Gottesbezug in der Verfassung

Die üblichen Gruppen und Richtungen sind gegen einen Gottesbezug in der Schleswig-Holsteinischen Verfassung. Sie wollen lieber Bezugnahme auf „humanistische Werte der Menschenrechte, des Friedens und der Gerechtigkeit“. http://www.idea.de/nachrichten/detail/politik/detail/schleswig-holstein-streitet-um-gottesbezug-in-der-verfassung-87739.html

Vielleicht sollten sie mal über das Thema Letztbegründung nachdenken. Nun denn. Die säkulare Philosophie beißt sich daran zurzeit die Zähne aus, weil sie auch gerne so etwas tolles hätte wie die Religion –  oder sie hat resigniert, je nach Philosoph. Aber das wird die Gottesbezug-Gegner auch nicht zum Nachdenken bringen. Vermute ich.

Letztbegründung heißt, dass es keinen rationalen Grund dafür gibt, sich so zu verhalten wie man sich verhält. Die Gesellschaft kann rein theoretisch keine Vorgaben machen, weil man immer fragen kann: Warum? In der Letztbegründung wird gesagt: Weil Gott es gesagt hat, soll man sich so und so verhalten.

Wenn eine Letztbegründung fehlt, dann zerfällt die Gesellschaft, weil im Grunde jeder tun und lassen kann, was er will. Man merkt das ja allein schon an dem Thema Menschenrechte: China, Islam, Atheisten, Christen, Kommunisten, Nationalsozialisten haben unterschiedliche Vorstellungen. Und die Abwendung vom Christentum im Westen führt zu einer immer stärkeren Individualisierung der Ethik. Jeder denkt, er dürfe tun und lassen was er will. Warum eigentlich nicht? Was ist Gerechtigkeit? Was sind humanistische Werte? Wir haben aufgrund unserer jüdisch-christlichen Tradition einen ziemlichen Gleichklang. Noch. Je mehr diese Tradition zerfasert, desto mehr gerät der ethische Gleichklang ins Schwanken.

Als nicht religiöse Letztbegründung finde ich den Gedanken des Mitleids (Schopenhauer) ganz gut. Nur wer gestern den Themenbeitrag auf Arte über Frauen im Nationalsozialismus gesehen hat und an die ISIS-Islamisten, Ruanda, Jugoslawienkrieg denkt, der merkt, dass das mit dem Mitleid nicht so weit her ist. Kants kategorischer Imperativ ist auch nicht zu verachten – aber er setzt eine gewisse, von der christlichen Religion geprägte Gesinnung voraus, um wirklich „humanistisch“ funktionieren zu können.

Und dann gibt es ja noch die sympathische Diskursethik. Also, Freunde, lasst uns darüber mal reden… – und wenn sie nicht gestorben sind, dann reden sie noch heute.

Also die Letztbegründung in der Verfassung ist wichtig. Doch was ist, wenn kaum einer mehr an Gott glaubt? Dann lasst uns aktiv werden, dass das wieder geschieht, statt zu sagen: Glaubt eh keiner, also lassen wir das mit der ethischen Letztbegründung. Die Väter und Mutter des Grundgesetzes wussten, warum sie Gott hineinsetzen – nach den Gräueln des Nationalsozialismus waren sie froh, sich wieder auf diesen Maßstab berufen zu können.

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