Jesus der Wundertäter + der Gelähmte

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Es ist spannend, was wir in den Evangelien über Jesu Zuwendung zu Menschen hören: Menschen kamen zu ihm, wie Menschen damals zu anderen Wundertätern auch gekommen sind und seit allen Zeiten zu Ärzten und Heilern kamen. Von Jesus werden besonders viele Heilungstaten erzählt – natürlich auch von seinem Schatten Apollonius von Tyana, den Heiden als Gegenjesus aufbauen wollten.

Doch Jesus ging es nicht allein um das Heilen, es ging ihm darum, das Heilen in seine Reich-Gottes-Botschaft einzuordnen. Wenn Gott seine Herrschaft über die Menschen aufrichten wird, dann gibt es keine Erniedrigungen mehr, Tränen werden abgewischt, die Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit wird gestillt… – und eben Krankheiten und Tod werden keine Rolle mehr spielen.

Und bis Gott diese Welt herbeiführen wird, liegt es am Menschen das Seine dazu zu tun, das eben das, was er sich von der Gottesherrschaft ersehnt, selbst durchzuführen (Nachfolge). Das bedeutet, wie uns die Bergpredigt im Matthäusevangelium und viele Gleichnisse zeigen: Der Mensch hat die Aufgabe, sich gemeinschaftskonform zu verhalten, das heißt: Er muss alles dazu tun, dass die Gemeinschaft und Miteinander nicht zerstört wird. Kein Ehebruch, Feindesliebe, keine gegenseitigen Beschimpfungen, einander Gutes tun, …

In diesen Rahmen stellt er auch die Heilungen und Exorzismen. Und in den christlichen Wundertexten taucht immer wieder eine Aussage auf: Dein Glaube hat dir geholfen. Menschen überwinden Hindernisse zu Jesus – und sie werden geheilt, ihnen wird gesagt, dass ihr Glaube diese Heilung bewirkt haben. Er zieht sich zurück, stellt sich nicht in den Vordergrund, sondern bestärkt die Menschen in ihrem Selbstbewusstsein. Und das hat die heutige Forschung auch wieder stärker im Blick: http://www.spiegel.de/spiegelwissen/selbstheilungskraefte-gesund-durch-zuversicht-a-942818.html Natürlich löst sie das vom Glauben an Jesus Christus – aber immer wieder hat sie ihre Initialzündung von einem Wort Jesu bekommen: Der Glaube versetzt Berge. Das heißt, diese Sicht Jesu beeinflusst die moderne Wissenschaft.

Was ich neben der Kraft, andere Menschen zu heilen, bei Jesus auch sehr bewundere: Wie sehr hat er die Menschen öffnen können, welch großes Vertrauen hat er aus ihnen hervorgelockt, welchen Glauben hat er von den schweren Felsblöcken ihrer Erfahrungen befreit.

Was wir in diesen Kontexten der Evangelien nicht finden, weil sie alle von der großen Fähigkeit Jesu überwältigt waren, ist die Sicht, dass er auch heute diesen Glauben hervorzurufen vermag – mit entsprechenden befreienden Wirkungen. Aber wir gehen heute weiter mit ihm. Wir leben in dieser Spannung: Jesus Christus heilt – und dazu kommt gleichzeitig: die Ergebenheit in seinen Willen, der auch ohne körperliche Heilung die Seele zu Gott hin bereitet. Er kann den Körper heilen – er will aber auch die Seele heilen – und wenn die Seele geheilt ist, dann kann man sich auch verletzt und verstört in ihm bergen und befriedende Zuflucht und Geborgenheit finden.

So sähe heute eine entsprechende Wundergeschichte aus:

Ein Gelähmter wird zu Jesus gebracht. Er will geheilt werden, weil er denkt, dass ihn die Heilung von allem Übel befreien wird. Jesus sieht jedoch, dass sein großes Problem nicht die Lähmung ist, sondern die Gemeinschaft. Und er motiviert seine Jünger, diesen Gelähmten zu pflegen, auf den Wanderungen durch das Land zu tragen, ihm gute Worte, Nahrung, Kleidung zukommen zu lassen. Man hört auf ihn, beachtet seine Tipps und Weltsicht, sie beziehen ihn ein in ihr gemeinsames Gebetsleben und dem Austausch der Gedanken über Gott und die Welt. Der Gelähmte findet die Gemeinschaft und fühlt sich in ihr geborgen, aufgehoben, Wert geachtet. Und er weiß: Ohne Lähmung wäre er nie zu Jesus gekommen. Jetzt bleibt er gelähmt, aber einer, der Jesus Christus unheimlich dankbar ist.

Und damit ist nun auch unsere Aufgabe als Menschen, die Jesus folgen, beschrieben.

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