ISIS und ich

Gestern wurde ich gefragt, wie ich gegen die ISIS vorgehen würde, weil ich die Bombardierung der Ölfelder in Syrien kritisiert habe. Natürlich ist das vermessen als kleiner Beobachter der politischen Lage vom Schreibtisch aus darauf zu antworten, aber es zeigt sich doch, dass ich mit meiner Syrien-Interpretation von Anfang an nicht ganz falsch lag. Von daher war es ein Fehler, die Islamisten über die Freie Syrische Armee groß werden zu lassen. Man wollte den Diktator weghaben – und hat dann aus politischer Blindheit auf die Falschen gesetzt. Die Falschen waren: Türkei, Saudi Arabien, Katar und die freie syrische Armee – denn dass Assad weg sollte, war ein sunnitisches Ziel bzw. von der Türkei aus ein machtpolitisches Ziel. Erdogan wollte die Türkei größer machen. Und der Westen hat sich, euphorisiert von den Massendemonstrationen in Tunesien, Ägypten und dann auch Libyen von den genannten Mächten einschalten lassen. Wir machen Geschichte! Aber es zeigte sich schon an Ägypten und Libyen, dass nicht die Freiheit siegt, sondern der Islamist und Warlord.

Dann hat man Assad in seiner Verzweiflung in die Arme des Iran und der Hisbollah getrieben. Die Islamisten wurden immer stärker – auch mit freundlicher Unterstützung des Westens. Und dann haben sie die Chance ergriffen, ihren Traum vom Kalifat wahr zu machen, indem sie nach alter Tradition alles beiseite räumten, was ihnen an unwilligen Menschen in den Weg kam. Und erst als die irakischen Soldaten flüchteten und an Yesiden Massaker verübt wurden, kamen die genannten Mächte ein wenig zur Vernunft. Vorher waren ihnen die Christen, Alewiten und kurdischen Dörfer im Syrien vollkommen egal. Aber nun wird auch Saudi Arabien vor allem durch die ISIS-Islamisten tangiert, weil es Angst hat, ihnen zum Opfer zu fallen. Und so begann das Zeter und Mordio Geschrei durch die Regierungen, unterstützt durch die Medien – vorher war Ruhe, obwohl sie genauso barbarisch waren. Aber da waren sie noch barbarisch für einen guten Zweck, muss man sarkastisch angesichts unserer Politik und medialen Welt sagen. Nun macht man das, was man toll kann: Bomben werfen und die Kurden unterstützen, wobei die Kurden wohl eher halbherzig unterstützt werden, mit alten Waffen – weil man die liebe Türkei nicht ganz verärgern will. Gleichzeitig versucht man natürlich die Syrer zu schwächen.

Das ist die Lage aus meiner Sicht. Was tun? Zu versuchen, die Kurden und Schiiten (+Iran) im Osten zu stärken – und das Assad-Regime möglichst aus den Händen der Hisbollah herauszulösen, wenn es denn noch möglich ist, und ihn stärken, damit er vom Westen gegen die Islamisten angehen kann. Nun wissen wir alle, wir lassen uns auf Gruppen ein, die der ISIS im Grunde in nichts nachstehen: Hisbollah, PKK, schiitische Islamisten, Assads Soldaten… Aber all diese Gruppen sind international nicht so gefährlich. Von daher liegt es auch im Interesse des Westen, erst einmal diese ISIS-Gruppen in die Schranken zu weisen – und wie man dann mit den anderen Gruppen umgehen soll, das wird sich zeigen, je nach politischer Kooperationsbereitschaft.

Und was wir nicht vergessen dürfen: Russland mit ins Boot zu holen. Putin hatte von Anfang an Recht, was Syrien betrifft. Natürlich kommen nun die Falken und sagen: Hätten wir schon am Anfang eine Bombe auf Assads Haus geworfen, wären wir das Problem los gewesen. Nein, wären wir nicht. Die Islamisten waren von Anfang an die stärkere Gruppe, weil sie eine Ideologie haben – nicht nur, wie die freie Syrische Armee: Assad muss weg. Sondern die Islamisten wollten mitsamt der ganzen islamistisch-terroristischen Touristenszene einen islamischen Staat errichten. Von dem aus sie dann weltweit agitieren konnten um den islamischen Glauben in ihrem Sinn durchzusetzen. Sie wollten dem islamistischen Puzzle von Marokko bis Pakisten eine starke Mitte geben. Die freie syrische Armee ist ein Phantom.

Das ist meine Meinung. Und dass Obama und in seinem Gefolge andere westliche Regierungen noch immer Russland und Assad schmähen und das Phantom aufrüsten wollen, zeigt mir, dass sie politisch nichts dazu gelernt haben und sich immer weiter in den Schlamassel reinreiten.

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