Feindesliebe

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Ich habe ein Videoclip gesehen, in dem sich ca. 16jährige Mädchen miteinander unterhalten, umringt von anderen Jugendlichen, überwiegend Mädchen. Alle haben ein Smartphone zum Fotografieren parat. Da schlägt eine dem einen Mädchen auf die Wange. Und immer wieder kommt eine und schlägt sie. Und diese steht einfach da und verzieht keine Miene. Man weiß nicht, worum es geht, man sieht nur, wie sie immer wieder geschlagen wird und die Herumstehenden grölen bzw. mehr Schläge fordern. Die Geschlagene weicht höchstens ein wenig zurück – eine eigenartige Situation.

Da dachte ich mir: Wenn sie das aus Glauben tut, dann kann sie das verarbeiten… – wenn sie das nicht aus Glauben tut, sondern aus welchem Grund auch immer, dann ist sie eine, mit der die Gleichaltrigen bald tun und machen können, was sie wollen.

Wenn Jesus die Feindesliebe lehrt, dann aus der Perspektive der Stärke – und nicht die Perspektive dessen, der mit sich alles tun lassen muss. Es ist aus der Perspektive des Vaters im Himmel, dem man zugehört. Wenn dieses Vorzeichen fehlt, dann ist der Mensch wehrloses Opfer.

Und das ist, was wir meistens vergessen. Wir sagen anderen, wie toll Jesus war, wie klasse es ist, den Feind zu lieben, wie vorbildhaft… – aber das ist kein kluger Vorschlag, wenn der Kontext des Glaubens fehlt, Wenn dieser nämlich fehlt, dann liefert man den anderen irgendwelchen sadistischen Gruppen oder einzelnen aus. Und das dürfen wir als Christen nicht.

Jesus Christus, Martin Luther King, Mahatma Gandhi – das waren Menschen, die aus Stärke den Weg der Feindesliebe gingen, die damit Macht ausübten, die klug und auch gerissen waren, die wussten, wie man zum Ziel kommt, indem man zurückweicht. Es geht um intelligente Feindesliebe.

Die Evangelien zeigen, dass es – selbst dann, als es sich um die Gefangennahme und Hinrichtung Jesu ging – nicht um einfache naive Selbstaufgabe ging, sondern um ein Handeln in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, das heißt: Er handelte mit dem Ziel, Gottes Willen durchzusetzen. Und von daher steht er wie ein Fels in der wirren Brandung derer, die nach seiner Hinrichtung gieren.

Wenn wir als Kirche Jugendlichen die Feindesliebe so allgemein einpflanzen ohne diese Glaubensbasis – tun wir an ihnen nicht Unrecht, wenn sie in die Hände von Gewalttätern fallen und sie sich nicht wehren? Wir sollten auf keinen Fall die feige Feindesliebe lehren, die bequeme, die aus Angst alles mit sich machen lässt. Diese meine ich bei so manchem Erwachsenen zu erkennen.

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