Ich habe eine Seite entdeckt, in der erotische Darstellung aus aller Welt und zu allen Zeiten zu finden sind: Skulpturen, Zeichnungen, Gemälde, Fotos.
Und diese geben zu denken:
Was ändert sich? Kleidungen und Haarpracht, das räumliche Umfeld (Zimmer, Zimmerschmuck, Aushäusig…) – was sich nicht ändert ist das Interesse an detaillierter Darstellung der Sexualorgane und der jeweiligen Praktiken.
Und so fällt einem auf, dass auf Zeichnungen und als Skulpturen, das Individuum keine Rolle spielt. Menschen sind schematisch dargestellt – mit zum Teil grotesken Größen der jeweiligen Geschlechtsmerkmale.
Das ändert sich mit Gemälden – da wird dann die jeweilige Person mit Gesichtern deutlich – und das vor allem dann mit Hilfe der Fotos. Hier findet man dann nicht mehr so sehr schematische Darstellungen, sondern – man mag es mir verzeihen: Die Geschlechtsorgane bekommen ein individuelles Gesicht, wie auch sie selbst individueller sind.
Mit den alten Zeichnungen handelt es sich um Kopfgeburten. Mit den Fotos handelt es sich um reale Menschen. Bei den Kopfgeburten konnte man seine Phantasie ausleben ohne Rücksicht auf die Menschen. Bei den Fotos musste man Menschen finden, die die Wünsche der Fotografen umsetzen – was ein großer Unterschied ist.
Der Mensch ist möglicherweise das einzige Wesen, das anders als Tiere nicht mit der aktuellen Triebbefriedigung mit einem einzigen seinesgleichen zufrieden ist, sondern außerhalb der aktuellen Triebbefriedigung Bilder benötigt, Kopfkinos ablaufen lässt – was vermutlich auch eine Folge der gesellschaftlichen Sanktionen ist, und diese wiederum sind Teil der Kultur: Alles, was der Mensch mit dem Tier gemeinsam hat, wird durch Kultur geadelt: fressen/essen, saufen/trinken, Höhlen/wohnen, Waschen/Hygiene, Nacktsein/Kleidung – und er setzt das, was er sieht, mag, schön findet auch häufig in Bilder um. Warum? Zu all dem gehört eben auch die Sexkultur. Die Gesellschaft belegt ein Widerstreben gegen die kulturellen Errungenschaften mit Sanktionen: Wer nicht Messer und Gabel benutzt beim Essen und mit den Fingern isst, wird sanktioniert. Ebenso die Sexkultur. Gleichzeitig führt diese Kultur jedoch zu Phantasieprodukten und Versuchen, diese umzusetzen, die mit Kultur nicht mehr viel zu tun haben, zumindest aus meiner Perspektive, die unten begründet werden soll. Kultur bedeutet für mich eben: Das, was wir mit den Tieren gemeinsam haben, über das Tierische hinausheben, sich weiter entwickeln, sein Umfeld positiv zu gestalten. Der Mensch ist als soziales Wesen jedoch dazu in der Lage, das Positive bewusst ins Negative umzudrehen – und somit schlimmer zu werden als das Tier. Man denke zum Beispiel an Kriege – und an alles, was ein gutes Zusammenleben bewusst hintertreibt.
Die Frage, die sich beim Betrachten der Bilder stellt: die nach dem sozialen Miteinander. Wer konnte sich solche sexuellen Verhaltensweisen leisten? Es wird im Wesentlichen die männliche Oberschicht gewesen sein. Die nicht reichen Männer haben sich wohl eher in Bordellen mehr oder weniger schnell Befriedigung gesucht – was aber weniger mit Kultur zu tun hat. Ansonsten haben sie im Alltag vermutlich wie die Frauen auch eher um das Überleben kämpfen müssen: Nahrungsbeschaffung, Schlafraum, Überleben der Nachkommen. Und Frauen waren wohl, wenn sie nicht der betuchten und gelangweilten Oberschicht entstammten (sexuelles Miteinander unter Frauen), eher zur Zurückhaltung gezwungen. Welcher Schicht die Kopfgeburten-Frauen entstammen, ist gleichgültig, denn das findet ja alles nur im Kopf statt. Welche Frauen gibt es dann aber auf den frühen Fotos? Es waren Prostituierte, die sich vielfach (?) zu mehreren vor dem Fotografen und wohl auch nach den Vorstellungen des Fotografen sportlich abmühten.
Und damit sind wir auch beim religiösen Aspekt, der ja von dem sozialen Leben nicht zu lösen ist. Irgendwo in Israel hat man viele Knochen von Säuglingen gefunden – und man nimmt an, dass sie Kinder von Prostituierten waren, die nach der Geburt getötet wurden. Damit sind wir bei den negativen Seiten der Sexualität. Mit ihr ist Mord verbunden, mit ihr sind gesellschaftliche Spannungen verbunden (du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau…), mit ihr ist Unterordnung und Unterwerfung von Menschen – vor allem von Frauen und Kindern verbunden. Menschen müssen sich manchmal verkaufen, um überleben zu können, manchmal ist das alles auch mit Drogen verbunden (Alkohol und andere) und für sie nur mit Drogen zu verkraften. Was ist Würde des Menschen? Ist die Reduktion eines Menschen auf seine Sexualmerkmale mit der Würde des Menschen zu verbinden? Besteht die Sehnsucht des Menschen darin, dass er mit möglichst vielen Sexualpartnern Kontakt hat – oder sucht er nicht vielmehr Liebe, Verständnis, Geborgenheit, Ausruhen – verbunden mit sexuellen Erregungen?
Christliche Religion reagiert auf diese Sehnsucht nach Gemeinschaft und wahrer Gemeinschaft: Mann und Frau, die eine sexuelle Beziehung haben, sind ein Leib, sie haben einander zu respektieren, sie können sich aufeinander verlassen, einander vertrauen (Jesus: nicht Ehe brechen und nicht Ehe scheiden). Und diese Forderungen scheinen den menschlichen/männlichen (?) Bestrebungen vollkommen zu widersprechen. Und damit ist die Sexualität eben nur ein Aspekt unter vielen. Dass alle Menschen Würde haben – das widerspricht den Machtgeilen und Geldgeilen, dass man teilen soll, ebenso, dass man nicht gewalttätig werden darf – das widerspricht denen, die meinen, sie seien besser als andere, sie hätten das Recht dazu – aus welchen Gründen auch immer. Wie bewusstes asoziales Verhalten denjenigen, der sich entsprechend verhält, selbst entwürdigt, so auch bewusstes Hintertreiben der bislang erreichten SexualKultur.
Christlicher Glaube setzt eigene Akzente. Und Christen sollten, so sie sich als Menschen ansehen, die Jesus Christus folgen, auch diese christlichen Akzente leben. Sie entsprechen dem Willen Gottes. Eigene Vorstellungen mag man als Gottes Willen interpretieren, weil einem der Trieb das befiehlt – und religiöse Haltung fällt nicht selten dem Trieb zum Opfer – aber man sollte sich klar sein: Was Gott will – was er nicht will. Und wenn ich gegen seinen Willen handeln möchte, dann soll ich es nicht als Gottes Willen verbrämen sondern entsprechend bewusst sagen: So, jetzt will ich gegen Gottes Willen handeln. Und damit auch die Verantwortung übernehmen.