Keine Pressefreiheit in der Türkei: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-03/pressefreiheit-tuerkei-inhaftierte-journalisten-deniz-yuecel-freedeniz
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Ich finde das, was in der Türkei abläuft, psycho-politisch äußerst interessant. Keiner weiß so richtig, was das alles soll. Ist das wirklich politisch zu begründen oder einfach nur psychisch zu analysieren? Erdogan plustert sich auf, seine seit Jahren beleidigte Psyche, weil er nie als Großmann ankam und ernst genommen wurde, entlädt sich in einem verbalen Amok. Spannend ist nun für mich, dass seine Politiker mitmachen – aber wahrscheinlich haben sie alle Angst, wenn sie nicht mitmachen würden, dass sie wegen Beteiligung an der Gülenbewegung inhaftiert werden würden. Sie machen alle mit – und sie versuchen sich sogar noch gegenseitig zu übertrumpfen. Dass es einige hysterisierte Türken gibt, die auch im Ausland als Handlanger ihres – ich sage es sanft – aufgeplusterten Regierungschefs auftreten, das kann ich mir gut vorstellen. Das würden auch bei uns manche machen, wenn sie medial und politisch aufgeputscht werden. Spannend finde ich übrigens auch, dass er seine Politik mit dem Islam verknüpft. Nicht nur er wird somit vom Westen abgelehnt, sondern er als Muslim – und damit wird der gesamte Islam beleidigt. Diese Komponente darf man nicht übersehen. Ich als Laienpsychologie, der sich nicht scheut, Ferndiagnosen zu stellen vermute: Die Psyche Erdogans fordert die Unterwerfung. Darunter gibt es nichts.
Der Journalist in der Tagesschau rätselte, wie die Türkei wieder zur Normalität zurückfinden könnte… Ich denke, dieses Rätseln macht nur Sinn, wenn man rationale Politik hinter diesem vermutet. Aber davor, dass eben keine rationale Politik dahinterstecken könnte, davor haben vermutlich alle Angst.
Ich finde die verbale Zurückhaltung unserer Regierung gut. Ich finde auch gut, dass de Maiziere schon Klartext spricht. Wichtig finde ich auch die Botschaft an die Türken in unserem Land – besonders an die organisierten Ditib-Türken: http://de.reuters.com/article/deutschland-t-rkei-ditib-de-maiziere-idDEKBN16L1X8 (Aber ich wäre auch für ein Verbot der AKP-Wahlkämpfer.)
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Maas macht ernst mit seinem Vorhaben: http://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2017/03142017_GE_Rechtsdurchsetzung_Soziale_Netzwerke.html
Und es wird spannend, ob das der Startschuss für Einschränkung der Äußerungsfreiheit ist. Der Staat sieht sich nicht in der Lage, dem Gesetz gemäß zu agieren, das heißt, Menschen anzuzeigen, die eines Vergehens bezichtigt werden. Und darum will er nun von sich ablenken und alles auf die sozialen Netzwerke umlenken. Selbst in der Tagesschau wurde gesagt, dass es eine Grauzone gibt, in der man nicht eindeutig sagen könne, ob das gesagte der Meinungsfreiheit entspricht. Ich denke, wenn jeder, der meint, er sei unrechtmäßig in seiner Meinung eingeschränkt worden, gegen Facebook, Twitter und co. klagt – dann wird es sicher eng werden. Ich sehe ja auch, was es alles an üblem auf den seiten gibt. Dennoch widerspricht das meinem verständnis von Demokratie, wenn der Staat aufeinmal seine Aufgaben abgibt.
Mein Vorschlag war http://blog.wolfgangfenske.de/2016/12/19/facebook-sauber-halten-medienethik-kommission/ :
Vielleicht gibt es Kompromisslösungen, die gefunden werden, damit unser Rechtssystem nicht unter der Hand ausgehöhlt wird. Fachleute, die ideologisch unverdächtig sind, Juristen, Internet-Experten, Medien-Experten, Ethik-Kommission – sie werden doch sicher gemeinsam einen Weg finden, der einer Demokratie angemessen ist. Der Altbundeskanzler Schröder hatte die gute Angewohnheit, Kommissionen einzusetzen – wenn ich mich recht erinnere. Vielleicht wäre das auch in dieser Angelegenheit eine gute Sache. Eine Kommission, deren Beratungen öffentlich begleitet werden.
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