Todesstrafe+Verbrechen

Wann tötet eine Gesellschaft oder wann lässt sie die Tötung zu? Eine Gesellschaft darf niemanden töten – die einzigen Ausnahmen sind Krieg (in letzter Zeit Kampfdrohnen), ist Notwehr, ist für die Polizei, um Menschen vor größeren Schaden zu bewahren und die Abtreibung. Allerdings werden Letztgenannte mehr oder weniger streng geregelt und kommen – bei Notwehr und Polizei – zur Anzeige, um möglichst Missbrauch zu vermeiden. In manchen Staaten gibt es noch die Todesstrafe (dazu gleich mehr).

In unserer Gesellschaft nimmt die Tendenz zu, Menschen der Selbsttötung zuzuführen: Man sollte Suizid zulassen, wenn einer wirklich nicht mehr leben will, man sollte Sterbehilfe zulassen und ermöglichen, wenn Menschen aufgrund ihrer Krankheit und Schmerzen nicht mehr leben wollen. All das war vor einigen Jahren noch verpönt, weil der Mensch sich als Herr über Leben und Tod ansieht, weil man weiß, wenn man eine Schleuse öffnet, auch andere geöffnet werden (Abtreibung in Notfällen führt zu allgemeinere Abtreibungen, Sterbehilfe im Notfall führt zu dem inneren Druck: ich falle meinen Angehörigen nur zur Last – und ist für die Gesellschaft billiger usw.).

Die Todesstrafe hat bekanntlich unterschiedliche Gründe: Gerechtigkeitsgefühl, sachlich: ius talionis, Rachegefühl, Abschreckung, ist billiger für die Gesellschaft, der Gefangene kann nicht mehr durch Gesinnungsgenossen freigepresst werden, der asoziale Mensch wird den Rachegöttern zugeführt.

Dagegen spricht: Rachegefühl widerspricht dem sachlichen Recht, Todesstrafe dient nicht der Abschreckung, Justizirrtum (was ist, wenn die Tat bewiesen ist?), der Täter kann keine Reue mehr entwickeln (ist das ein gefühlsmäßiges Argument oder auch sachlich?), es ist schlimmer, ein Leben lang im Gefängnis zu sein als sofort getötet zu werden (Rachegefühl auf anderer Ebene).

Der primäre Grund einer Gesellschaft für die Todesstrafe zu sein ist, sich vor Menschen zu schützen, die der Gesellschaft schaden. Und darauf muss jede Zeit, jedes Land seine eigene Antwort finden: Wie schützen wir die unschuldigen Menschen der Gesellschaft vor Gewalttätern. Reiche Länder werden – aus dieser Perspektive – sich eher gegen die Todesstrafe wenden können als arme Länder, da sie die Möglichkeiten haben, die Menschen isoliert wegzusperren, sie psychologisch und sonstwie zu betreuen – auch wenn immer stärker deutlich wird, dass die Psychologie an die Grenzen stößt dürfte sie auf Psychopharmaka angewiesen sein. Künftig wird die Frage der Genmanipulation oder der Eingriffe ins Gehirn eine größere Rolle spielen, wenn man denn meint, biologisch-medizinische Ursachen für asoziales Verhalten nachweisen zu können.

Deutlich wird, dass die Todesstrafe auch an Menschen vollzogen wird aufgrund: ihrer sexuellen Orientierung (Homosexualität), ihres Verhaltens gegen allgemeine ethische Vorgaben (Steinigungen), weil man sie nicht als Sozialschmarotzer ansehen will, sondern im Gegenteil Nutzen aus ihnen ziehen möchte (Organhandel), weil man unliebsame Personen beseitigen möchte (Blasphemievorwürfe), aufgrund des Fahndungsdrucks und des Ehrgeizes Einzelner (Justizirrtümer), aufgrund religiöser Freiheiten…

Manchmal ist es auch der verzweifelte Versuch bestimmter Länder, die Gesellschaft zu disziplinieren: gegen Menschenhandel, Entführungen, Drogenkonsum, Korruption, Terrorismus/Sabotage, Vergewaltigungen… – das heißt: Im Vordergrund steht der Schutz von Individuen und Gesellschaft vor asozialen Menschen.

Alttestamentlich gesehen ist Todesstrafe legitim – neutestamentlich gesehen nicht mehr, man denke an das Feindesliebe-Gebot, von daher werden auch heute noch immer wieder Christen bekannt, die den Mördern ihrer Familien vergeben haben – und dadurch die Mörder auf neue Wege geführt haben. Aber kann man das Denken von Nichtchristen verlangen?

Amnesty International sagt: „Staaten können nicht gleichzeitig die Menschenrechte achten und die Todesstrafe verhängen und vollstrecken.“ Und: Einem Staat sollte es um Gerechtigkeit gehen und nicht um Rache und Vergeltung. http://www.amnesty-todesstrafe.de/ Das gilt im Grunde nur für die USA – denn was Menschenrechte in China und den islamischen Staaten betrifft dürfte deutlich sein, dass sie andere Vorstellungen haben als der Westen. Ebenso was den Aspekt der Würde des Menschen betrifft. Amnesty muss eine Antwort finden auf die Frage: Wie kann die Sicherheit einer Gesellschaft hergestellt werden, wenn man die Todesstrafe abschafft. Todesstrafe kommt den Staaten billiger – ob sie wirklich nicht abschreckend wirkt, wenn sie konsequent angedroht wird?

Ich will damit nicht die Todesstrafe verteidigen – ich stehe auf dem neutestamentlichen Standpunkt – aber zu sagen: Das Verbot der Todesstrafe setzt sich immer stärker durch – das wird sich auch bald schnell wieder ändern, da sich viele Staaten vom Westen – was die Menschenrechte und Menschenwürde betrifft – abkoppeln und sich aus deren Sicht eine pragmatische Sicht verstärkt durchsetzen wird: billiger, Schande für die Familie, abschreckend.

Voraussetzung für die Abschaffung der Todesstrafe ist eine neue Gesinnung: Auch der Mörder hat Würde. Die Gesellschaft darf sie nur insoweit einschränken, als es zum Schutz Unschuldiger der Gesellschaft unbedingt notwendig ist (Gefängnis, Einzelhaft…). Dass die Massenmörder oder Menschenhändler, Menschenquäler noch Würde haben – ich meine zu beobachten, dass dieses Denken auch in unserer Gesellschaft immer stärker abnimmt, je nachdem, welche Brutalitäten vor das geistige Auge treten. Und da hilft es nicht zu sagen: Todesstrafe ist schlecht oder auf der emotionalen Ebene das Leiden der Todeskandidaten angesichts des Todes zu vermitteln. Es muss anders argumentiert werden. Wie, das weiß ich leider auch noch nicht. Damit zu argumentieren, dass man die Henker schützen muss – das ist nett gedacht – da sie es wahrscheinlich schlicht und ergreifend als ihren Job ansehen, um die Gesellschaft zu schützen. Psychische Mauern können schnell argumentativ überwunden werden. Und die Frage: Ist man selbst besser, wenn man dafür ist, dass Mörder hingerichtet werden – das wird jeder Todesstrafen-Befürworter mit Ja beantworten können – und zwar mit gutem Gewissen. Vor allem: Es ist ja nicht er selbst, der hinrichtet, sondern der Staat, nach langen Prozessen, zum Schutz der Gesellschaft.

Ich selbst habe den Eindruck, dass amnesty sehr stark aus neutestamentlicher Tradition kommt – aber nun innerweltliche Argumente finden muss. Denn mit Gottes Willen in Jesus Christus kann /will amnesty nicht argumentieren.

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Vietnam: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/drogenschmuggelprozess-in-vietnam-29-todesstrafen-bestaetigt-a-976389.html

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Belgien: http://www.focus.de/panorama/welt/zehn-jahr-nach-dem-prozess-keine-spur-von-reue-kinderschaender-dutroux-kaempft-um-seine-freiheit_id_3933691.html

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Liberia ist für Frauen und Kinder eines der gefährlichsten Länder der Erde: http://www.trust.org/item/20140606155150-of8w3/?source=shtw Ebenso der Kongo: http://www.trust.org/item/20140530155251-0nscl/?source=shtw (Ich kann mich nicht erinnern, wie oft ich vergewaltigt wurde)

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Und das ist für unser Land gefährlich – aber wie geschrieben – man konnte es ahnen, dass das aus dem Ruder läuft, wenn die Justiz ihren Ruf verliert: http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article129314814/Im-Netz-wird-die-Rache-am-Vergewaltiger-bejubelt.html

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(Nachtrag: http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article129325084/Mord-an-ungeborenem-Baby-beschaeftigt-die-USA.html )

Impressum auf www.wolfgangfenske.de

 

 

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