| Beachte das vor ein paar Tagen Geschriebene! https://blog.wolfgangfenske.de/2025/11/28/wladimir-sergejewitsch-solowjow-solovev-1853-1900/ (Auch zur Quelle und zur Übersetzung!) PROMETHEUS |
| Wenn deine Seele in einem das Licht Der Lüge mit der Wahrheit, das Gute mit dem Bösen sieht, Und die ganze Welt umschifft in einem Liebesgruß, Was ist und was vergangen ist; Wenn du die Seligkeit der Versöhnung erkennst; Wenn dein Verstand versteht, Dass nur im Gespenst der kindlichen Meinung Sowohl Lüge als auch Böses leben, Dann wird die Stunde kommen – die letzte Stunde der Schöpfung … Dein Licht mit einem Strahl wird die ganze Welt der nebligen Sicht zerstreuen In einem schweren irdischen Schlaf: Barrieren bröckeln, Fesseln werden durch göttliches Feuer geschmolzen, Und der ewige Morgen erhebt sich zu einem neuen Leben In allem und in Einem. In diesem Gedicht wird das deutlich, was ich in der Biografie Solowjows geschrieben habe: „Er wandte sich gegen die Spaltung in den Kirchen. Aufgrund eines mystischen Liebeserlebnisses (Julie/Sophia [Weltseele]) wandte er sich enttäuscht vom Atheismus und Positivismus ab. Die Trennung von theoretischem und empirischem Wissen lag ihm nicht. Wahrheit auch in der Wissenschaft ist nur dadurch zu erlangen, dass der Wissenschaftler in christlicher Liebe frei ist von Selbstbehauptung, rein ist. Solowjow war ein Philosoph der Einheit, einer Einheit, auf die die christliche Liebe hinarbeitet, die in der Vereinigung von Gott und Welt durch die Sophia (Weltseele; würden wir heute sagen: durch den Geist Gottes?) begründet ist. Das heißt nicht, dass Gott und Welt eine Einheit sind, Gott bleibt Gott. Die Welt geht auf die Einheit, die Gottesherrschaft zu.“ Ich bin kein Solowjow-Kenner, sondern versuche es zu verstehen aus dem, was ich bislang so gelernt habe und auch aus biblischer Tradition zu erkennen ist. Ich sehe es zunächst aus der Perspektive, die mit Bonhoeffer so zu formulieren ist: „Ich glaube, daß Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ (Das Walten Gottes in der Geschichte; Widerstand und Ergebung, DBW 8,30f.). Das war die großartige Leistung jüdischer Gelehrter, aufgrund der prophetischen Weltsicht, auch das Schlimme als Werk Gottes anzusehen – als strafendes Werk zur Besserung des Volkes. Wir finden es in der alttestamentlichen Josefsgeschichte: Josef wird durch eigene Schuld von seinen Brüdern in die Sklaverei verkauft und aufgrund falscher Beschuldigung ins Gefängnis geworfen. Das diente letztendlich dazu, dass Gott durch Josef sein Volk retten konnte. In der schlimmen Situation selbst wird Gottes Hand nicht sichtbar. Das erkennen wir auch an Hiob: In der Rahmengeschichte spielt zu Beginn die Wette zwischen Gott und Satan eine Rolle – doch letztlich sieht Hiob Gott als den handelnden an, als den, der für sein Leiden verantwortlich ist. Das dient dann dazu, dass Hiob am Schluss der Geschichte Gott selbst erkennt. Auch in der Leidensgeschichte Jesu wird erkennbar, dass Befreiung nur durch Leiden Jesu möglich ist – nach dem Leiden folgt die Auferstehung. Menschen sehen in Menschen das Böse – aber eigentlich dient das Böse, das Menschen tun dem, was Gott möchte. Kurz gesagt: Es ist nicht immer für uns Menschen erkennbar, was eigentlich hinter dem Bösen steckt. Gleichzeitig kann freilich das, was dem Menschen gut tut, was ihm gefällt, Verderben bringen. Ich weiß nicht, ob diese Erkenntnis auch Solowjow vor Augen steht. Dazu kenne ich die russische mystische Philosophie zu wenig – wäre also ein Grund, sich die mal näher anzuschauen. Freilich sind Solowjow auch die deutschen Idealisten (Hegel, Schelling usw.) bekannt, die jedoch eine andere Richtung verfolgten, die aber auch den Einheitsaspekt durchdachten. Solowjow rezipierte auch den Buddhismus, so wie er zu seiner Zeit bekannt war. Er lehnte jedoch die Negation des Menschen im Nirwana ab, hat aber Nähe zu manchen Aspekten der Einheit des Ganzen. Diese Einheit ist für Solowjow jedoch anders als im Buddhismus in biblischer Tradition personal, das heißt eng mit Jesus Christus, mit Gott verbunden. Für Solowjow fällt diese Erkenntnis der vollkommenen Einheit von allem mit dem Ende der Schöpfung zusammen. Der Apostel Paulus formuliert in 1. Korinther 15,28, dass Gott am Ende der Zeit „alles in allem sei.“ Damit ist gemeint, dass alles Gottes Willen unterworfen sein wird, dass Zerbrochenes und Trennendes zusammengeführt wird; das Böse, das Widergöttliche, wird von Christus entmachtet, überwunden sein; ebenso wird der Tod, der Inbegriff des Bösen als Folge der Sünde, der Abwendung von Gott, überwunden sein. Alles wird von Gott durchdrungen – das ist die letzte Wirklichkeit. Ähnliche Formulierungen – mit anderen Schwerpunkten – finden wir im Kolosser und Epheserbrief. Das bedeutet: In diesem Gedicht formuliert Solowjow den alten Traum der Menschheit – christlich rezipiert -, und er sieht ihn auch selbst als eine Vorstellung an, die nur unvollständige Vorstellung ist. Denn wenn sie keine Vorstellung mehr wäre, wäre das Ende der Schöpfung gekommen: „Und der ewige Morgen erhebt sich zu einem neuen Leben In allem und in Einem.“ |
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