Manche Menschen werden Christen – ohne sich zu outen – weil der christliche Glaube etwas in ihnen auslöst, was die alte Umwelt nicht ermöglicht. Sie spüren, dass etwas falsch läuft, ungerecht, lieblos ist. So habe ich einmal gelesen, dass ein Mann auch darum Christ wurde, weil er sah, dass Christen Männer und Frauen gleich behandeln. Und so fing er an, seinen Töchtern zuerst das Essen bei den Mahlzeiten zu geben, um ihnen zu zeigen, wie wertvoll sie sind. Wenn allerdings Menschen in der Nähe sind, die nicht Christen sind, gibt er, wie es die Tradition verlangt, den Männern und Jungs zuerst das Essen. Er befürchtet nämlich, dass sonst die Gerüchteküche hochkocht und sie bedrängt, eingeschüchtert werden, dass ihnen die Lebensgrundlagen genommen werden, wenn sie nicht wieder in das traditionelle Muster zurückfallen.
Wir erfahren viel zu wenig von solchen mutigen Menschen, Menschen, die eigentlich für nichts gelten, die man gar nicht wahrnimmt, die verachtet werden – die aber einen winzig kleinen Freiheitsraum erkämpfen. Denn wer anfängt nachzudenken, wer beginnt, sich als ein Ich zu wissen, wer bemerkt, dass er in Fesseln lebt, die böse sind, und sich dann durch eine Gottesbindung versucht, sich zu befreien, durch kleine Taten, kleine Gesten – wie großartig sind solche Menschen.