Mit den Werten ist das so eine Sache. Jeder hat so seine Werte, so denken manche. Und diese Werte sind nicht fest. Mal macht man dies, mal das, man passt die werte seinen Lebensumständen an. Doch dann gibt es Ereignisse, die da innehalten lassen.
Anderer Aspekt: Unsere Gesellschaft kann keine Werte bieten. Alles wird in Frage gestellt. Nur diese Werte nicht: Gesundheit – kaufe, was das Zeug hält, damit du gesund bleibst, und: Habe Arbeit, damit du Geld hast, alles zu kaufen, was du willst oder aber auch, damit du die Karriereleiter aufsteigen kannst.
Nun haben wir also keine festen Werte. Und wir haben den Konsum und Karriere als Werte. Was ist nun, wenn Konsum und Karriere als Werte wegfallen? Sei es, weil ich keine Arbeit finde, krank bin usw.?
Nun muss ich etwas finden, worum es sich zu leben lohnt. Da werden dann Muslime, die ehemals ihrer Religion freier gegenüberstanden wieder zu strengen Muslimen, Nichtmuslime werden Muslime oder Nationalisten oder Nationalsozialisten oder neigen sich dem Liberalismus bzw. dem Kommunismus oder dem Anarchismus – auf welcher Ebene auch immer zu. Christen werden sie eher nicht, da das Christentum zwar Werte hat, aber keine gesetzliche Religion ist und dem Individuum aus der Beziehung zu Gott viel Freiheiten lässt – und der Grundmaßstab ist so etwas Abstraktes wie: Liebe. Das ist für Kampf bereite junge Männer und Frauen eher nicht so ihr Ding – auch wenn das mehr Mut kostet, als brachiales Auftreten. (Auch im Christentum gibt es gesetzliche Strömungen, die jedoch medial desavouiert wurden bzw. werden, so dass sie für so manchen an Reiz verlieren.)
Häufig wird gesagt: Die Islamisten sind keine Muslime, weil sie in ihrem Leben vor der Radikalisierung Drogen zu sich genommen hätten, mit dem Gesetz wegen diesem und jenem in Konflikt geraten seien usw. Sie haben aber im Koran den Sinn für ihr Leben gefunden, er gibt ihnen Rahmen und somit Halt. Auch wenn sie vormals kriminell geworden sind, so versuchen sie nun ihr Leben mit Hilfe des Koran und den Ahadith auf die Reihe zu bekommen. Darum müssen sie ja, wenn ich das richtig verstanden habe, Koran-Unterricht besuchen, den die IS veranstaltet, damit sie im muslimischen Glauben (wie die IS ihn versteht) fester werden. Die Frage, die sich stellt: Warum finden sie gerade im Islam ihr Zuhause? Einmal weil sie Muslime waren, zum anderen, weil der Koran und Scharia feste Regeln in die Hand geben.
Was befürchte ich nun für unsere Gesellschaft? Dass sie sich immer stärker extremisiert – und das in alle Richtungen. Denn Demokratie kann nichts Handfestes bieten. Sie ist zu lasch. Lässt allen Raum und den Individuen Freiheiten. Freiheiten, das musste schon der Apostel Paulus erfahren, machen Menschen Angst – und sie wollen sich wieder statt in Gott in Gesetzlichkeiten bergen. Sie suchen feste Maßstäbe, feste Werte, ob sie nun der Gesellschaft schaden oder nicht. Aber man hat seine Gruppe Gleichgesinnter, und die wird ja eh irgendwann die Welt beherrschen. Ich bin nur ein kleines Glied in der mächtigen Gruppe – aber ohne mich würde sie diesem Ziel nicht näher kommen.
Christen können diesem ideologischen Denken gegenüber frei sein: Gott wird sich durchsetzen – mit oder ohne mich. Er will mit mir seinen Weg der Liebe gehen – aber wenn ich partout nicht will, erwählt er sich andere Menschen. Gott wird sich durchsetzen – nicht ich muss ihn durchsetzen.
Warum nannte ich Liberalismus? Weil auch er ein -ismus ist, eine Weltanschauung. Dazu s.: http://blog.wolfgangfenske.de/2015/02/26/liberalismus-2/ und: http://blog.wolfgangfenske.de/2015/03/19/liberalismus-3/
und: http://blog.wolfgangfenske.de/2015/03/21/liberalismus-die-gedanken-sind-frei/
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