Am Beispiel der Mitglieder der Weißen Rose und deren Umfeldes wird in diesen „Theodizee“ Abschnitten dargestellt, dass es nicht die eine Antwort auf die Theodizee-Frage gibt. Es gibt die Antwort, die sich der jeweilige Mensch in einer Situation der Not bzw. seines Lebens erkämpft hat. Der Mensch ist vielfältig – und so gibt Gott auch auf vielfältige Weise Trost und Hilfe, wenn der Mensch für sie offen ist. Diese Hilfe, dieser Trost ist allerdings vielfach nur durch ein Ringen mit Gott zu erlangen, weil der Mensch auch gegen sein Gottesbild kämpft und die Spannung zwischen seinen Wünschen und den realen Grenzen ausfechten muss. Die Abschnitte des Blogs zum Thema wurden hier zusammengeführt: http://evangelische-religion.de/theodizee-sophie-scholl.html
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Hans Leipelt (*21.7.1921) hat in München studiert als er an das 6. Flugblatt der Weißen Rose gelangt war. Er hat es dann mit Marie-Luise Jahn nach der Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst mit der Überschrift versehen: „… und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“ Sie brachten es nach Hamburg, vervielfältigten und verteilten es dort. Er sammelte zudem mit anderen Geld für die Witwe von Kurt Huber, wurde denunziert, am 8.10.1943 verhaftet, verurteilt und am 29. Januar 1945 hingerichtet. Seine Mutter, Katharina Leipelt, war Jüdin und wandte sich laut Alt dem Christentum zu und war „tiefgläubig“. Auch sie wurde verhaftet und nahm sich – zumindest lautet das offiziell so – das Leben (9.12.1943), nachdem sie erfahren hatte, dass sie nach Auschwitz deportiert werden sollte. Was Hans Leipelt mitgeteilt worden war.
Während seines Gefängnisaufenthaltes hat er sich intensiv dem christlichen Glauben zugewendet. Wie er selbst sah, gab ihm der Gefängnisaufenthalt die Möglichkeit, mit Gott allein zu sein. Das habe er gebraucht. Zu seinem letzten Abendmahl wählte er aus Lukas 21 den Text aus, in dem Jesus spricht:
Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so sehet auf und erhebet eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung naht. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Sehet an den Feigenbaum und alle Bäume: wenn sie jetzt ausschlagen, so sehet ihr’s an ihnen und merket, daß jetzt der Sommer nahe ist. Also auch ihr: wenn ihr dies alles sehet angehen, so wisset, daß das Reich Gottes nahe ist. Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.
Als Lieblingslied betete er: Die auf der Erde wallen,/die Sterblichen sind Staub… Ich habe es im Internet nicht gefunden. In dem Gesangbuch der Landeskirche Hessen von 1924 wird es noch genannt. Ich werde es hier nicht hineinsetzen – aber nur ein paar Aspekte daraus zum Thema Theodizee nennen: Menschen sterben. Gottes Kinder gehen getrost den Weg in den Tod: „Herr über Tod und Leben, / o dann verlaß mich nicht.“ Die letzten drei Strophen:
Hilf, Todesüberwinder
hilf mir in dieser Angst,
der du zum Heil der Sünder
selbst mit dem Tode rangst;
und wenn des Kampfes Ende
gewaltiger mich faßt,
nimm mich in deine Hände,
den du erlöset hast.
Des Himmels Wonn und Freuden
ermißt kein sterblich Herz;
o Trost für kurzes Leiden,
für kurzen Todesschmerz!
Dem Todesüberwinder,
sei ewig Preis und Dank;
Preist ihm, der für uns Sünder
den Kelch des Todes trank!
Heil denen, die auf Erden
sich schon dem Himmel weihn,
die aufgelöst zu werden,
mit heilger Furcht sich freun!
Bereit, es Gott zu geben,
wenn er, ihr Herr, gebeut,
gehn sie getrost durchs Leben
hin zur Unsterblichkeit.
In dem Buch von Alt finden wir auch den Abschiedsbrief, den Hans Leipelt seiner Schwester Maria (die am 9.11.1943 verhaftet worden war, aber am 14. April 1945 in Bayreuth von der US Armee befreit wurde) geschrieben hat. Daraus folgender Auszug:
Und doch, Liebes, bleibst Du nicht allein zurück. Abgesehen davon, daß ich gute Menschen weiß, die nach dem Kriege ihr Möglichstes tun werden, Dich zu finden und Deine Existenz zu sichern, bleibst Du in der Hand Gottes zurück, in der ich Dich getrost lasse – hält er uns doch alle in seiner Hand, schützt und erhält uns, und wo er uns diesen Schutz, diese Erhaltung zu versagen scheint, muß uns doch auch das, und gerade das, zum Besten dienen. Dieses Zutrauen zu ihm dürfen, ja müssen wir haben, auch wenn wir seine Wege einmal nicht verstehen und vielleicht sogar hart finden. Ich bitte Dich, und werde in diesen letzten Stunden für Dich darum beten, daß Du Dir dieses Vertrauen zu Gott Dein ganzes Leben lang erhalten möchtest. Sei meinetwegen nicht traurig, wenn Du kannst, und jedenfalls unbesorgt. Ich fühle im wahrsten Sinne des Wortes göttliche Ruhe in mir und sterbe ohne Angst in der Hoffnung auf Gottes Vergebung, die mir freilich bitter notwendig ist, bedenke ich, in wie schwerer Weise ich mich an ihm versündigt habe.
Literatur:
Marie-Luise Schultze-Jahn: „… und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“ Widerstand im Zeichen der Weißen Rose, Metropol Verlag 2003 (Bibliothek der Erinnerung, Hg.v. Wolfgang Benz 10)
Karl Alt: Überschreiten von Grenzen. Strafgefängnis von München-Stadelheim zwischen 1934-1945, Verlag Ökologie&Pädagogik 1994 (Überarbeitete Neuauflage von Karl Alt: Todeskandidaten, 1946)
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