Beckmann – Ausgezeichnet

Das war eine ausgezeichnete Sendung: „Krisen, Krieg und hilflose Mächte – gerät die Welt aus den Fugen?“ Es diskutierten fünf Menschen, von denen drei ausgezeichnet waren: Gabriele Krone-Schmalz, Harald Welzer (Soziologe) und Herfried Münkler (Politikwissenschaftler). Wolf von Lojewski und Stefan Kornelius (SZ) gaben eher das wieder, was man sowieso schon überall lesen kann.

Aber die drei Erstgenannten waren klasse in der Analyse der Situation, wenn auch unsicher in dem, wie nun richtig zu handeln ist. Ärgerlich fand ich Beckmann, der, wenn man ganz begierig den klugen Worten der Genannten lauschte und deren Argumentationsgang verfolgte, diese mit irgendwelchen banalen Aspekten unterbrach. Noch ärgerlicher fand ich, wenn er diese unterbrach und das Wort denen gab, die Banalitäten aussprachen. Wie dem auch sei, ich empfand diese Sendung durch die drei Genannten herausragend aus allem, was man so hört und liest. Übrigens ließen sich der Soziologe und andere nicht durch das Beckmannsche Totschlag-Argument „Putinversteher“ aus der Ruhe bringen (daran sieht man, dass Beckmann eher zu Lojewski und Kornelius passte). Es gehe in der Frage darum, zu analysieren, damit man Handlungen versteht um daraus angemessene Konsequenzen ziehen zu können… http://www.daserste.de/unterhaltung/talk/beckmann/sendung/28082014-krisen-krieg-hilflose-maechte-geraet-die-welt-aus-den-fugen100.html

Viel von dem Gesagten kann man auch in meinem Blog finden – von daher fand ich das wahrscheinlich auch so gut. Ein paar Aspekte, die mich zum Nachdenken brachten:

Was in gewisser Hinsicht neu war, das war das Thema „Grenzen“. Wer zieht Grenzen, warum werden Grenzen gezogen. Grenzen sind eingefrorene Geschichte. Man muss ja Grenzen „feststellen“, denn sonst verschiebt jeder sie nach seinem Machtpotential. Gleichzeitig ahnt jeder, dass man „Geschichte“ nicht einfrieren kann, weil die Geschichte nie stehen bleibt. Nachfolgende Generationen ziehen Grenzen anders. Und diese aus machtpolitischen – häufig auch aus kolonialen Gründen gezogenen Grenzen im Nahen Osten – geraten nun ins Wanken und werden wohl neu gezogen werden müssen – je nach Machtpotential der neuen Mächte. Und neue Grenzziehungen sind immer schmerzhaft – und eben nicht ein für alle mal festgelegt, sondern werden sich wieder ändern.

Was Lojewski, der das alte Klagelied anstimmte, dass die Syrienkämpfer aus Europa in den Kampf ziehen, weil sie hier nicht Anerkennung gefunden haben, entgegengehalten wurde war: Sie kämpfen nicht nur, weil sie nicht anerkannt waren, sondern weil sie sich in Europa und anderswo als Elite fühlen. Das wurde mit der Terrorismus-Forschung begründet. Was dieses islamistische Elitedenken nährt, konnte leider nicht mehr vertieft werden. Wobei es in diesem Fall die negativen Auswüchse der Religion ist. Soziopsychologisch sind bei den einzelnen Individuen sicher noch mehr Faktoren relevant (archaische Abenteuerlust…)

Unsere eigene Betroffenheit von den Krisen wurde auch dargestellt: Wir sind Partei – und der Westen tut immer so, als sei er neutral. Wir wundern uns, dass unsere Werte angegriffen werden bzw. nicht von allen begrüßt werden. Das zu erkennen, würde uns im Handeln weiter bringen. Nicht, dass wir unsere Werte zurückschrauben und den verschiedenen Weltgruppen anpassen dürften, denke ich mir – aber da hätte ich auch gerne die Diskutanten weiter gehört.

Was auch zu knapp war: Richtig war: Nicht die Demokratie ist schlecht. Was schlecht ist, ist der Kapitalismus. Und hier hätte weiter gesagt werden sollen: Wir müssen den weltweiten Kapitalismus sozial bändigen (Soziale Marktwirtschaft) – denn dieses Unrecht, das weltweit durch den Raubtierkapitalismus geschieht, das lassen sich viele nicht mehr gefallen. Wobei einfache Herleitungen der weltweiten Auseinandersetzungen nicht angemessen sind.

Was ebenfalls angedacht wurde, das Schwächeln der USA in der Weltpolizisten-Rolle. Aber leider wurde auch das nicht weiter vertieft. Meine Befürchtung ist, dass nun Europa insbesondere Deutschland in diese Rolle hineingepresst werden soll, sich aber weigert. Und Deutschland lebt noch in der alten Rolle: Wir folgen der USA. So muss also jeder in diesem neuen Gewirr seinen Platz finden.

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