
Buß- und Bett-AG – das sagte ein Schülerfreund zu mir, als ich Jugendlicher war. Durch diesen Scherz, über den wir herzlich lachten, ist mir der Buß- und Bettag erst richtig bewusst geworden.
Eine Frau sagte einmal zu mir – auch als ich Jugendlicher war – nach einem Kuchenessen der Gemeinde: Jetzt habe ich mal wieder gesündigt. Ich antwortete, wenn´s mehr nicht ist. Dann sagte sie: Aus dem Alter bin ich raus.
Aber das ist natürlich zu kurz gegriffen. Nicht Sexualität ist das Problem, die ist von Gott geschenkt.
Das Problem sind wir als Menschen, die sich an Menschen und an Gott vergehen.
Es gab schon im Mittelalter Buß- und Bettage.
Sie dienten einmal dazu, dass wir Menschen unser Verhältnis zu Gott klären.
Sie dienten auch dazu, das Verhältnis zwischen uns Menschen zu klären.
Ritualisierte Formen des Zusammenlebens erleichtern vieles. Das leugnen wir in unserer Zeit oder vergessen es.
- Karfreitag / Ewigkeitssonntag / Allerseelen: Tage, an dem man sich weinend gehen lassen kann.
- Ostern / Weihnachten: Tage, an denen wir uns alle miteinander freuen können – und zwar als Gemeinschaft.
- Pfingsten: der Tag des gemeinsamen Handelns, des Aufbruchs, der Ermutigung.
Auch der Buß- und Bettag ist so ein Tag: Der Tag, an dem wir miteinander an das denken, was wir falsch gemacht haben, was das Verhältnis zu Gott, zu Mitmenschen und uns selbst stört.
Es geht nicht darum, was andere sagen, was ich schlecht mache. Es geht darum, in sich hineinzuhören:
- Wo läuft bei mir was schief und warum?
- Kann ich es abstellen?
- Muss ich auf andere zugehen?
- kann ich das alleine? Muss ich das mit Gottes und der Menschen Hilfe?
- Muss ich etwas grundsätzlich ändern?
Für Christen ist ursprünglich nicht Silvester der Jahreswechsel, sondern das christliche Jahr beginnt mit dem 1. Advent. So ist der November im Grunde der – im übertragenen Sinn – Neujahrsabend, an dem manche überlegen: Was war gut, was war schlecht, was will ich ändern?
Der christliche Buß- und Bettag zeigt mir: Ich kann mich ändern – mit Gottes Hilfe.
Das fällt alles leichter, wenn es ritualisiert ist, wenn alle Menschen in diesen Sog der Selbsterkenntnis hineingenommen werden. Riten sind freilich nicht immer gut, sie sind es dann nicht, wenn sie abflachen, wenn man nur so handelt, weil alle so handeln. Aber wenn sie ernst genommen werden, können sie das Leben des einzelnen Menschen sehr erleichtern.
Wir haben den Buß- und Bettag-Ritus heute in vielen Bundesländern nicht mehr. Warum? Weil mehr gearbeitet werden soll – und weil Kritik nicht so gerne gesehen wird? Weil wir denken, wir müssten alte Errungenschaften abwerfen und alles neu machen? Werden darum werden rituelle Tage immer stärker abgelehnt oder verflachen? Von daher haben wir es uns heutzutage als Gesellschaft schwerer gemacht.
Und so ging es seit dem 19. Jahrhundert auch noch um etwas anderes mit dem Buß- und Bettag: Es geht nicht nur um die persönliche Neubesinnung, es geht auch um gesellschaftliche Neubesinnung.
- Was läuft in unserer Gesellschaft und Politik falsch?
- Was muss sich ändern?
- Wie steht es um Moral, Ethik, um allgemeines Verhalten der Gesellschaft und persönliches Verhalten?
Und so war der Buß- und Bettag ein Tag, an dem Menschen aus christlicher Perspektive ermahnt wurden, menschlich miteinander und mit sich selbst umzugehen.
Es ist also ein besinnlicher Tag gewesen, ein Tag des Novembers, an dem Trauertage vorherrschen, damit wir persönlich und gesellschaftlich Buße tun, über unser falsches Verhalten betend Reue zeigen, um neu anfangen zu können. Der christliche Glaube bietet die Möglichkeit des Neuanfangs. Durch Jesus Christus wurde uns vergeben, wir sind frei. Frei zu einem Leben nach Gottes Willen. Aber auch frei, seine eigenen Fehler mutig zu erkennen, sie auch im Gebet zuzugeben – eben weil wir auch um die Befreiung durch Jesus Christus wissen.
So beklagen wir einerseits an diesem Bußtag, was persönlich und gesellschaftlich falsch läuft – und versuchen einen Neuanfang mit Gottes Hilfe: Ich mit mir selbst, in meinem persönlichen Umfeld – und wenn ich kann, im gesellschaftspolitischen Umfeld.
Und so möchte ich einladen, ein paar Minuten darüber nachzudenken, zu beten.
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