Wladimir Sergejewitsch Solowjow / Solov’ev (1853-1900) (4)

Auch das folgende Gedicht ist nicht in der Gesamtausgabe zu finden. Dieses Gedicht ist aber nicht unbedeutsam, weil es im Kontext einer Ägyptenreise (1875/1876) entstanden ist. Auf dieser Reise suchte er spirituelle, mystische, metaphysische Weisheit. Besprechen möchte ist die folgenden Gedichte nicht. Sie sind auf der russischen Seite: https://russian-poetry.ru/PoetF.php?PoetId=69 zu finden. Die Übertragung ist von mir mit Hilfe von Deepl und Google – im Versuch, den Inhalt nachzuvollziehen.

Wie im klaren Azurblau eines ruhigen Meeres
     Die ganze Herrlichkeit des Himmels sich widerspiegelt,
Im Lichte der Leidenschaft des freien Geistes
     Erscheint uns so das ewige Glück / Heil.

Doch die Tiefe, in der gewaltigen Weite regungslos,
   Ist immer noch dieselbe wie in der stürmischen Erregung,—
Mächtig und klar in freiem Frieden
     Liegt der Geist auch leidenschaftlicher Begierde zugrunde.

Freiheit, Gefangenschaft, Frieden und Erregung
     Vergehen und erscheinen wieder.
Der Geist ist immer derselbe. Im ungestümen Streben
     Offenbart sich nur seine Kraft. (1875; nicht in der Gesamtausgabe)

*

Geht es im nächsten Gedicht um eine Frau – oder um die Weisheit, die Sophia?

Heute erschien in Azurblau
Meine Königin, sie steht vor mir.
Das Herz begann vor süßer Begeisterung zu schlagen.
Und in den Strahlen des aufgehenden Tages
Die Seele erleuchtete in einem stillen Licht.
In der Ferne brannte aus und rauchte.
Die böse Flamme des irdischen Feuers. (Ende November 1875 in Kairo)

Bevor ich die Anmerkungen in der Gesamtausgabe dazu gelesen hatte, war für mich eindeutig: Es geht um die Sophia, die göttliche Vision, was dort entsprechend interpretiert wird. Die Übersetzung in der Gesamtausgabe ist aus meiner Sicht sonderbar. Ich gebe sie hier wieder, um die beiden Versionen vergleichen zu können. Ich denke, es wird deutlich, was ich neulich schrieb, dass das übersetzte Reimen den Gedichten die Kraft nimmt, auch wenn ein gereimtes Gedicht „was hat“. Wie muss es erst auf russisch klingen.

Heute hab´ ich mit Augen gesehen
Ganz im Lichtglanz die Königin mein,
Und das Herz blieb vor Jubel mir stehen.
In des goldenen Morgenrots Schein
Ist das himmlische Wunder geschehen.
Alle Erdenlust spürt ich vergehen,
Sah nur sie, sah nur sie, sie allein.