Christliche Hymnen, Lieder, Gebete (10a)

Hartmann von der Aue (1180-1205): Er sei hier kurz erwähnt, weil er religiöse Form auf das zwischenmenschliche Zusammenleben. Zudem gibt es von ihm Kreuzfahrerlieder, von denen eines zeigt, dass man im Sinne des Autors diesen nur mit reinem Sinn begehen kann, und so Ehre von der Welt und das Seelenheil erwerben kann. Man muss allen Verlockungen entsagen (Weimer: Gebete der Dichter, 36ff. „Mein freuen sorge nie verlor – ebenfalls ein Kreuzzugs-Lied; Wolters 81f.; das ost weitgehend Kennzeichen der sogenannten Kreuzlieder).

Reinmar der Alte verquickt Glaubensaussagen mit seinem Alltag: Gott möge sein Liebesleiden sehen und anerkennen (Swaz ich nu niuwer maere sage). In seinem schönen Liebeslied (Ich zoch mir einen valken) bittet Der von Kürenberg (1150) Gott, Liebende zusammenzuführen. Diese tändelnde Aufnahme des Glaubens findet man häufiger in der Minne. Walther von der Vogelweide (1170-1230) Vielfach bittet er um Gottes Hilfe in Angelegenheiten der Minne https://gutenberg.spiegel.de/buch/die-gedichte-walthers-von-der-vogelweide-8888/2 Aber auch unabhängig davon blitzt der Glaube immer wieder durch: Er bittet Gott darum, dass er ihn führe, aber mit dem Feindesliebegebot hat er so seine Schwierigkeiten (Vil wol gelobter Got; angemerkt sei, dass Hartmann von der Aue in „Seit ich den sommer trug nur leid“ meint: Wollt ich den hassen, der mir leides tut / So möchte ich mein eigener feind wohl sein.“); der Mensch liebt, der die zehn Gebote hält, alle sind Brüder, Christen, Juden und Heiden, alle Lebenden, werden von Gott ernährt (Swer ane vorhte, herre Got); in dem Gebet Mit saelden müeze ich hiute uf sten bittet er um Schutz, damit Gottes Gebot erfüllt würde. Kritik an der Moral seiner Zeit übt er vielfach, so in Nu wachet und Kritik an dem Papst, dem alle folgen, auch wenn er lügt und trügt (Wir alle klagen). Er beklagt auch, dass Ehre, Besitz und Gottes Gnade, die wichtigsten Dinge im Leben, nicht zu erhalten sind, solange Untreue, Gewalt herrschen, Friede und Recht gefährdet sind (Ich saz uf eime steine). „Alle Fürsten stehn jetzt in Ansehen, nur der höchste ist erniedrigt. Das hat die Wahl der Geistlichen verschuldet. Das sei dir, lieber Gott, geklagt. Die Geistlichen wollen das Recht der Laien umkehren.“ (Künc Constantin; Ü: https://gutenberg.spiegel.de/buch/die-gedichte-walthers-von-der-vogelweide-8888/3 ) Gott selbst ist dem Geist unzugänglich („unseren sinnen unbereit“): er ist zu groß, zu klein (Mehtiger got).

Das Gebet (Ane valsch du reiner) von Wolfram von Eschenbach (1170-1220) ist aus der Perspektive des Glaubens sonderbar: Wenn Gott richtig handelt – kann der Beter richtig handeln, wenn der Beter sündigen wird, soll Gott barmherziger sein: du bist Christus, also bin ich Christ („du bist Krist, so bin ich kristen“)(Weimer 35). Er wie andere auch haben die weltliche Dichtung dann und wann mit der geistlichen Dichtung zusammengeführt. So wächst der Protagonist im Parzival durch Prüfungen zum Glaubenden. In Willehalm (306; 450; 462) wird zum Beispiel verdeutlicht, dass alle Menschen Geschöpfe Gottes sind, von daher auch die Heiden zu achten sind. Ebenso sind die feindlichen Ritter, die man besiegt hat, zu bestatten. Die Liebe des Menschen spiegelt die Liebe Gottes wider. Die Sünde verhindert es, zu Gottes Gnade zu gelangen, erst die mitfühlende Frage führt zu Ziel der Erkenntnis. Es handelt sich um einen Erziehungsroman.

Bei so manchem Minnesänger entspricht die (theoretische?) Minne vielfach nicht der christlichen Moralvorstellung – und es wird deutlich, dass der Kleriker Gottfried von Straßburg (+1215) den christlichen Glauben konterkariert. Wohl indem er die Realität seiner Zeit wiedergibt und nicht, wie sie sein sollte. Auch wie er sie haben wollte: ohne Gott und christlichen Glauben? Das Nibelungenlied (um 1200) ist auch von dieser Art Realismus geprägt worden. Der Mensch ist wie er ist: Er intrigiert, streitet, ist hinterhältig, sein aus damaliger Sicht heldenhaftes Tun erstrebt Nachruhm, man will Freude – und es kommt Leid.

Zur asketischen, mahnenden Dichtung gehören z.B.: Der arme Hartmann (vor 1150): Das Gedicht die Rede von dem heiligen Glauben. Der wilde Mann (1170/80): Predigt in Form eines Gedichtes gegen die Habsucht. Der sg. Heinrich von Melk (2.H. 12. Jh.): Massive Priesterkritik gegen Verfall moralischer Sitten in Gedichtform. Solche Kritiken am Klerus, an den Mönchen wird vielfach geäußert. Gedichte werden also auch eingesetzt, um Menschen einen Spiegel vorzuhalten. Auf Spervogel (um 1170) geht das Wort Weihnachten zurück: Er ist gewaltig und stark, / der zur weihe Nacht geboren wart/ Das ist der heilige Krist. Es folgen Reflexionen zu Himmel und Hölle und es schließt: Er habe lange einem Mann gedient, der in der Hölle Macht hat und ihn zu Bösem angestiftet hat. Er bittet den Heiligen Geist, sich von dem Bösen lösen zu können. https://lyricstranslate.com/de/er-ist-gewaltic-unde-starc-er-ist-gewaltig-und-stark.html Krist sich ze marterenne gap – der kurze Text endet damit, dass nach der Auferstehung Jesu in die Hölle hinein Licht scheint, das Jesu Kind tröstet. Der wilde Alexander (13. Jh) dichtete eine Allegorie, in der es um Kinder und Schlangen geht, das heißt um Glaubende und das Böse – man muss es fliehen, bevor es gebissen hat (Hie bevorn do wir kinder waren). Die Dichter lehrten dem Adel christliche Tugenden. Hugo von Montfort (1357-1423) fragt am Morgen den Morgenwächter, ob es Tag sei. Dieser antwortet mit Blick auf das Weltende: Er ist nah und er müsse sein Leben ändern. Er solle den Herrn und seine Mutter („zwölf Sterne hat sie zur Krone“) anrufen. Aber dazu ist der Fragende nicht bereit, sondern will rechtzeitig geweckt werden. Christus muss gnädig sein und Maria möge ihm einen guten Tag geben. Auch Oswald von Wolkenstein (1377-1445), der letzte der großen Minnesänger, schreibt (Ich spúr eín tier) eindringlich von der Not: Ein Tier will ihn fressen (der Tod) – die Rechnung wird ihm präsentiert – er kann nicht zahlen. Weg sind Freunde und Kinder, die erben – er allein steht da mit leeren Händen. Er wendet sich an Maria, sie möge sich an ihren Sohn wenden, damit er ihn auch erlöse. Auch andere Gedichte sind von diesem Tenor geprägt (Mein herz das swint; Loblicher got; Ein Angstring hat mich fest umschlossen). Auch würde er gerne ein Gott gefälliges Leben leben, er kann es aber nicht – er ist zu alt dafür (Ich sehe, höre). Er dankt Gott, weil er die Frau schön erschuf (Schluck es runter, Freund). Und er war gegen den Reformator Hus (Gott muss für uns fechten; Aus manchem Schnabel hörte ich), wohl weil er die mittelalterliche Ordnung zerstört hat: Der Priester soll beten, der Ritter soll kämpfen, die Diener sollen das Essen herbeischaffen. (Auf diesen Seiten werden die Wolkenstein-Lieder veröffentlicht: http://www.wolkenstein-gesellschaft.com/texte_oswald.php : geistlich zum Beispiel 14 und 15 Dank, 29, 31, 32, 111 [Passion])

In diesem Zusammenhang sei auf Othlos Gebet hingewiesen. Othlo, ein Mönch, der 1070/2 gestorben ist, schreibt ein Gebet, in dem aufgezählt wird, was Menschen der damaligen Zeit unter einem guten Verhalten verstanden. Es bittet um Trost, Kraft und um die Fürbitte sehr vieler Heiligen, ein solches Leben führen zu können. In dem Hymnus O salus mundi besingt er die Gnade Gottes http://hymnarium.de/hymni-ex-thesauro/hymnen/320-o-salus-mundi :

Uns bleibt keine Bedrängnis des Schmerzes, / die Macht des höchsten Sohnes zeigt sich jedem, / der in reinem Glauben und wachsamer Sorge
an ihn glaubt.

Petrus Damiani (1006-1072)

ein in seiner Zeit sehr bekannter sittenstrenger Mann, hat gegen die sexuellen Missstände im Klerus gekämpft. In einem Gedicht stellt er die Höllenstrafen vor Augen:

„O wie schrecklich, o wie furchtbar / Einst des richters stimme klingt, / wenn er in bereite flammen / Die verdammten niederzwingt…“ – es folgt die Schilderung der Hölle. Dann: „Stellt vor augen diesen schrecken / Euch in eurer raserei, / Bleibt mit peinlichem beharren, / Ernstem eifer stets dabei, / Aus den schlingen schlechter sitten / Macht den Hals der seele frei…“ ( http://hymnarium.de/hymni-ex-thesauro/sequenzen/79-o-quam-dira-quam-horrenda )

Doch bevor das geschieht, muss der Sterbende schlimme Zeiten durchleben (Vom Tage des Todes):

„In der Brust des alten Sünders / Naget der Gewissenszahn; / Er beweint versäumte Stunden, / Die er nicht mehr nützen kann: / Ach, warum hat der Verstockte / Früher Busse nicht getan?“ Es endet: „Fluch der Finsternisse Fürsten! / Fluch dem höllischen verband! / Führe das erlöste Schäfchen, / Guter Hirt, in´s Vaterland, / Wo mit Dir ich, ewig lebend, / Selig sei an Deiner Hand.“

Gleichzeitig lockt er mit der kommenden Harmonie, in der irdische Auseinandersetzungen beendet sind (Von der Glorie des Paradieses):

Wo die Weisheit selber schaltet, / Was ist dorten unbewusst, / Wo das Tiefste sich entfaltet / Jedem in des Andern Brust. Nur ein einz´ger Wille waltet / In der Eintracht höchsten Lust.“ (Gesänge der Heiligen)

Auch Thomas von Celano (1190-1260) (zugeschrieben?) erinnert den Menschen an das Gottesgericht, den Tag des Zornes: Dies irae dies illa http://hymnarium.de/hymni-breviarii/sequenzen/133-dies-iraep;catid=3

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