Christliche Hymnen, Lieder und Gedichte (5)

Prudentius (*348- nach 405)

Dieser christliche Dichter wird vielfach hervorgehoben – denn im Mittelalter hatte er sehr großen Einfluss. Er war von Haus aus Jurist, wurde vom Kaiser gefördert und befördert, quittierte den Dienst, als er älter wurde. Er geriet in eine Lebenskrise: Der Tod ist nah, die Seele ist verloren – er hat Gott verloren.

„Endlich soll die sündige Seele die Thorheit von sich werfen; wenigstens mit Worten den Herrn preisen, wenn es Verdienste nicht thun; mit Lobgesängen den Tag ausfüllen und die Nacht nicht aufhören, weil es dem Herrn zu lobsingen gilt; kämpfen gegen den Irrwahn, den katholischen Glauben predigen, die Altäre der Heiden stürzen, Untergang, Rom, deinen Götzen bereiten, Lieder weihen den Märtyrern, Preisgesänge den Aposteln“ (Kayser 256)

An diesem Zitat wird deutlich, dass die Gedichte, die kunstvollen Texte nicht allein der religiösen Erbauung dienten, sondern auch der scharfen Auseinandersetzung mit Gegnern.

Wie in einem meiner vorangegangenen Beiträge erwähnt, war das folgerichtig: Die Welt besteht aus Gottes Ordnung – die Sprache spiegelt diese Ordnung; darum wird die geordnete Sprache dem Chaos, den Gegnern entgegengestellt. Ordnung bekämpft Unordnung. Entsprechend wird auch in vielen – auch bisher angesprochenen Gedichten – gegen den Tod, gegen die Untugenden angegangen. Sie widersprechen der Ordnung Gottes. Die Seele, die Gott verlässt, verliert sich im Chaos des Widergöttlichen, der Untugend, des Todes. Die Tugenden: Demut statt Hochmut, Geduld statt Zorn, Keuschheit statt sexuelle Ausschweifungen, Frieden statt Streit, angemessenes Essen und Trinken statt Gier, Wahrheit statt Lüge, in reinem Sinne singen statt Streben nach unreinem Gewinn… Entsprechend sollen die Tages-Lieder helfen, ein Leben in Tugendhaftigkeit/Heiligkeit zu führen. Die Texte des Ambrosius waren eine Grundlage, auf der Prudentius vielfach baute. So wurde oben das Gedicht des Ambrosius erwähnt: Ewiger Schöpfer der Welt. Dieses wird von Prudentius aufgenommen und verdeutlicht (Ales diei nuntius).

Der Hahn und Christus werden verbunden, ebenso wird gesagt, dass Jesus den Petrus vor dem Verrat vor dem Hahnenschrei gewarnt hat, und: beim Hahnenschrei – Sonnenaufgang – ist Jesus auferstanden. Seit der Auferstehung Jesu gilt Neues, gilt es, nicht mehr zu schlafen, das heißt, es gilt nur noch, sich Gott gemäß zu verhalten. Schlafen wird Metapher für gottloses Treiben – wachen wird Metapher dafür, Gottes Willen zu tun: „Hier ist die Wahrheit: wachen wir!“ Alles schlechte Handeln wird am Morgen, an dem Christus kommen wird, vergehen – ist „eitel Nichts!“ (Übersetzung: Gesänge der Heiligen)

Ähnlich das Abendlied. Auch in dieses werden Reflexionen eingewoben: über gute und schlechte Träume, über die Fähigkeit guter Träume, wie sie in biblischen Texten genannt werden, es wird der praktische Tipp gegen schlechte Träume gegeben: gutes Leben am Tag und: „Bezeichne… / Dein Herz und deine Stirne / Mit Christi Kreuzes Zeichen. / Das Kreuz verscheucht die Laster, / Verscheucht die dunklen Mächte; / In diesem Zeichen sicher / Kann nie die Seele wanken.“

Zu dieser Ordnung Gottes, die oben genannt wurde, gehört es auch, dass Gott den Verstorbenen von der Erde zurückfordern wird, denn Gott denkt an seine Menschen, sein Ebenbild vergisst er nicht. Die Seele steigt auf, der Körper wird mit ihr vereint am Ende der Zeiten (Iam moesta quiesce querela)

An den wenigen Beispielen wird deutlich, dass Prudentius stärker die Glaubenspraxis im Blick hat, damit verbunden auch die Seelsorge. Die metaphorische Sprache sprengt die Sprachgrenzen.

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