Ich habe das Buch von Joachim Bauer: Selbststeuerung. Die Wiederentdeckung des freien Willens (Blessing 2015) gelesen. Es ist ja schön, dass er sich von den Alten abgrenzt, die Zwang ausübten. Aber nicht gut ist, dass er seine Sicht als neu verkauft, obgleich sie eminent christlich ist.
Die “wahre Freiheit besteht nicht darin, einfach das zu tun, was man will, sondern darin, Herr seiner selbst zu sein, und nicht mehr Sklave der eigenen Triebe. Freiheit bedeutet, zu lernen, mit sich selbst und den anderen in einem Klima der Liebe statt in einer Dimension des Konflikts umzugehen.” (Allessandra Borghese: Mit neuen Augen. Mein Weg zum Glauben, Langen Müller 2005)
Freilich bringt das Buch von Bauer auch Neues, indem er versucht, Freiheit aus der Perspektive der neueren Forschung darzulegen. Aber man sollte doch so ehrlich sein, seine Sicht in die Tradition einzubetten – und dann zu sehen, wie diese alte Sicht neu begründet wird.
Vieles wird heute als neu verkauft, was eigentlich schon uralte christliche Tradition ist. Entweder hofft man, dass das keiner merkt, weil sich ein Teil der Gesellschaft vom Christentum entfernt hat, oder man möchte nicht irgendwie mit dem christlichen Glauben in Verbindung gebracht werden. Dass einer, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigt nicht auch im Rahmen der Beschäftigung auf den christlichen Glauben gestoßen sein sollte, ist kaum anzunehmen. Zudem: Wenn man die Alten erwähnt, dann sollte man auch so fair sein, nicht nur das Versagen bestimmter Zeiten darzustellen, sondern auch die guten Erkenntnisse.
Ich habe als Beispiel Borghese (https://de.wikipedia.org/wiki/Alessandra_Borghese) gewählt, um zu zeigen, wie allgemein ihr Denken in christlicher Tradition verankert ist. Man muss nicht irgendeinen verborgenen christlichen Theologen gelesen haben. Das gehört zur Allgemeinbildung und auch zur Grundlage unserer Kultur.
Auf diesen Schultern stehen wir. Manche mögen es verleugnen und meinen, sie hängen irgendwie freischwebend in der Luft. Pustekuchen. Wir stehen auf den Schulter der Alten – und dazu haben wir uns auch zu bekennen. Übrigens fängt nicht alles erst mit Freud an. Siehe Paulus Römer 7: http://evangelische-religion.de/freiheit.html
Freiheit ist Selbststeuerung, die gelingt. Ja. Christlicherseits ist freilich der Gottesbezug zu nennen. Aber wir leben nun mal in einer säkularisierten Zeit, und so mag man eben Gott streichen. Freiheit aus christlicher Perspektive bedeutet: Anerkennen der Grenzen, die Gott setzt. Für Bauer sieht es so aus, als gehöre zum freien Willen die Erkenntnis, dass man Grenzen hat.
Das Buch als solches ist lesenswert. Freilich: Das mit der Gesundheit, das stört mich – das ist zu reißerisch. Da sind wir inzwischen mit dem alten Christentum auch weiter .
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