Problem im Umgang mit dem Koran + Muslime Deutschlands

Ich trete immer für eine neue Koran/Ahadith Hermeneutik ein. Das Problem ist, dass man Mohammed als Menschen der Vergangenheit sehen muss, der in seiner Zeit gewirkt hat, aber darüber hinaus nur eine beschränkte Wirkung hat. Das ist leicht möglich, weil Mohammed ja von Muslimen nicht wie Jesus Christus verehrt werden soll. Schwieriger wird es, den Koran als Wort Allahs zu beschreiben, das streckenweise nur für die Zeit Mohammeds galt.

Doch beides ist für viele Muslime nicht annehmbar. Mohammed ist ein ganz besonderer Mensch (wird von Muslimen rituell mehr verehrt als der Gottessohn Jesus Christus von Christen) – und der Koran ist Allahs ewig geltendes Wort. Das heißt: Nichts, aber auch gar nichts gilt nur für die Zeit Mohammeds, sondern das gilt allezeit und aller Welt.

Leuten, die das sagen, wird von manchen Muslimen vorgeworfen, sie seien fundamentalistischer als die Islamisten. Und da frage ich mich: Wie wollen liberalere Muslime ihre muslimischen Glaubensgenossen zu einer neuen Koran-Interpretation führen, wenn sie sagen, dass dieser für den Islam zentrale Glaube fundamentalistisch sei. Liberalere Muslime müssen ihre neue Koran-Interpretation aus dem Koran heraus entwickeln, sonst hat sie weltweit keine Chancen.

Wem wird es gelingen, den Gordischen Knoten zu zerschlagen? Denn zurzeit haben „Die Muslime keine Antwort auf den Radikalismus“ http://bazonline.ch/region/bern/Die-Muslime-haben-keine-Antwort-auf-den-Radikalismus/story/26010017 Sie können nicht mit dem Koran für ihre liberaleren Positionen argumentieren, es sei denn, sie versuchen, mit dem Koran gegen den Koran zu argumentieren, indem sie es im Grunde wie islamische Fundamentalisten machen – nur klauben sie ein paar schön klingende Worte heraus und nicht die martialischen. Aber das ist nicht die Lösung und das Wissen liberalere Muslime im Grunde selbst.

Wenn es mit dem Islam um eine christliche Gruppe handeln würde – wie man ja früher vermutete, dass der Islam keine eigene Religion sondern nur eine christliche Sekte sei – dann würde man ihm den Heiligen Geist, den Geist des Dreieinigen Gottes wünschen, damit dieses von Menschen kaum lösbare Problem gelöst werden kann. Wer kann also den Gordischen Knoten lösen? Alexander der Große hat es mit einem einzigen Schwertschlag gemacht. Aber dazu neigen die liberaleren Muslime eher weniger.

Es gibt freilich Muslime, die den Koran so interpretieren, wie sie es aus ihrer neuen Weltperspektive heraus für richtig halten: Alles, was in ihm steht, gilt – aber man muss es nicht übertreiben. Oder: Sie versuchen andere Maßstäbe anzulegen – ich schrieb es schon mal im Blog: das aufgeklärte Menschenbild, das humane Menschenbild, das christliche Menschen- und Gottesbild ist dominant und prägt den islamischen Glauben.

Und davor haben die Extremisten furchtbare Angst und versuchen den Gläubigen enge Zügel anzulegen – und das mit Schreckensbildern von der Hölle, mit der Wirksamkeit der Dämonen (Dschinn) oder mit körperlichen Bedrängnissen. Diese soziale Kontrolle funktioniert in islamischen Ländern noch verhältnismäßig gut (Eltern bzw. Dorfgemeinschaften verstoßen oder töten Kinder, wenn sie sich vom Islam abwenden…) – und wer in den Städten auszubrechen droht – wo die Kontrolle nicht mehr so funktioniert – wird vom Staat mit Gefängnis (s. Ägypten) oder mit Peitschenschlägen (s. Saudi Arabien) oder mit Mob-Aufständen (s. Pakistan) bedroht.

Aber im Westen funktioniert das nicht ganz so gut. Und darum sind junge Muslime so begehrt bei den Fundamentalisten, weil sie hier ansetzen können, die Moschee-Gemeinden wieder an die Kandare zu nehmen. Aus diesem Grund ist auch der staatlich kontrollierte Religionsunterricht so wichtig, es ist wichtig, Aussteigerprogramme zu forcieren, bekanntzumachen, zu fördern. Von daher finde ich diesen Aufruf so sehr bemerkenswert, den islamische Professoren in deutschland gestartet haben: http://www.giessener-allgemeine.de/Home/Stadt/Uebersicht/Artikel,-Islamprofessoren-fordern-nach-Anschlaegen-Selbstkritik-_arid,546031_regid,1_puid,1_pageid,113.html

Die Verbandschefs müssen einen Spagat wagen, der zweischneidig ist. So müssen sie der Politik zeigen, dass sie gesprächsbereit sind – gleichzeitig müssen sie den Muslimen zeigen, dass sie den Islam nicht verraten. Und darum musste Mazyek die Imame den Koran rezitieren lassen, damit strengere Muslime sagen können: Schaut, der Ruf des Imam missioniert die Politiker und über das Fernsehen ganz Deutschland.

Aber dass sich die Muslime von den Verbänden nicht führen lassen, kann man daran sehen, dass kaum welche in Berlin zur Mahnwache erschienen sind. Die Verbände konnten ihre Glaubensgenossen nicht mobilisieren. Darum hat man den Eindruck: Es war im Grunde nur eine Schau, die vom Fernsehen übertragen werden sollte, um die Botschaft zu vermitteln: Wir sind alle Deutschland. (Übersicht über die muslimischen Verbände: http://www.n-tv.de/politik/Wer-spricht-fuer-die-Muslime-in-Deutschland-article14309876.html )

Die Frage ist nur: Wer von den Muslimen glaubt das? Wer von den Deutschen glaubt das? Oder: Wer von den Muslimen glaubt das so, wie die Politiker es gerne glauben würden? Denn die Sicht, dass Deutschland bald den Muslimen gehört, ist nicht ganz so selten anzutreffen, wie sich Naivlinge das so vorstellen.

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