Bibel-Maßstab

Die Kritik ist, dass sich jeder aus der Bibel herauspicken kann, was ihm gefällt. Von daher gibt es auch unterschiedlichste Christen, Gruppen, Kirchen… Vorauszuschicken ist: Auch das Christentum ist kein Gottesbeweis – das heißt: Wenn alle Christen ein Herz und eine Seele wären, würden sie ein Gottesbeweis sein? Dem wäre nicht so. Wenn alle ein Herz und eine Seele wären, würde man sagen: Schaut, was für Marionetten und Verführte, Gehirngewaschene… Nun ist dem aber eben auch nicht so, dass alle ein Herz und eine Seele sind. Aber aus meiner Sicht gibt es Kriterien, gibt es einen Maßstab, mit dessen Hilfe man die Bibel lesen sollte. Aus meiner Perspektive muss das Argumentieren von Jesus Christus ausgehen. Von ihm aus gesehen muss z.B. auch das AT interpretiert werden (freilich: Wir verstehen Jesus nicht ohne das AT – es ist also ein reziprokes Lesen).

  • Jesus Christus – aus seiner Perspektive interpretiert: die Bibel steht an der einen Spitze des Dreiecks,
  • an der nächsten Spitze steht der Heilige Geist (damit verbunden auch das Gebet, das Bibelinterpretation begleiten muss – wenn es eine Glaubensinterpretation ist – also die Beziehung zu Gott)
  • An der anderen Spitze des Dreiecks steht die Gemeinde – und zwar die lokale, die weltweite sowie die Tradition, stehen die Glaubensvorfahren, dazu gehört auch der wissenschaftliche Diskurs.

Man muss also von Christen verlangen können, dass sie sich intensiv mit Jesus Christus und der Bibel beschäftigen, dass sie sich mit der Gemeinde im umfassenden Sinn beschäftigen, dass sie dem Heiligen Geist Raum lassen. Die Gemeinde ist immer auch eine Gemeinde der Kommunikation. Darauf sollten wir stolz sein. Dass das im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder unterbunden wurde, das zeigt eben, dass Macht eine Rolle spielte, nicht aber der lebendige Glaube. Oder dass Angst eine Rolle spielte, den Gott, den man im Griff zu haben meinte, zu verlieren. Heiliger Geist: Hermeneutik bedeutet nicht Stillstand, sie bedeutet, jeweils aktuell auf die Situation einzugehen – damit Gott sich im jeweiligen Individuum, der das Wort hört, ereignen kann. Darum ist auch Inkulturation möglich bzw. dass das Evangelium zu unterschiedlichsten Zeiten Menschen anspricht und aktiviert, dass es Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Kreisen anspricht. Man mag natürlich beklagen bzw. ihr vorwerfen, dass die Kirche der Urgemeinde nicht mehr die Kirche der Gegenwart ist. Aber der Heilige Geist, der Geist Gottes, ist vorantreibende Kraft, nicht stagnierende Kraft.

All diese Punkte sagen einem Atheisten oder Nichtchristen wohl nichts: Heiliger Geist (ominöses Etwas) – Jesus Christus/Bibel (historisch fragwürdig, kurios) – Gemeinde (Konglomerat unterschiedlichster Interessen). Aber Christen sagen diese Punkte immens viel. Diese Worte bedeuten positive Welten. Wir haben es also mit einer religiösen Sprache zu tun – und wer mag, kann sich auf dieses Sprachspiel (im Sinne von: http://blog-diskussionen.wolfgangfenske.de/32.-religi%C3%B6ses-sprachspiel.html ) einlassen. Und wer nicht, der lässt es. Man muss zu seinem Sprachspiel stehen – aber gleichzeitig versuchen, es zu durchbrechen; versuchen, so zu kommunizieren, dass andere vielleicht ein wenig mehr als „Dampfplauderei“ wahrnehmen können, Inhalt ahnen können. Was das Sprachspiel betrifft: Darin unterscheidet sich religiöses Sprachspiel nicht von all den anderen einer Gesellschaft.

Das ist nun die eine Seite. Die andere Seite ist, dass dennoch nicht alles beliebig ist. Und das möchte ich morgen am Beispiel der Bergpredigt verdeutlichen.

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