Junge Türken für Erdogan + Was kann Nationalismus als Lebensziel ersetzen?

Angeblich sollen viele junge Türken für Erdogan sein. Warum? Toprak meint unter anderem: Erdogan teilt die Welt in gut und böse auf (Meine Frage: Macht er damit nicht das, was auch unsere Linken so fasziniert: Sie sind die Guten, die anderen sind die Bösen – siehe Gaucks „Dunkeldeutsche“?) Das Demokratieverständnis sei unterentwickelt (Meine Frage: Würde er hier nicht auch so manche auf seine Seite ziehen – allerdings nicht mit Blick auf Türkentum usw., sondern: Bekämpft den Gegner mit allen Mitteln!) „Erdogan inszeniert die Türkei als Großmacht, die unabhängig von der EU ist“ (meine Frage: Was ist, wenn die EU den dreistelligen Millionenbetrag an die Türkei nicht mehr auszahlen wird?). Was Erdogan darüber hinaus geschickt macht, und das wird in dem Beitrag nicht erwähnt: Er bietet sich dar als Einheit nicht nur mit dem Türkentum, sondern auch mit dem Islam. Nationalismus wird mit religiösem Extremismus verbunden. Dem können dann viele nicht widerstehen, vor allem, weil auch innerhalb der türkischen Community Druck gemacht werden kann: Bist du gegen Erdogan bist du gegen Türkentum und gegen den Islam! Und wer will schon als Türke gegen Türkentum bzw. gegen den Islam sein. Dass sich Menschen von solcher billigen Rhetorik beindrucken lassen, das kann man auch in unseren politischen Auseinandersetzungen begegnen.

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Eingangs wird gesagt, dass sich viele Erdogan zuwenden, weil sie in Deutschland Anerkennung vermissen. In unserem Land vermissen sehr, sehr viele Menschen Anerkennung. Werden sie gleich zu Extremisten überlaufen? Muss nur einer kommen und sie bauchpinseln? Diese Warnung muss in unseren Ohren gellen. Denn ich vermute, dass Deutsche, die keine Anerkennung bekommen, hier nicht anders sein dürften, als Türken, die keine Anerkennung bekommen. Interessant finde ich in dem Zusammenhang: Deutschland ist groß – Deutschland ist wer auf der Welt. Von daher werden Höcke und co., die die mangelnde Anerkennung bzw. Zurücksetzung Deutschlands beklagen, kaum durchdringen. Im Augenblick nicht. Sie würden, nach dieser Vermutung dann durchdringen und Gehör finden, wenn Deutschland runterrutschen würde. Von daher muss – um der Zukunft Willen, der Nationalismus zurückgedrängt werden.

Aber er wird nicht durch einen abstrakten Internationalismus ersetzt werden können. Kann Europa an die Stelle treten? Darf Europa an die Stelle treten? Wäre ein europäischer Nationalismus besser als ein Nationalismus, der sich auf einzelne Länder konzentriert? Kann der Stolz sich auf Bildungsbürgertum verlagern – wie es mal war? Die Bildungsbürger haben Adel und Klerus ersetzt, die kümmerten sich ja auch nicht unbedingt um Nationalismus: Wichtig war es, dem Adel zuzugehören und entsprechend Anerkennung zu bekommen.

Für Christen ist die Sache klar: Man freut sich, Christ zu sein.

Aber welche kollektive Identifikationsmuster hat eine nichtreligiöse Gesellschaft zu bieten – wenn auch Karriere/Kapitalismus wegfallen?

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