
Ganz enthusiastisch nennt der reiche junge Mann, der vor Jesus auf die Knie fällt, Jesus: guter Meister. Jesus weist diesen Enthusiasmus von sich und weist auf Gott. Das hatte der junge Mann, der sich als besonders fromm zeigt, nicht bedacht, dass er hier einen Fauxpas begangen hat. Jesus weist ihn dann – wie es seinem Glauben entspricht – auf die Gebote, die Menschen gelten. Nicht auf den ersten Teil des Doppelgebotes: Liebe Gott. Und das ist auch an dieser Geschichte spannend: Jesus betont die zwischenmenschliche Beziehung – nicht die Beziehung zu Gott. Wie in der Bergpredigt, in der ersten Antithese: Versöhnung geht vor korrekt vollzogenem Opfer. Der junge Mann ist nicht nur reich, trotz seiner erhobenen Stellung wirft er sich demütigend in den Staub, und er ist fromm. Jesus hat ihn begeistert, Jesus weiß, was ihm zu seinem Glück neben Frömmigkeit und Reichtum und Begeisterungsfähigkeit wirklich fehlt, was seine Unzufriedenheit nehmen kann, was seinem Leben Erfüllung bringt. Menschliches Miteinander in der Nachfolge Jesu. Diese zwischenmenschliche Beziehung, die Jesus wichtig ist, wird auch deutlich an dem, wie er die Beziehung zu dem jungen Mann aufbaut: Er blickt ihn an mit Liebe. Aber diese Liebe mutet dem jungen Mann eine Menge zu: Verkauf alles – gib das Geld den Armen – folge mir nach. Dieser liebende Blick wird auch den traurig davon gehenden jungen Mann begleiten. So lange er lebt: begleiten.
Das fasziniert mich an diesen kleinen Geschichten. Was für empathische Erzähler dahinter stehen. Man hätte sie auch ganz ohne diese kleinen besonderen Perlen erzählen können.
In der Geschichte geht es um Reichtum und loslassen vom Reichtum. Reichtumskritik ist für Jesus wichtig gewesen. Heute sehen wir, dass man nicht am Reichtum auch als Thema kleben bleiben darf – genauso wenig, wie man am Reichtum kleben darf. Der Text muss vielfältiger ausgelegt werden, weil Jesus auf jedes Individuum auf die ihn betreffende Weise eingeht. Vermutlich jeder hat etwas, an dem er klebt, das er nicht loslassen möchte, obgleich er weiß, dass es nicht gut ist, wenn er daran kleben bleibt. Das finden wir sehr schön in der Geschichte, in der Jesus von einer Frau mit sehr teurem Öl gesalbt wird. Nach den Vorwürfen, die fordern, das Geld den Armen zu geben, sagt er: Arme habt ihr allezeit bei Euch, mich nicht.
Natürlich kann die von mir dargelegte Sicht als Selbstrechtfertigung eines Reichen dienen. Aber die Konzentration auf Reichtum wäre gesetzlich reduzierend und die Geschichte würde für Arme belanglos sein.
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