Käßmanns Bonmot – sinnfreies Geblubber

Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter – oder es bleibt wie es ist.

Das politisiert ausgedrückt: Wenn einer nur deutsche Vorfahren hat – weht von dort der braune Wind (sieht man an der AfD) – oder eben auch nicht (sieht man an Käßmann).

Das heißt, es war – wenn ich das richtig interpretiere samt den nachfolgenden apologetischen Aussagen – es war sinnfreies Geblubber (wenn man von der Seite ausgeht, die diese Bibelarbeit veröffentlicht hat, s. unten).

Ist sinnfreies auch sinnloses Geblubber? Nein, denn die begeisterten Klatscher zeigen, dass auch sinnfreies Geblubber nicht sinnlos ist, sondern die Kraft hat, Menschen zu emotionalisieren. Die Folgen? Die Gleichgesinnten werden zusammengeschweißt – man fühlt sich auch durch sinnfreies Geblubber verstanden. Diejenigen, die nicht so denken, die werden ausgegrenzt und aus ihrer Sicht diffamiert, weil das ja kein Argument ist, sondern nur sinnfreies Reden.

Sinnfreies Geblubber kann also emotionalisieren – und das muss nicht ohne Folgen bleiben.

Weitere Folgen von sinnfreiem Geblubber: Gegner von Christen werfen Christen eben vor, sie würden sinnfrei blubbern. Als Theologe bzw. Theologin sollte man diesem Vorwurf nicht auch noch Nahrung geben.

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Und wenn man dann noch die türkische Familie dazu nimmt, die deutsch ist – denn ist es dazu auch noch unlogisch – wenn man sie aufgrund der Formulierungskünste in die Nähe der AfD rückt – es aber natürlich nicht so meint, sondern sagen wollte, dass es auch gute Deutsche gibt, eben solche mit ausländischen Wurzeln, denen nicht brauner Wind nachzusagen ist – ohne allerdings zu sagen, dass deutsche Eltern nur Braunwinder sind.

Käßmann verwies darauf, dass selbst sie als mehrfache Großmutter bereits türkischstämmige Mitschüler gehabt habe. Diese seien mittlerweile deutsche Eltern von deutschen Kindern.

Dabei kommen einem freilich sofort in den Sinn einmal der Artikel in spiegel-online über Zugereiste, die die AfD wählen und die türkischen Grauen Wölfe bzw. die ErdoganFans. Das ist alles kein deutscher brauner Wind – aber manche Winde haben viele Gemeinsamkeiten.

Sie kennt wohl diese türkische Familie, die Nachfahren derer, die mit ihr in der Schule gewesen sind, sehr genau – und zieht diese durch das sinnfreie Geblubber mit in die Öffentlichkeit – allerdings nicht negativ. Was für die Familie dennoch nicht so prickelnd sein dürfte, wenn es sie denn gibt und nicht rhetorisch herbeigezaubert wurde.

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Grundlage meiner Darlegung: https://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse-und-medien/nachrichten/2017/05/2017_05_26_2

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Kurz gesagt: Ich finde das alles äußerst spannend, wenn es auch für alle Beteiligten selbst äußerst anstrengend sein dürfte.

  • Spannend finde ich es, weil es dazu zwingt, über das nachzudenken, was man selbst sagt:
  • Ist das, was man sagt sinnfreies Geblubber?
  • Können andere den Eindruck haben, dass es ein solches ist?
  • Wie gehe ich verantwortlich mit Sprache um, um ein solches möglichst auszuschließen bzw. möglichst zu vermeiden, dass das, was ich sage, als sinnfreies Geblubber interpretiert werden kann?
  • Wo diffamiere ich politische Gegner durch Emotionalisierung?
  • Baue ich Brücken, statt Gruppen zu trennen, indem ich eine Gruppe gegen andere zusammenschweiße?
  • Das heißt nicht: kuschen. Das heißt: Kritik so gut es geht argumentativ, sachlich vorbringen.

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Diese Aussagen von Käßmann wurden im Rahmen einer Bibelauslegung gemacht. Thema:

Die evangelische Theologin nahm den Bibeltext aus dem Lukas-Evangelium über den Besuch der mit Jesus schwangeren Maria bei der mit Johannes dem Täufer schwangeren Elisabeth auch als Beleg für den Wandel der Rolle der Frau.

Daraus kann man schließen:

Wer in allem die AfD sieht, sogar in Bibeltexten, der muss auch wirklich Angst vor dieser kleinen Partei haben, weil er sie ganz groß macht. Und dass der Geist der AfD wichtiges Thema der Bibelauslegung war, wurde zumindest von dem, der diesen Käßmann-Beitrag ins Netz gesetzt hat, so empfunden. So heißt es gleich zu Beginn:

Die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann hat in einer Bibelarbeit auf dem Kirchentag in Berlin die AfD angegriffen.

Da kann man als Seelsorger nur sagen: Leute, habt doch keine Angst vor der AfD! Angst ist ein schlechter Ratgeber, wie man sieht.

Man muss auch keine AfD in die Auslegung eines wunderbaren neutestamentlichen Textes einbringen. Leider wird in dem Beitrag nicht gesagt, was nun das wesentliche geistlich-spirituelle Ergebnis dieser Bibelarbeit war (Upps: Oder war das Dargelegte das spirituelle Ergebnis?). Dafür wird aber ein anderes Ergebnis mitgeteilt:

In nur einem einzigen biblischen Kapitel gibt es hier zwei Reden von Frauen! Das ist mehr, als mancher Theologenkongress heute zu bieten hat“, rief Käßmann aus. Marias Rede über den Sturz der Mächtigen und die Erhöhung der Niedrigen sei geradezu ein „Revolutionslied“. Sie halte Frauen allerdings nicht für die besseren Menschen, sagte Käßmann. Das machten die „Hetztiraden von Alice Weidel oder Marine le Pen“ deutlich. Sie rief Männer und Frauen gleichermaßen auf, „widerständig zu sein gegen Rassismus, Sexismus, Hetze gegenüber den Schwachen“.

Was kann man auch sagen?: Gott handelt wunderbar zu seiner Zeit – das bezeugt Lukas mit dem Text. Damit ist der spirituelle Reichtum nicht erfasst – aber den kann sich nun jeder und jede selbst erarbeiten: https://www.bibleserver.com/text/LUT/Lukas1

Impressum http://www.wolfgangfenske.de/

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