Pfingstrede: Gegenideologie oder mutige Menschen

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In letzter Zeit konnte man häufiger lesen, dass man junge Muslime von der ISIS abhalten solle, indem man eine Art Gegenideologie anbietet. Leider habe ich bislang nichts Relevantes dazu gelesen, wie eine solche aussehen soll. Eine solche Ideologie muss eine Menge bieten: Es lohnt sich, auf ein Ziel hin zu leben, man kann ein Held werden, man gehört zur Elite.

Doch kann eine demokratische Gesellschaft so etwas bieten? Vor allem: Sie bietet Lebenserfüllendes mit Blick auf berufliche, parteipolitische oder gruppeninterne Karriere. Das ist ein Anreiz für viele, das bietet Sinn und Lebenserfüllung. Aber das ist wiederum nur etwas für Menschen, die sich auf eine bestimmte gesellschaftliche Position hochgearbeitet haben bzw. durch Schule und Familie hochgekommen sind.

Was ist mit all den anderen? Flucht in Drogen? Abtöten der Langeweile durch Zerstören dessen, was die Gesellschaft aufgebaut hat? Hineingehen in rechts oder linksradikale, autonome usw. Gruppen? Das wird auch spannend, man kann für diese jeweilige Gruppe ein Held werden, weil man etwas kaputt gemacht hat, man gehört zur Elite der Zukunft, weil man seine rechts- oder linksradikale  oder islamistische Ideologie verbreitet, für sie gekämpft und Menschen erniedrigt hat.

Manche finden ihre Erfüllung im Sport, im Kaufrausch, manche in der Familie, im Hobby, in PC-Spielen/Fernsehen, in Kunst und Kultur, Musik, in unserer traditionellen aufbauenden Religion usw.

Aber manche finden all das eben nicht. Wie kann eine Gesellschaft diese auffangen? Das ist nicht allein ein muslimisches Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem, weil es immer mehr Menschen gibt, nicht nur junge Muslime, die sich von den vordergründigen Lebenszielen nicht mehr so sehr ansprechen lassen.

Einen solchen staatlichen Versuch, Menschen zu binden, gab / gibt es in Russland mit der Naschi-Gruppe. Aber so etwas kann nie das Ziel einer Demokratie sein. Es müssen viele Gruppen in einem freien Wettbewerb versuchen, Menschen Lebenssinn zu vermitteln, etwas, worum es sich zu kämpfen lohnt, damit die Welt besser wird: Menschenrechte, Menschen Wohlergehen, diakonisch/caritativ, Umweltschutz, Tierschutz, für die Kultur, für Bildung, Einsatz für das jeweilige Dorf/die Stadt, dafür, dass Menschen Dörfer und Städte für Lebenswert ansehen, für Minderheiten…

Es ist nicht möglich, eine Gegenideologie aufzubauen, ohne dass die Versuchung groß ist, dass diese dem elitären Denken unterliegt und Meinungsfreiheit bekämpft, weil sie meint, sie sei die in einer Gesellschaft maßgebliche Gruppe schlechthin.

Auch der Islam benötigt viele solcher einzelner Menschen, die sich mutig für eine bessere Gesellschaft einsetzen, um möglichst viele Muslime zu gewinnen, die ihre Gaben wiederum zum Wohl der Gesellschaft entfalten. Anders geht es nicht.

Und was uns Christen betrifft: Wir kennen unsere Aufgaben zum Wohl der Gesellschaft. Man darf nichts schleifen lassen, weil es gerade gut läuft. Es kann sehr schnell alles zum Nachteil einer Gesellschaft kippen. Mutig, phantasievoll, innovativ Probleme anpacken – wir haben eine lange Tradition solcher Vorbilder. Und wir haben den Geist Gottes, der uns immer wieder dazu antreibt.

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