Wenn man Dreck am Stecken hat, dann soll man es zugeben. Vor allem, wenn man Dreck am Stecken hat, was seine Kindheit und Jugend betrifft. Zugeben – eine alte christliche Bezeichnung: Seine Sünden bekennen. Dazu gehört allerdings auch das Vergeben. Wenn sich diese Sünden durch das Erwachsenenleben wie ein roter Faden durchzieht, sollte man Konsequenzen ziehen und für bestimmte Ämter nicht mehr zur Verfügung stehen. Wenn.
So einfach ist es heute wohl vielfach nicht, weil man als Zuschauer nicht weiß: Wer hat hier Dreck am Stecken. Sind Beschuldigungen politisch motiviert, um bestimmte Menschen loszuwerden? Dann ist Vergeben auch nicht mehr im Blick, weil man unbedingt will, dass der Beschuldigte stolpert und fällt, weil man ihm fachlich nicht beikommt. Sind sie psychologisch begründet in dem Sinn, dass man sich als „Opfer“ so manches wünschte, was nie eintrat, aber man es sich in bestimmten Lebensphasen erträumte, damit immer stärker „realisierte“? Manche wollen sich selbst entschuldigen, indem sie andere beschuldigen. Die menschliche Psyche ist hierin äußerst vielfältig.
Aber auch hier: Der Beschuldigte hat seine Tat verdrängt, tief vergraben, so dass er nicht weiß, was er getan hat, alkoholisiert die Sinne und das Schuldgefühl vernebelt wurde?
Wenn man freilich nichts getan hat, das die Beschuldigungen bestätigen würden, dann sollte man nicht klein beigeben.
Das Problem sind freilich solche öffentlichen Ämter: Wenn man als Unschuldiger nicht klein beigibt, sich zurück zieht, dann beschädigt man auch als Unschuldiger das Amt. Das ist das Perfide, wenn die Beschuldigungen politisch motiviert sind, wenn sie aus persönlichen Rachefeldzügen (Neid, Eifersucht, Spaß am Zerstören) stattfinden. Aber wenn dann die Opfer jedes Mal nachgeben, dann ist die Integrität der Gesellschaft gefährdet. Von daher darf man dem Bösen auch auf diesem Gebiet keinen Raum geben – auch wenn die Politisierten noch so krakeelen?
Worum es geht?: http://www.spiegel.de/politik/ausland/brett-kavanaugh-bei-fox-news-habe-niemals-jemanden-sexuell-belaestigt-a-1229858.html
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Missbrauch in der Kirche. Unbeherrschte Sexualität kann ein Gift sein, das ganze Gemeinschaften zerstören kann. Sexueller Missbrauch war immer da – wurde dann, wenn es auffiel bzw. kirchliche Gruppen eine Kehrtwende machen wollten, aufgedeckt. Man versuchte von Neuem zu beginnen, versuchte die Sexualität zu beherrschen. Und es rissen immer wieder sündige Verhaltensweisen ein, je nachdem, wie stark sie wurden – wenn sie geduldet wurden. In kirchlichen Kreisen versuchte man vielfach, dem Menschen, der in dieser Hinsicht schuldig wurde, einen Neuanfang zu ermöglichen.
Neuanfang ermöglichen ist gut, wenn es denn funktioniert. Wenn allerdings derjenige, dem ein Neuanfang ermöglicht wurde, erneut übergriffig, kriminell wurde, dann bricht dieses System zusammen. Hier beginnt dann, soweit ich sehe das Problem der Institution: a) Man hat diese Menschen, die andere erniedrigten, nicht immer von potentiellen Opfern fern gehalten; b) es ging irgendwann nicht mehr nur um den Schutz derer, die sich falsch verhalten haben, sondern um den Schutz der Institution, man fürchtete in einen schlechten Ruf zu geraten. Hat man nach der Zeit des Nationalsozialismus, durch die nationalsozialistischen Vorwürfe, dass Kirche sich durch Missbrauch selbst widerlegt, nicht gelernt, wie angreifbar man sich macht?
Soweit ich das sehe, muss die Kirche einen Weg finden, das Problem grundsätzlich anzugehen. Alles muss auf den Tisch, man muss einen Neuanfang versuchen, der allerdings nicht einfach sein wird, er wird von so manchen Steinwürfen derer begleitet werden, die sich als besonders rein und gerecht ansehen, Steinwürfen derer, die die Kirche fallen sehen wollen, Steinwürfe derer, die von eigener Schuld ablenken wollen – was allerdings schlimmer ist: Man kann dieses Versagen im Grunde nicht wieder gut machen, sodass man sich selbst mit Steinen traktiert. Trotz großer Schuld – wegen großer Schuld muss man einen Neuanfang beginnen. Sich auch durch sich selbst nicht entmutigen lassen.
Aber da kommt Kirche im Augenblick nicht drum herum. Und das ist auch gut so. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. wollte immer eine heilige Kirche, wollte, dass sich die Menschen auch im Sinne Gottes verhalten. Eine heilige Kirche kann erst in Angriff genommen werden, wenn eine Reinigung stattfindet, eine Reinigung im Sinne des Sünden-Bekennens, des Wieder-Gutmachens (so weit es irgend möglich ist), des Bekämpfens der Ursachen, der Entfernung aus den Ämtern derjenigen, die es förderten und duldeten. Die Entfernung aus den Ämtern – erst einmal vor allem als ein Selbstakt. Diese Chance muss jetzt ergriffen werden. Wir leben in einer Zeit, in der Gott der Kirche diese Erneuerung ermöglicht, denn kann sie in dieser Hinsicht tiefer fallen? Diese Erneuerung muss nicht nur am Kopf der Institution, sondern an den Priesterausbildungsstätten beginnen. Schlimm ist, dass all die Menschen, die Großartiges leisten, durch so ein Versagen mit in den Strudel hinabgezogen werden. Eine Erneuerung der Kirche ist auch um dieser Menschen Willen äußerst wichtig.
Das betrifft vermutlich nicht nur die Katholische Kirche. Die Evangelische Kirche sollte, wenn es dunkle Seiten geben sollte, bevor Medien das ans Licht holen, was man gerne im Verborgenen halten will (vgl. Wort Jesu), von der katholischen Kirche lernen: a) wie man es nicht macht, b) wie man es machen sollte.
Es geht ja nicht allein um Missbrauch von Kindern. Sondern um die Frage der Sexualität überhaupt. Wieweit beherrscht sie die Menschen auch der Kirche, statt dass sie von den Menschen in der Kirche beherrscht wird?
Eine Schwierigkeit, vor der man noch steht ist die 68ger Zeit. In dieser Zeit hat man die Sexualität als eine Macht interpretiert, die Menschen befreit. So umfassend befreit, dass sie sogar Kriege verhindern soll: Make love not war. In dieser Zeit der Ideologisierung der Sexualität sind auch viele der Kirche diesem Modestrom gefolgt. Viele, die sich dagegen wandten (z.B. Christa Meves) können Horrorlieder darüber singen, wie sie von den Sexualität-Ideologisierern angegangenen wurden. Wie gehen wir heute mit diesen um, die vollkommen unchristlich Sexualität als Weltretterin angesehen haben, und aus diesem Grund schuldig geworden sind?
Kirchen sollten davon lernen: Dem Zeitgeist folgen ist gefährlich – er kann sich auch ändern, und dann sitzt man in der Falle. Von daher: Gottes Willen tun, ihn suchen und dann tun, dürfte so manchen schützen – wenn er denn nicht Sklave der Sexualität geworden ist.
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