Segen am Sonntag: Luther+Freud

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Freud sah die Psyche des Menschen dreigeteilt: Das Es/die Triebe – das Ich/der Verstand – das Über-Ich/das Gewissen. Mächtig ist das Es – das begrenzt werden muss, so will es die Gesellschaft, durch das Gewissen (= Gott). Freud macht den Verstand stark, der das starke Es wie das starke Über-Ich beherrschen soll. Wenn Über-Ich und Es herrschen, wird man derangiert, verwirrt. Ein überstarkes Gewissen macht genauso krank wie ein unkontrollierter Trieb.

Luther sah den menschlichen Willen (für Freud: der Verstand / das Ich) zwischen Gott (für Freud: das Gewissen / das Über-Ich) und Satan (für Freud: die Triebe / das Es) stehen. Der Wille ist ein Reittier, entweder Gottes oder des Satans. Der Wille kann sich entscheiden, ob er nun von Gott oder dem Satan geritten werden will (WA 18,635).

Freud hatte rein theoretisch eine höhere Sicht vom Verstand. Der Verstand kann das Es wie das Über-Ich beherrschen, also Triebe und Gewissen. Luther ist, was den Verstand betrifft, pessimistischer: Er kann sich nur vor dem Trieb zu Gott / für Freud: das Gewissen flüchten, oder wird, wenn er sich vom Trieb (Satan) übermannen lässt, in dessen Strudel gerissen.

Für beide ist der Mensch ein in sich zerrissenes Wesen. Freud meint, der Verstand, der von der Psychotherapie befruchtet wird, kann den Riss kitten, für Luther kann der Wille sich in Gottes Obhut bergen und so zur Ruhe kommen.

Wie auch immer Ihr diesen Sachverhalt seht, wie auch immer Ihr selbst eingestellt seid und Euch selbst beurteilt:

Gott segne Euch, dass Ihr Euch annehmen könnt, nicht zerrissen seid, weil Ihr seine Liebe zu Euch spürt, um sie wisst. Und wenn Ihr das nicht wisst und sie nicht spürt, so lasst es Euch sagen: In Jesus Christus ist Gottes Liebe zu uns gekommen – und darum können wir zu ihm zurückkehren und uns bei ihm bergen.

(Zu dem Bild: Die Raupe eines Eulenfalters frisst an der Christrose.)

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