Gott ereignet sich

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Man spricht von einem performativen Akt, wenn das Wort, das ich spreche, die Handlung ist, sie sich ereignet, das Wort mit dem Sprechen das ausführt, was ich sage. Ich sage: Ich liebe dich – dann spricht das Wort "Liebe" genau das aus, es ereignet sich in dem Wort Liebe das, was es ausspricht. Ich warne dich – das ist die Warnung selbst. Ich erkläre euch zu Mann und Frau – nun sind sie es. Ich segne dich – das ist der Segen. Wenn ein Mensch das Wort "Gott" ausspricht, kann sich Gott in diesem Wort selbst ereignen, seine Kraft, seine Macht wirkungsvoll entfalten. Er kann. Er muss nicht. Es ist Gnade, wenn Gott seine Gegenwart im Wort, das ich als Mensch äußere, ereignet.

Gott ist jedoch gegenwärtig in seinem Wort, in der Bibel – vor allem im Wort Jesu. Am Menschen liegt es, bereit zu sein, für eine Begegnung mit Gott in seinem Wort. Wenn ich sage: Liebe – Liebe ist nur ein Wort, dann blockiere ich das Ereignis der Liebe. Wenn ich die Liebe des anderen nicht will – dann kann das Wort nicht wirken, dann kann sich das Gesagte nicht in mir ereignen. Diese Freiheit haben Menschen auch in der Gottesbegegnung mit seinem Wort. Sie können sich dieser Begegnung verschließen, Gott kann sich in seinem Wort nicht ereignen, für mich nicht wertvoll werden.

Wenn ich von vorneherein davon ausgehe, dass die Worte der Bibel Menschenworte sind, reine Menschenworte, in denen sich Gott nicht ereignen kann, dann blockiere ich mich dem Ereignis Gottes. Bildhaft mit einem neutestamentlichen Text gesprochen: Indem Maria die Worte des Engels annahm, konnten sie Ereignis werden. Die christliche Tradition verbindet vielfach das Bibellesen mit Gebet. Das darum, weil wir uns im Gebet Gott öffnen, darum bitten, dass Gott uns so weit öffne, dass er durch die folgende Bibellektüre sich in uns ereignet, in uns zum Ereignis wird.

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