Unpolitische KünstlerInnen

Zu Recht wird kritisiert, dass Künstlerinnen und Künstler sich politisch äußern müssen: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/muessen-kuenstler-politisch-sein-sibylle-berg-kolumne-a-1107189.html

Sicher, es gab die Zeit, in der Künstler den Sinn ihrer Kunst darin sahen, politisch Stellung zu nehmen und die Welt zu verändern. Es war die Zeit, in der jeder und jede politisch sein musste, weil politisch Sein zum Letzten Mode-Schrei gehörte. Und solche politischen Künstler hatten wir viele. Nicht nur die bekannten Böll, Grass, Frisch… sondern auch jeder unbekanntere Künstler musste sich politisch äußern, wenn er ein wahrer Künstler sein wollte.

Heute beobachte ich Künstler, die versuchen, eine Nische in der Kunst zu finden, damit sie wahrgenommen werden.  Sie versuchen, ihren Stil zu finden. Und es gibt Künstlerinnen und Künstler, die ihren Stil gefunden haben und mit ihrer Kunst gesellschaftspolitisch tätig sind, nicht so sehr mit Artikeln.

Früher hat man gesagt: Auch unpolitische Kunst ist politisch, weil sie den Kapitalisten mächtig macht, indem man ihn nicht bekämpft.

Ich würde das anders formulieren: Unpolitische Kunst dient der Polis, indem sie nach dem Ausdruck des Individuums sucht, sich ästhetisch wiederzugeben, indem sie Emotion darstellt, indem Sehnsüchte und Träume Wort bzw. Bild bzw. Foto werden, … – und das ist nicht nur eine Frage des Individuums, sondern ein Individuum ist immer Teil einer Gruppe. Der Mensch ist mehr als ein Sozialpolitiker. Dass Kunst heute so differenziert ist, ist schön. Politisierende Einheitskünstler können wie ideologische Monokulturen furchtbar langweilig sein.

Und nun das „Aber“. In dem oben kritisierten Artikel aus der NZZ http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/behaebige-intellektuelle-wie-gut-es-der-schweiz-geht-sieht-man-an-ihrer-harmlosen-kultur-ld.108855 werden schweizer Verhältnisse dargelegt – und diese werden mit denen anderer Länder verglichen: Künstler gegen Trump (Moore, Sarandon), Künstler, die auf den islamistischen und anderen Terror eingehen (Enzensberger, Houellebecq). Künstler müssten immer wieder irritierende Zwischenrufe machen, diskursiv sein – angesichts der Probleme der Zeit.

Das ist auch richtig – aber nicht richtig ist es, das von Künstlern zu verlangen. Auch politische Kunst muss aus dem Inneren heraus kommen. Sonst wirkt sie gekünstelt und oberflächlich, parteipolitisch, gar ideologisch. Hört dann jemand zu?

(Am Rande: Nach dem Messer- und Feuerangriff in einem Zug in der Schweiz liest man auch den Artikel anders.)

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