15 Punkte zum Thema Sterbehilfe

Gebote zum Thema Sterbehilfe:

Grundsätzlich: Sterbehilfe sollte bedeuten:

– Dem Sterbenden zu helfen – nicht ihn zu töten (Müntefering).

– Menschen zu töten ist kein Fortschritt (Papst Franziskus).

– Ärzte dürfen nicht gezwungen werden, aktive Sterbehilfe zu leisten.

Die ersten Punkte musste ich apodiktisch formulieren:

A) Kontrolle

1. Es muss darauf geachtet werden, dass das Thema aktive Sterbehilfe nur mit Blick auf die Menschen fokussiert wird, die schwer krank sind, damit dann solche Eskapaden wie in Belgien ausgeschlossen sind (ein Krimineller will erlaubt Suizid begehen, weil er mit seiner Schuld nicht klar kommt).

2. Es muss darauf geachtet werden, dass es Angehörigen nicht in Verbund mit schwarzen Schafen unter den Ärzten ermöglicht wird, einen Menschen vorzeitig in den Tod zu schicken.

3. Es muss verhindert werden, dass ein Mensch nur sterben will, weil er es nicht erträgt, dass er sich Hilfe gefallen lassen muss oder dass er Angst hat, er liegt seinen Verwandten finanziell auf der Tasche. Von daher muss die Bitte um Sterbehilfe vom Schwerstkranken ausgehen und darf nicht angeboten werden.

B) Hilfe für Schwerkranke und die Familienangehörigen

4. Die Gesellschaft muss alles tun, damit ein Mensch nicht sterben will: Darum muss sie Hilfestellung geben im Glauben, muss sie psychisch und medizinisch betreuen. Dazu gehört es, genügend Personal und Räume zur Verfügung zu stellen.

5. Die Hilfestellung muss auf die Familie – wenn es denn gewünscht wird, ausgedehnt werden. Kurz: Hospize und die PalliativMedizin müssen stärker unterstützt werden.

C) Würde (mit Freiheit und Selbstbestimmung) und Reich Gottes

6. Ich selbst bin hin und her gerissen: Gehört es zur Würde, einen Menschen unbedingt am Leben zu lassen oder gehört es zur Würde, ihn auch sterben zu lassen, wenn dem Schwerstkranken das Leben unerträglich wird. Zudem: Der Tod als solcher widerspricht der Menschenwürde, er ist der Feind der Würde, er nimmt sie mir. Von daher tendiere ich in die Richtung der Gesetzgebung von Oregon: http://blog.wolfgangfenske.de/2014/06/30/sterbehilfears-vivendi-ars-moriendi/ : Nach einer langen Vorarbeit bekommen Schwerstkranke die Erlaubnis, sich zu töten. Aber viele tun es nicht. Der Weg ist somit offen – aber erst dann, wenn ich will.

7. Das Thema ist für mich auch recht schwer zu lösen, weil ich es aus meiner christlichen Perspektive nicht lösen kann. Jesus Christus hat Menschen Leiden genommen, indem er sie geheilt hat. Er wollte das Reich Gottes schon soweit abbilden, dass Menschen das Leiden genommen wird. Wir Menschen haben normalerweise nicht die Fähigkeit, den Menschen das Leiden auf diese Art und Weise zu nehmen. Wenn wir den Maßstab „Reich Gottes“ darauf hin anwenden, Menschen das Leiden zu nehmen, weil in der Welt Gottes kein Leiden herrscht, dann hieße das, dass man auch das Sterben ermöglicht, um dem irdischen Leiden ein Ende zu bereiten. Zumindest denke ich im Augenblick so.

8. Würde und Freiheit gehören vielfach zusammen. Aber der unermesslich leidende Mensch ist nicht frei. Sein Leiden zwingt ihn, Wege zu gehen, die er in Freiheit nicht gegangen wäre. Zur Erhaltung der Würde gehört es, ihm Gemeinschaft zu bieten, sodass zu dem Leiden nicht noch die Einsamkeit dazu kommt und zusätzlich durch Einsamkeit die Freiheit eingeschränkt wird.

9. Würde und Selbstbestimmung gehören zusammen. Aber der Mensch ist, was seine Selbstbestimmung betrifft, auch ein begrenztes Wesen. Es gibt Zeiten, in denen er nur diesen einen Weg sieht – und dann kurz darauf Zeiten, in denen sich ihm weitere Wege eröffnen. Selbstbestimmung ist nicht statisch. Und wenn man den Menschen selbstbestimmt sterben lässt, dann nimmt man ihm die Möglichkeiten, andere Perspektiven wahrzunehmen. Und darum geht es: Den Tunnelblick zu erweitern, Optionen, Alternativen aufzuzeigen.

D) Gefahren

10. Es besteht die Tendenz in den Medien, von einzelnen Menschen, die sterben wollen, darauf zu schließen, allen diese Möglichkeit zu geben. Einzelfälle dürfen nicht dazu führen, dass man nun allen die Möglichkeit gibt. In der Abtreibung wurde gesetzlich ein Weg gefunden – aber leider wurde dieser Weg dann in der Praxis verlassen, sodass Abtreibungen kaum mehr kontrolliert werden. Und die Gefahr besteht bei der Sterbehilfe genau so.

11. Menschen sterben zu lassen, ist verführerisch, weil es für eine Gesellschaft viel billiger ist. Von daher müssen Wege gefunden werden, die Gesellschaft vor Irrwegen, die das Individuum zugunsten der Allgemeinheit (Utilitarismus) preisgibt, zu bewahren. Die Grenze zwischen Sterbehilfe und Euthanasie ist sehr schmal.

12. Menschen, die im Koma liegen, können ihren Willen nicht mehr äußern – von daher ist die Patientenverfügung eine Möglichkeit, der Würde, der Freiheit und der Selbstbestimmung Genüge zu tun. Das kann aber nur vorläufig sein, da wir ja nicht wissen (wollen), wie es einem Menschen im Koma ergeht. Wir ahnen, dass er alles wahrnimmt – aber gleichzeitig fürchten wir einen solchen Zustand so sehr, dass wir ihn bei uns selbst beendet wissen wollen. Nur: Wenn wir im Koma sind und wahrnehmen, dass man uns nun sterben lassen will – geraten wir dann nicht in Panik – freilich ohne dass andere es merken? Von daher scheint mir E) auch noch einmal sehr wichtig zu sein.

E) Prophylaxe

13. Bevor es soweit ist, sollte dem Menschen gesagt werden, dass es nicht darauf ankommt, „vollkommen“ zu sein, „unbeschädigt“ zu sein, seinen verstand gebrauchen zu können – sondern: Jeder Mensch hat „Schwachstellen“, „Defizite“ – und man darf sich als einen solchen begrenzten Menschen annehmen – weil uns Gott als solche angenommen hat. Man muss im Leben lernen, damit umzugehen, dass man dem Selbstbild oder dem Bild von einem idealen Menschen nicht entspricht. Leben muss nicht hedonistisch geführt werden – alles was Lust und Spaß macht, ist gut.

14. Einüben ins Sterben ist eine eminent christliche Form, mit Sterben und Tod umzugehen.

15. Bevor Menschen die Möglichkeit gegeben wird, sich selbst zu töten, sollten erfahrene Menschen ihnen helfen, loslassen zu können, sich in Gottes Hand fallen lassen zu können. Denn manche können nicht sterben, weil sie sich noch an etwas festklammern. Und diesem Festklammern der Seele versuchen sie nun mit Hilfe von Gift zu entkommen.

(Stand 16.3.2015. Dieser Beitrag wird von mir je nach Stand des Nachdenkens immer wieder ergänzt.)

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