Keine Judenmission – aber behutsames Christuszeugnis + Messianische Juden + Integrationspapier

Das ist eine gute Haltung, die in der EKD-Synode die Oberhand gewonnen hat: Judenmission wird abgelehnt – aber dass das Christuszeugnis auch Juden nicht vorenthalten wird – wie Juden auch den Christen ihre Glaubenserfahrung mitteilen -, wird auch ausgesprochen: http://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/detailansicht/aktuell/ekd-zur-judenmission-weil-gott-treu-ist-98254/ Es wird in dem Papier selbst nur vorsichtiger formuliert:

In der Begegnung mit jüdischen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern haben wir gelernt, einander gleichberechtigt wahrzunehmen, im Dialog aufeinander zu hören und unsere jeweiligen Glaubenserfahrungen und Lebensformen ins Gespräch zu bringen. Auf diese Weise bezeugen wir einander behutsam unser Verständnis von Gott und seiner lebenstragenden Wahrheit.

Ich weiß nur nicht so genau, wen sie sich unter Gesprächspartner vorstellen: Ist da der öffentliche jüdisch-christliche Dialog gemeint – oder jede Begegnung zwischen Juden und Christen? Aber da der Glaube nicht etwas ist, das Christen anknipsen oder ausknipsen können, sondern eine Lebenseinstellung, so wird hoffentlich auch von der EKD jeder Christ im Blick sein und nicht nur der besonders für den Dialog installierte Amtsträger.

An dem pro-medienmagazin Artikel fand ich gut, dass er die Ablehnende Haltung gegen messianische Juden ablehnt. Sie sind Brüder und Schwestern in Christus. Diese finden in der EKD-Erklärung leider keine Erwähnung: https://www.ekd.de/synode2016/beschluesse/s16_05_6_kundgebung_erklaerung_zu_christen_und_juden.html Nun denn – das Verhältnis ist auch kompliziert: Kirchen dürfen Messianische Juden nicht vereinnahmen, darum auch nicht in deren Namen sprechen, zum anderen gehören sie in den Dialog der Kirchen mit den Juden auch nicht hinein. Mit den messianischen Juden haben wir es mit einer eigenen Größe zu tun – und die sollte auch einmal so langsam in den Blick unserer Kirche rücken. Vielleicht findet man ja auch ihnen gegenüber einen so ausgewogenen positiven Text.

Was aber den gesamten Text betrifft: Spricht die EKD für sich oder für alle Christen – weltweit? Ich denke: für sich. Und als Christen Deutschlands sollte man sich wirklich mit Judenmission zurückhalten. Oder sollen nur Heidenchristen sich zurückhalten – aber Judenchristen dürfen missionieren? Wie entscheiden andere Christen weltweit? Spannend.

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Wichtig finde ich, dass dieser Passus auch eingefügt wurde:

Wir sehen uns vor der Herausforderung, unser Verhältnis zu Gott und unsere Verantwortung in der Welt auch von unserer Verbundenheit mit dem jüdischen Volk her theologisch und geistlich zu verstehen und zu leben. Wo in Verkündigung und Unterricht, Seelsorge und Diakonie das Judentum verzeichnend oder verzerrt dargestellt wird, sei es bewusst oder unbewusst, treten wir dem entgegen. Wir bekräftigen unseren Widerspruch und unseren Widerstand gegen alte und neue Formen von Judenfeindschaft und Antisemitismus. Das Miteinander von Christen und Juden ist vielmehr ein gemeinsames Unterwegssein in der Verantwortung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Hier noch einmal der Link zu dem gesamten Text: https://www.ekd.de/synode2016/beschluesse/s16_05_6_kundgebung_erklaerung_zu_christen_und_juden.html

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Das Integrationspapier geht meines Erachtens an der Situation in unserem Land vorbei: https://www.ekd.de/synode2016/beschluesse/s16_02_10_beschluss_motor_der_sozialen_erneuerung.html . Der Aspekt: „Integration ist ein Prozess auf Gegenseitigkeit“ wird betont. Das ist unrealistisch und auch nicht wünschenswert – es ist im Grunde warme, wohltuende Luft. Die Menschen, die in unser Land flüchten, die merken, was sie hier haben, im Gegensatz zu ihrem Heimatland, die wollen sich integrieren. Und es ist kaum realistisch zu denken, dass sich die Mehrheitsbevölkerung dazu bringen lässt, sich den Vorstellungen der Zugereisten anzupassen (welcher? Der Hindus? Der Muslime? – Der Muslime welcher Couleur, welchen Landes? – Wie sollte eine solche Anpassung aussehen? Oder doch lieber an die Schintoisten, an Japaner oder chinesischer oder buddhistischer Tradition? Alles zusammen? (Was absurd ist.)).

Dass man offen ist für viele Aspekte, die Zugereiste mitbringen, das muss selbstverständlich sein, man muss aber auch Integrationswillen erwarten. Insgesamt wird in dem Papier zu sehr betont, dass sich die „Einheimischen“ genauso zu verändern haben wie die Zugereisten. Und das halte ich für nicht weiterführend, sondern für einen unrealisierbaren Traum. Das bedeutet allerdings nicht, dass so manche Forderungen dieses Papiers nicht sinnvoll sind – und auch schon im Blog gefordert wurden. Aber diese Einschübe, die gegenseitige Integration fordern, halte ich für warme Luft.

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Was das Europa-Papier betrifft: Überwiegend d´accord – aber es gibt da einzelne Formulierungen, die in der Kürze nicht akzeptabel sind, so der Seitenhieb auf die Banken. Die Banken, man mag zu ihnen stehen wie man will, aber sie taugen als Feindbild nicht, da sie lebensnotwendig für unsere Gesellschaft sind. Sie müssen nur diszipliniert werden. Aber sie zu disziplinieren scheint mir nicht die Hauptaufgabe. Die Wirtschaftspolitik insgesamt muss auf Dauer reformiert werden. Ich schrieb neulich darüber. Und ich sehe auch den immensen Reichtum mancher Einzelpersonen als unangemessen und sozial unverträglich an. Oder die aus Medien übernommene Aussage ist auch irgendwie sonderbar: „Die jungen Menschen in Großbritannien haben mehrheitlich für den Verbleib in der Europäischen Union gestimmt…“ – das ist so eine undemokratische Phrase. Denn Jugend hat nicht gewichtigere Stimmen als Nichtjugend. Und diese Phrase wird nur eingebracht, weil man vom Wahlausgang enttäuscht ist. Und das hat in so einem Papier, das politisch sein will, nichts zu suchen, Auch ich bin für ein geeintes Europa – aber sieht mein geeintes Europa so aus wie das des EKD-Papiers? Das heißt, es ist nicht besonders hilfreich, was da so formuliert wird. Es ist auch hier nur heiße Luft. Insgesamt wird viel gefordert.

Angesichts all dieser Forderungen, die zum Teil auch meine sind, ist nun interessant zu fragen: Was ist nun das spezifisch Christliche daran? Es ist im Grunde eine politische  Erklärung, die auch von einer der großen Parteien kommen könnte. Man mag sagen: Der christliche Geist dahinter erweist es als christlich – aber dieser Geist ist sehr politisch orientiert, und dass der christliche Glaube sich auch expressis verbis einbringt, indem er sein Handeln auf Jesus Christus baut oder darauf, als christlicher Glaube zur Umkehr zu Gott aufzurufen, das ist nicht zu erkennen. Punkt 30 ist ein wenig vom Heiligen Geist die Rede, dann auch in 31 von Jesus Christus, auf den die Kirche hört, indem sie dieses parteipolitische Papier formuliert. Das ist nicht genug. Es sind Wünsche, die wohl jeder Mensch guten Willens unterschreiben kann – aber eben in der Realität aus Verantwortung anders füllen muss.

Damit möchte ich nicht sagen, dass man seine Träume nicht formulieren darf und vielleicht auch muss, um andere mitzureißen. Aber was ist mit denen, die aus Verantwortung andere Wege gehen müssen? Diese müssen auch wissen, dass die Kirche sie unterstützt. Denn all diese politischen Wirren erfordern Entscheidungen, die nicht so allgemein paradiesisch sind. https://www.ekd.de/synode2016/beschluesse/s16_04_4_kundgebung_schwerpunktthema_europa_in_solidaritaet.html

Impressum http://www.wolfgangfenske.de/

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