Zu Kosegarten: http://blog.wolfgangfenske.de/2013/07/23/kosegarten-vgel/
>Das Herz hat seine Gründe, von denen die Vernunft nichts weiß. Die Vernunft war wohl eh vermessen genug, um Gott zu leugnen.
Aber das Herz war noch vermessener, und glaubte ihn. Die Vernunft möchte uns gern überreden, daß dieses unser denkendes, wollendes und liebendes Ich gleich der Hülse, die es umkleidet, aus Elementen zusammen gewoben sei, und daß es gleich den Elementen in alle Striche der Windrose verstieben werde. Aber das Herz straft die Verwegene kühnlich Lügen, und spricht: Wir sind unsterblich!
Und dieß Gefühl unsrer Unsterblichkeit – nie wird es lauter und drängender in uns, als wenn wir die erhabene Natur betrachten, wenn wir in eine weite Ferne schauen, wenn wir die ungemeßne See hinüber staunen, wenn wir in des Sternhimmels unergründlichen Tiefen uns verlieren:
Dann erwacht ein Wunsch in uns, welchen zu befriedigen, die Erde zu arm ist. Wir fühlen, daß wir für etwas besseres geboren wurden, als für die Armseligkeiten dieses ersten Lebens.
Der Fremdling in unserem Busen schlägt mächtig an die Gitter seines Kerkers. Der gelähmte Schwan schwingt prüfend die geknickten Flügel, ob es bald, bald etwa ihm gelingen werde, seinen Brüdern nachzureisen in mildere und bessere Zonen! …
Die Erde geht vom Westen nach Osten, dennoch däucht es uns, als ginge sie von Ost nach Westen. Also däucht es uns auch, als gehen wir aus dem Leben in das Grab – und siehe! Wir gehen aus dem Grabe in das leben!
Denkt an Morgen, wenn ihr nach Abend sehet. Sehet den Mond aufgehen, während die Sonne nieder sinket. Der Mond ist der Bürge der Sonne, und die Hoffnung ist der Bürge der Ewigkeit! –
Sehet auf zum gestirnten Himmel, wenn vor der Grube euch grauet …
Lasset uns dann trachten nach diesem Einem, was noth ist.
Lasset uns abschütteln des Triebes sklavisches Joch, und lasset uns durch Vernunft und Selbstbeherrschung eingehen in das selige Reich der Freiheit. Lasset uns thun, nicht was wir gern möchten, sondern was wir sollen.
Lasset uns fragen, nicht nach dem, was angenehm, sondern nach dem, was gut ist …<
(Zitiert nach dem lesenswerten Büchlein von Katharina Coblenz-Arfken (Hg): Gott in der Natur. Aus den Uferpredigten G.L.Th. Kosegartens, Edition Themmen, Bremen 2012, 66f.; Gedichte z.B. hier: http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/kosegarten_poesieen01_1798?p=47)
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