf, indem nicht mehr der Adel und die Könige die Kriege führen, sondern das Volk ist gerufen, sich von ungerechten Herrschern zu befreien.

Ob allerdings die Verhaltensweise richtig ist, die Goethe bevorzugte, mit Blick auf den Besatzer Napoleon, ist mir die Frage. Das wird heutzutage nicht thematisiert. Menschen, die sich den Mächtigen anpassen, sind meistens willkommener. Aber es gibt Handlungsweisen zwischen den Extremen. Und Goethe ist ein Extrem, der über allem zu stehen meint. Damit hat er heute – anders als Arndt – gute Verbündete. Napoleon selbst konnte allerdings auch als ein Befreier hin in die neue Welt angesehen werden, der die alte überlebte Welt zerstört (vgl. Hegel, „List der Vernunft“). Arndt konnotiert Gott oft mit Freiheit und Recht: „Gott, der Tyrannei zerbricht, / Gott ist unsre Zuversicht.“ Freiheit – was bedeutete sie für den hohen Staatsbediensteten Goethe? Eine rhetorische Frage. Kant starb vor der Eroberung Napoleons. Seine Sicht mit Blick auf Freiheit: Wenn der Mensch die Möglichkeit bekommt, frei zu sein, kann er auch zur Freiheit reifen. Das verhindern zu wollen bedeutet, in Gottes Handeln, der den Menschen zur Freiheit erschuf, einzugreifen. Kampf um Freiheit lehnt er ab, aber wenn ein Kampf stattgefunden hat (Französische Revolution), dann muss man sich wieder der neuen Ordnung, die im Idealfall der Vernunft entspricht, unterordnen.

An Arndt ist zu sehen, dass er Grenzen der Unfreiheit mit Gottes Hilfe durchbrechen möchte. Dabei übersieht er aber die Grenze, die Gott dem Menschen setzt. Diese Art Kampf, die Arndt vor Augen steht, ist im Neuen Testament nicht vorgesehen. Allerdings in der Natur. Von daher muss die predigende Natur dem predigenden Neuen Testament untergeordnet werden.

(Anzumerken ist, dass viele hochrangige Kirchenvertreter Deutschlands während des zweiten Weltkrieges den Kampf gegen andere Mächte ähnlich religiös legitimierten.)

Auferstehungsglaube – ein Prozess

Schauen wir uns die Geschichte von den Emmaus-Jüngern an: Der Glaube an den Auferstandenen ist ein Prozess. Nach einem Dialog, nach Belehrung ist ein Zeitpunkt gekommen, in dem die Jünger den Auferstandenen an einem ganz bestimmten Erlebnis, in einer ganz bestimmten Situation erkennen.

Ein minilanger Prozess wird im Johannesevangelium beschrieben: Maria sieht, aber erkennt nicht, macht sich ihre Gedanken, spricht viel – und auf einmal aufgrund der Anrede Jesu: Erkennen!

Auch Paulus ist in diese Reihe einzuordnen: Er verfolgt Christen, hat sicher mit zahlreichen von ihnen gesprochen, darüber nachgedacht, hat alles abgelehnt und für dumm und gefährlich angesehen – und dann vor Damaskus das Erkennen!

Und so erging und ergeht es zahlreichen Menschen durch die Jahrhunderte und in aller Welt. Gott erhebt auch sie aus dem Staub – in den sie sich hinein erniedrigt haben. Sie verstehen nichts – und verstehen doch alles.

Manche sagen: Ich glaube nicht an die Auferstehung. Macht nichts. Der Glaube kann nicht erzwungen werden. Was vielleicht Voraussetzung ist: In Ablehnung oder Wohlwollen – die Beschäftigung mit Gott in Jesus Christus. In der Ablehnung und in der Beschäftigung ist man mit dem Auferstandenen schon auf dem Weg. Und dann? Irgendwann macht es mehr oder weniger deutlich: Klick. Und man sagt: Nicht verendet der Mensch – der Mensch wird vollendet! Gott sei Dank. https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/mensch/auferstehung/

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Gott im Gedicht (8) (18.-19. Jh)

Ich habe eine neue Seite erstellt. Die Jahrhunderte vorher kann man hier nachlesen: http://gedichte.wolfgangfenske.de/

Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791)

Er war Organist, Journalist, Komponist und Dichter – und hatte keinen Respekt vor dem Adel und vor Geistlichen. Häufig wurde er des Ortes verwiesen, seine Schriften wurden verboten, er kritisierte den Verkauf von Menschen als Söldner, hat die Mätresse eines Landesfürsten diffamiert und wurde darum entführt und in den Kerker geworfen. Obgleich viele Größen für ihn eintraten, wurde er – zum Teil nach Isolationshaft – erst 10 Jahre später wieder freigelassen. Evtl. wurde er, nachdem er wieder rehabilitiert war, Scheintod auch lebendig begraben. Für mich ist er eine Art Johannes der Täufer im 18. Jahrhundert. Er war beliebt in unteren Schichten – aber eben auch in Dichterkreisen – aber die Oberen regten sich über ihn auf. Er regte Schiller zu seinem Werk Die Räuber an und das Forellenquintett, wurde von Schubert mit Melodie versehen. Was ihn hat durchhalten lassen, dürften manche Gedichte durchschimmern lassen. Vor allem auch das Morgenlied eines Gefangenen:
So weiß ich, Gott im Himmel gibt /
Mir Armen wieder Muth, /
Denn er, der die Verlassnen liebt, /
Ist mir Verlassnem gut. //
Und so im Namen Jesu tret´/
Ich auf die Dornenbahn, /
Und glaub´, und hoff´, und les´ und bet´, /
Und sing´, so gut ich kann.

Schubart hat Psalmen in die Gegenwart transformiert, das Vaterunser  im Gedicht erklärt, aber auch eigenständige Glaubenslieder geschrieben. So „Alles ist euer, o Worte des ewigen Lebens! / Fühl´ sie, Vertrauter des Mittlers, voll heiliges Bebens! / Alles ist dein! / Irdischen Menschen allein / Tönen die Worte vergebens.“ In der vorletzten Strophe heißt es: „Bist du oft elend, verlassen und krank und gefangen, / Triefen dir Zähren des Kummers von blässeren Wangen. / Droben im Licht, / Freu´ dich, da triefen sie nicht! / Dort ist das Alte vergangen.“ (1878: 473). An seine Frau schreibt er aus der Haft, als er dachte, er würde aufgrund einer Krankheit sterben: „Mein Jammer soll dein Herz nicht quälen, / Nur Gott und mir sei er bekannt, / Im Himmel will ich dir erzählen / Das Elend, das ich überstand.“ Er ist sich gewiss, dass Gott ihm verziehen hat. Er segnet sie und gesteht ihr seine Liebe. Es handelt sich um Gedichte authentischer Theodizee. Ganz eindrucksvoll ist auch das Gedicht „Erstickter Preisgesang“. Er will dem Schöpfer singen – wie die Vögel – „Der Gesang erstickt im Munde, / Wandelt sich und wird Geheul.“ Er beschreibt seinen Kerker: „Gott! Ach Gott! Ich stürze nieder, / Und mein Lied verstummt vor dir.“ Wie ein Vogel – morgens singt er – am Tag wird er getötet. (Zitat: Weimer)

In seinem Neujahrswunsch beklagt er: „Christen gibt es, die sich scheun zu sagen, / Daß sie Christus, daß sie Gottes sind“. Viele Menschen beschreibt er: „Schöpfer! Vater, ach erbarm dich ihrer, / Sieh dies Wimmeln deiner Kinder an; Alle brauchen Hülfe; sei ihr Führer / Auf des Lebens dornenvoller Bahn.“

An Schubart wird deutlich, dass die Grenzen des Kerkers durch den Glauben durchbrochen werden können. Grenzen, die Menschen setzen, Erniedrigungen, die Menschen einem zufügen, sind im Glauben überwindbar.

Matthias Claudius (1740-1815)

Von Matthias Claudius, dem Dichter und Journalisten, der immer klamm war, stammen viele kostbare kleine Texte – aber auch größere, so das als inoffizielle Hymne der Deutschen bezeichnete Lied: „Der Mond ist aufgegangen“ (EG 482). Ebenso: „Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land“ (EG 508), ursprünglich hieß es „Das Bauernlied“ – über dem hier der Werdegang beschrieben wird: https://de.wikipedia.org/wiki/Wir_pfl%C3%BCgen_und_wir_streuen . Berühmt wurde auch sein Gedicht „´s ist Krieg!“ https://de.wikipedia.org/wiki/Kriegslied_(Matthias_Claudius)

Manches wurde vertont, zum Beispiel die Motette. Das Halleluja dominiert auch in dem „Osterlied“: „Hallelujah! Das Grab ist leer! / Gerettet ist die Welt, / Das Leben ist des Todes Herr! / Erstanden ist der Held.“ An seine Frau Rebecca schreibt er zur Silbernen Hochzeit: „Und drücke fröhlich Dich, mit voller Liebe, / Vor Gottes Antlitz an mein Herz.“ Auch hier: Die leichte Glaubensfröhlichkeit dominiert, obgleich er in dem Lied auch vom blutenden Herzen spricht. In den Alltag holt Claudius Gott hinein, so schreibt er im „Motetto zum ersten Zahn„: „Der Zahn soll Alexander heißen. / Du liebes Kind! Gott halt´ ihn Dir gesund.“ Er lehrt auch ein Lied „Täglich zu singen“ und beginnt: „Ich danke Gott und freue mich / Wie´s Kind zur Weihnachtsgabe, / daß ich bin, bin! Und daß ich dich, / Schön menschlich Antlitz! Habe“ und schließt: „Gott gebe mir nur jeden Tag, / So viel ich darf zum Leben. / Er gibt´s dem Sperling auf dem Dach; / Wie sollt´ er´s mir nicht geben.

Johann Caspar Lavater (1741-1801)

Lavater war Theologe und Schriftsteller. Mit vielen Größen seiner Zeit stand er in Kontakt, persönlich kannten sie sich oder über Briefwechsel. Wenn man seine 15 Texte im Gesangbuch von 1834 ansieht – im Evangelischen Gesangbuch unserer Zeit ist er nicht mehr angeführt – dann dominiert Ethik: Gebote sind ihm wichtig, wichtig ist es, die Pflicht zu tun. „Der frohe Morgen weckt mich wieder, / und ladet mich zur Arbeit ein“ (763). Er ist stark „dualistisch“: Glück des Himmels contra Glück der Erde, ich als Sünder – Gott in seiner Gnade, diese Zeit contra Ewigkeit. Manchmal ist die Sprache auch sehr hart und schonungslos: „Weiche Grabesschrecken, weiche! / Freu´ des Todes dich, mein Herz! / Liegt sie da die kalte Leiche, / weggeweint ist jeder Schmerz, / und der Thränen Quell versiegt, / wenn der Staub bei´m Staube liegt.“ (843) Für Christen spielt der Tod letztlich keine Rolle – und das wird ganz hart formuliert, damit der Mensch wirklich erkennt und sich zu seinem Guten hin ändert. Und neutestamentliche Stellen zur Auferstehung gibt sein Lied „Die Auferstehung. Erstes Osterlied“ zusammengefasst wieder. Der Auferstandene sagt seinen Jüngern: „Seht mich, Freunde, die ihr bebt! / Jauchzet! Euer Jesus lebt!

Aber das ewige Leben bei Gott will erkämpft sein: „O wie oft hab´ ich geweinet, / schmerzlich meinen Fall bereut, / gläubig mich mit dir vereinet, / und mich deiner Huld gefreut.“ Der Grund für diesen Dualismus: Gott gibt mir in Jesus Christus alles – also muss auch ich ihm alles geben. Wenn das gelingt, dann hat der Mensch Ruhe, Frieden, Licht und Wonne (581) – kurz: Er tut sich nicht nur Gutes, er tut sich das Beste – seine Liebe zu sich selbst zeigt sich, indem er sich Gott zuwendet.

Gott selbst muss im Menschen Glauben wecken, das vertieft er in dem Text: „Durst nach Erlösung“: „Freyheit dürstet meine Seele / Aus dem Netz der Leidenschaft! / Wer, wer giebet meiner Seele / Freyheit? Leben? Sieg und Kraft? / Wer dem bangen Herzen Ruh´? / Jesus Christus, wer als Du?“ Aber der Lebensschmerz kann groß sein, die Tränen fließen heftig – darum ruft er zu: „Muthig! Muthig! Bald errungen ist das Ziel von jeder Pein! / bald ist jeder Schmerz verschlungen von der Freude, frei zu sein, / frei von Sorgen und Gefahren, / die mir oft so drückend waren. / Unaussprechlich, ewig liebt er, der uns durch Leiden übt.“ (534) Sehr seelsorgerlich dichtet er seinen Text: „Stärkung in tiefer Dunkelheit.“ Die Mystik, seine Ergriffenheit von Gott, wird im „Mitternachts-Lied“ deutlich:
Vater! Still an dich zu denken, /
O wie das das Herz erfreut! /
Geist und Herz in dich zu senken, /
Höchste Menschen-Seeligkeit! /
Dich empfinden, dich genießen, /
O der unaussprechlich süßen, /
Unaussprechlich nahen Lust! /
Anerkannt in jeder Brust!

In vielen dieser Texte greift Lavater Begriffe auf, die in der Zeit wichtig waren: Pflicht erinnert an Kant, Tränen erinnern an Klopstock, der Pietismus kommt durch – Lavater war (eine Selbstverständlichkeit) ganz Kind seiner Zeit. Aber er war christliches Kind. Und in dem folgenden Lied ist er es auch in der Auseinandersetzung mit Goethe/Schiller. Goethe und Lavater waren einen längeren Zeitraum miteinander befreundet. Trennend war der vertiefte Christus-Glaube Lavaters und sein Versuch, Menschen zur christlichen Einheitsreligion zu bekehren. Goethe/Schiller erkannten Gott nicht, sondern das Göttliche, eine das Gefühl ergreifende Macht in der Natur/im Menschen – eine Gefühls-Religion war es, die sie verkündeten. Dazu schreibt Lavater: „Gott, deiner Werke jedes ist / von dir uns Pfand und Siegel; / das kleinste ruft uns, daß du bist, / und ist von dir ein Spiegel. / Ein jeder Punkt in der Natur / trägt deiner weisen Allmacht Spur, / ist Ausfluß deiner Güte. // Ein jeder Zeitpunkt, jeder Ort, / ist Offenbarung deiner, / und dennoch fand dich, ohne Wort / von dir, der Menschen keiner.“ Er schließt: „Anbetung, Dank dir für dies Licht, / dem alle Schatten weichen! / Nein, was nur Menschenweisheit spricht, / kann deinem Wort nicht gleichen. / Anbetung, Dank dir, daß du kamst, / die Binde von dem Aug´ uns nahmst, / dich, Vater, zu erkennen.“ Und darum spricht er in einem Danklied (577) aus, dass er Mensch ist und: „Dich kann ich in der Schöpfung finden, / mich deiner großen Werke freu´n, / mich inniger mit dir verbinden, / mein Herz, mein Leben, Gott! Dir weih´n.“ Der Mensch, der Gottes Wunder in der Natur erkennt, erkennt, um sich ganz Gott zu unterstellen: „Für jede nützliche Erfahrung, für Alles, was belehren kann, / für Unterricht der Offenbarung / bet´ ich belebt von Dank, dich an.

Anders als Große seiner Zeit, die mit ihrem Denken in der Schöpfung stecken bleiben, kann Lavater auch den Schöpfer sehen. Die Natur spiegelt den Schöpfer wider. Der glaubende Mensch ist frei. Nicht nur in dieser Hinsicht, sondern auch in Fragen des Leidens und des Todes. Sich in Gott versenken bedeutet, man tut sich als Mensch das beste, das man sich tun kann.

Johann Gottfried Herder (1744-1803)

Herder, einer der ganz Großen des klassischen Weimar, war Theologe, hat der Kultur- und Sprachwissenschaft, somit auch der Philosophie, sehr starke Impulse gegeben. Es ist hier – wie bei anderen auch – nicht der Ort, das umfangreiche Werk auch nur annähernd darzulegen. Eine intensive Beschäftigung mit Herder lohnt sich sehr. Er hat vieles angedacht, vorgedacht, was Nachgeborene dann entfaltet und vertieft haben. In das Evangelische Gesangbuch hat ein Text Zugang gefunden: „Du Morgenstern, du Licht vom Licht“, in dem Jesus besungen wird (74).

Herder hat ein spannendes Gedicht über die Menschenseele, dem „Siegel Gottes“, geschrieben: „Wie Bruder hangt an Bruder, trinken Liebe / Aus ihm, der sich für mich / Zur Seele haucht auf dieser Erdentrübe, / Zu meinem Bilde? – Ich? –“ (Zitat: Kempf). Auch diesen Text muss man als Ganzes lesen. Es wird schon deutlich, dass man hinter die Worte sehen muss, um die Anspielungen auf Gott bzw. Jesus Christus zu verstehen. Herder besingt seinen Genius, aber: „Du einer, mir aus meines Herrn Erbarmen / in diese Wüste mitgeschenkt!“… Den besungenen Genius verdankt er Gott – und ist nicht etwas Schöpferisches im natürlichen Menschen. In seinem Gedicht „Der liebende Schöpfer“ schreibt er, dass Vögel ihren Schöpfer, also Gott, loben. Dann soll auch der Geist erwachen und sehen, was Gott ihm getan habe: „Blüh auf, schwing auf Dich über Luft / Und Sonn´ und Himmelblau.“ Dann spricht er die Größe des Menschen an: „Du, als die Schöpfung lieblicher, / Unendlicher als sie. / Wer ist wie Du? Du bist wie Er. / Der Dir sein Bild verlieh.“ Der Mensch wird in Bezug zu Gott gesetzt, unendlich erhöht – und doch so klein und abhängig: „Fall ´an sein Herz, an seine Brust, / Als Kind in seinen Schooß! / Du bist in Vaters Lieb´ und Lust / Mehr als die Schöpfung groß.“ (1877: 1008) Dass der Mensch nicht nur groß, sondern auch abhängig ist, das haben Menschen wie Feuerbach nicht verstanden. Die „Sehnsucht nach Gott“ ist ebenfalls groß. Auch hier dienen wieder Vögel als Beispiel – der Mensch ist ganz groß, aber er will dennoch über sich hinaus – er will über sich hinaus in die Welt Gottes fliegen ( Text ). Aber: „Wie nenn´ ich Dich Du Unnennbarer?“ – es folgt ein Text in der Tradition der Mystik, transformiert in die Zeit des 18. Jahrhunderts. Anders das Lied : „Wachet, wachet, ruft die Stimme“ in der sehr gesellschaftskritisch dargelegt wird, dass alle schlafen, obgleich Gott Wachende haben möchte: „Falsche Christus und Verräther, / Vernunft-Verführer, Wundertäter / Der Lüge sind das Licht der Welt“… „Schlangen sind der Völker Kronen, / Und Nationen Nationen / Zur Geißel statt der Bruderhand“. Nach der Schilderung der Boshaftigkeit heißt es in der letzten Strophe: „Erlöser, steh bei! / Erneuerer, mach uns neu, / Betend, brünstig, / In Mitternacht, / Wenn nichts mehr wacht! / Wir schlummern, unser Herze wacht!

Der Mensch ist klein – groß wird er allein durch Gott. Das ist die Basis. Auf dieser kann man dann auch als Aufgeklärter über die Größe des Menschen reden – hat aber immer auch im Blick, dass der Mensch in seiner Größe versagt.

Friedrich Adolf Krummacher (1767-1845)

Von Krummacher gibt es im neuen Gesangbuch ein Lied: „Stern auf den ich schaue“ (EG 407). Krummacher hat ein nettes Lied über Bethlehem geschrieben: „Dir kleines Bethlehem, erklang / Des heil´gen Sängers Lobgesang. / Du warst dem Herren angenehm, / Heil dir, du kleines Bethlehem.“ Warum war gerade Bethlehem dem Herrn angenehm? Der Autor blickt zurück auf David und die Vorfahren von David und Jesus: Boas und Ruth, und damit auf: Liebe, Demut, Freude, Trost. Als der „Unaussprechliche“, Jesus, geboren war: „In Duft und Himmelsglanz gehüllt / Lag, wie ein Eden, dein Gefild“. Im Kontrast zu dem kaltblütigen und mächtigen Herodes werden die suchenden „Weisen des Morgenlandes“ besungen. Während dem Herodes das Licht entschwand, er dafür Nacht und Wahn bekam, fanden die Weisen das Licht: „ Heil´ge Wahrheit, / Die nur schauen deine Klarheit, / Die voll Demut dir sich nah´n.“

In dem Gedicht „In der Abendkühle“ beschreibt er einen Spaziergang in der späten Dämmerung. Man fühlt sich einsam, will aber keinen Menschen treffen, denn: „Da ahntest du den himmlischen Begleiter, / Der treu und sanft uns bei der Rechten hält – / Und ruhig zogst du deine Straße weiter.

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Wie geht es anderen?

Neulich hatte ich schon im Blog den Hinweis auf einzelne Hilfsorganisationen, da wir zu sehr auf unsere Corona-Zeit fixiert sind: https://blog.wolfgangfenske.de/2020/04/05/solidaritaet-weltweit/ Heute möchte ich auf weitere hinweisen, die dringend Hilfe benötigen, um anderen zu helfen, zum Beispiel:

Brot für die Welt: https://www.brot-fuer-die-welt.de/

Misereor: https://www.misereor.de/

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Corona-Leopoldina + Corona-Ramadan + 30 Tage Gebet für die islamische Welt

Zuerst hat man mit der Johns-Hopkins-Uni medialen Druck auf die Bevölkerung ausgeübt, jetzt versuchen manche medialen Druck mit der Leopoldina auf die Politik auszuüben. Manche. Es gibt auch noch kluge Stimmen https://www.tagesschau.de/kommentar/leopoldina-111.html :

Nachvollziehbarkeit ist wichtig bei allen Einschränkungen – und bald auch bei deren schrittweiser Aufhebung.

Es war bislang bei vielem nicht nachvollziehbar, sodass eine Lockerung im Grunde erst einmal eine Korrektur von Fehlentscheidungen wäre. Aber dann, wie es laut Beitrag wohl als Vorschlag der Leopoldina kommt, zuerst die Grundschulen und Sek 1 zu öffnen, statt erst die Sek 2 – kommt man dann doch ins Grübeln, um was für Experten es sich da handeln könnte. Wem ist das nachvollziehbar? (Korrigierende Nachträge: Zur Leopoldina: https://www.tagesschau.de/inland/stichwort-leopoldina-101.html und: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/leopoldina-raet-abschlussklassen-und-kernfaecher-zuerst-16723112.html )

Wie gestern geschrieben: Es hat sich im Grunde ja nicht viel verändert: Es gibt keine Impfungen, die Maskenfrage ist nicht geklärt, es gibt keine Medikamente dagegen… Von daher müssen Öffnungen vorsichtig geschehen – eben nachvollziehbar, genauso wie die Schließungen.

Äußerst kurios fand ich zu diesem Zeitpunkt den Artikel, der meinte, man dürfe nur dann am normalen Leben teilnehmen, wenn man einen Pass hat, in dem steht, dass man Corona hatte. Kurios unter anderem auch darum, weil man, soweit ich mitbekommen habe, nicht einmal weiß, wie lange ein Körper gegen Corona immun bleibt.

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Ramadan steht an. Damit die Muslim-Community nicht zu einem Corona Hotspot wird, muss diese sich äußerst klug und vorsichtig verhalten, ebenso die Politik repressiv mit Blick auf Leichtsinnige. Wenn sich nämlich die muslimische Community als Hotspot von Corona etablieren sollte, gäbe es in unserer Gesellschaft äußerst viel Aggressionen.

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Auch in diesem Jahr beten Christen wieder für die islamische Welt während des Ramadan. Das kann hier heruntergeladen werden: https://www.30tagegebet.de/

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Wanderer über dem Nebelmeer

Wer ist der Wanderer über dem Nebelmeer? Wen hat Caspar David Friedrich gemalt? Die Erklärungen klingen wirklich plausibel: https://www.faz.net/aktuell/stil/trends-nischen/friedrich-gemaelde-wer-war-wanderer-ueber-dem-nebelmeer-16720215.html

Aber – damit sage ich nichts Neues -: das Bild sagt mehr, als die Antwort auf die Frage nach dem gemalten Wanderer.

Was soll man sagen – außer mit C.D.F – der zu seinem Mönch am Meer in einem Brief sinngemäß schreibt (1810/1811):

Erst sieht man das, was man sieht, dann kommt das Nachdenken: Man kann die Zukunft nicht enträtseln, das Jenseits ist unerforschlich – eine heilige Ahnung wird nur im Glauben deutlich erkannt.

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Ostermontag

Text befindet sich auf Youtube – eigentlich ein Pfingstlied. Aber alle christlichen Feiertage sind nur wirklich verständlich, wenn es wie in dem Lied heißt: Ich komme, ich komme…. Heiliger Geist, ich bring dir mein Herz, dass du mich reinigst.

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