
Die Bezeichnung „Gottesbeweis“ erlangte erst im 18./19. Jahrhundert Bedeutung. Er wurde dann im 20. Jahrhundert massiv vor allem von Atheisten aufgenommen, um die „Nichtbeweise“ zu widerlegen (z.B. Dawkins: Der Gotteswahn). (Anders der mathematische Gottesbeweis von Gödel.) Der Grund: Deisten (1) – versuchten, eine Gottheit logisch und philosophisch zu postulieren.
Es geht den theologisch-philosophischen Denkern wie Anselm von Canterbury, Thomas von Aquin u.v.a. nicht um Beweise im naturwissenschaftlichen Sinn. Sie versuchten aus ihrer Zeit heraus logisch den christlichen Glauben nachzuvollziehen. So nennt Thomas von Aquin die später so genannten „Gottesbeweise“ die „fünf Wege zu Gott“. Anselm von Canterbury wusste, dass der menschliche Geist Gott nicht aufgrund des Denkens erfassen kann. Darum formulierte er seine Überlegungen in Form eines Gebetes. Der christliche Glaube versucht von Anfang an, den Glauben auch rational zu verantworten. Anselm nannte das: fides quaerens intellectum: der Glaube fragt danach, verstandesmäßig durchdrungen zu werden – und zwar aus der Beziehung zu Gott heraus. Die Frage, ob es einen Gott gibt, den man beweisen müsse, war dem Mittelalter fremd. Gott war eine feste Größe.
Für Glaubende ist es eindeutig, dass Gott nicht „bewiesen“ werden kann, da er kein Teil der Schöpfung ist. Wissenschaftlich zu bedenkende Objekte gehören nur der Natur / Schöpfung an. Glaube ist eine Frage der Beziehung zwischen Glaubenden und Gott. Christen fragen eher: Ist es „plausibel“, dass alles irgendwie durch Zufall entstanden ist? (Siehe unten)
Neuzeitliche Philosophen meinten, ihr Verstand könne Gott erfassen – das heißt: widerlegen. Anders dachte Kant. Er meinte, dass Gott der Theoretischen Vernunft nicht zugänglich sei. Darum widerlegte er rein logisch den ontologischen Gottesbeweis des Anselm von Canterbury, hat jedoch einen eigenen „Gottesbeweis“ vorgelegt. Er wusste, dass das kein „Beweis“ ist, sondern eine plausible Überlegung.
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Auf Aristoteles geht der Gedanke des „Unbewegten Bewegers“ zurück. Der Gedanke diente nicht dazu, Gott zu beweisen, sondern er wollte damit nur die Kausalität / den Ursprung von Bewegung begründen: Wie kann es sein, dass es etwas gibt, dass es Bewegung usw. gibt. Ohne Ursache kann es keine Bewegung geben. Aristoteles postulierte darum einen Beweger am Anfang von allem. Dabei geht es ihm nicht um eine personale Größe, also nicht darum, dass ein Gott bewiesen werden müsse.
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In islamischer Tradition spielen die Gottesbeweise eine andere Rolle als im Christentum. In muslimischer Tradition sollen sie die Richtigkeit des Korans bestätigen. Der Verstand versucht die Offenbarung nachzuvollziehen. Das ist bei aller relativen Freiheit im Denken bei Avicenna (Ibn Sina) und Averroes (Ibn Ruschd), beide waren Aristoteles-Fans, weitgehend der Fall. Ein typisches Beispiel stammt aus der Neuzeit von der islamischen Ahmadiyya. Hadhrat Mirza Bashir ud-Din Mahmud Ahmad: „Zehn Beweise für die Existenz Gottes“ basierend auf dem Koran. Es geht um Verifizieren, nicht um Falsifizieren. Über Gottesbeweise nachzudenken begann man, als muslimische Philosophen Spannungen zwischen griechischer Philosophie und Koran wahrgenommen haben.
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Gottes“beweise“ haben unterschiedliche Ausgangspunkte:
- Die Logik (Anselm von Canterbury)
- Beobachtungen aus der Natur (Thomas von Aquin)
- Menschliche Verhaltensweisen (Moral [Kant]; aber auch Sehnsucht nach Glück [vgl. Pascal], Suche nach Lebenssinn [Thomas von Aquin, Kierkegaard, Frankl], Wahrnehmung von Schönheit [vgl. Platon, Augustinus, Thomas von Aquin] usw.)
- Ursprung westlicher Wissenschaft: Schöpfung ist berechenbar, also kommt man dem Schöpfer auf die Spur, wenn man die Wunder der Welt berechnen kann (Gödel; viele Wissenschaftler)
- Im Islam: Konfrontation der griechischen Philosophie mit Aussagen des Korans: Die Wahrheit des Koran will bewiesen werden, weil er Allahs Wort ist.
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(1) Deisten: Philosophen (z.B. des 17./18. Jahrhunderts), die nicht an der christlichen Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus glaubten, sondern einen philosophisch begründeten Glauben an dessen Stelle setzten. Gott hat die Schöpfung in Bewegung gesetzt (vgl. Aristoteles) und sie sich dann selbst überlassen. Gott ist nicht mehr eine Größe, an die geglaubt und in der Kirche verkündet wird, sondern Gott ist ein Gedankenkonstrukt der Philosophie. Deisten waren eine Vorstufe zur modernen Gotteskritik. Einmal haben sie Gott vom Glauben gelöst, zum anderen haben sie sich einen „Gott“ ausgedacht. Der Religionskritiker Feuerbach hat in einem weiteren Schritt ausgeführt, dass nicht Gott die Welt / Menschen erschaffen habe, sondern die Menschen haben Gott erschaffen. Kurz: Philosophen (nicht Glaubende) wissen, was es mit Gott auf sich hat, wer Gott ist – bzw. dann später: dass kein Gott ist.
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