Ein altes Gesetz: Rutscht die Politik nach rechts – gibt es am Rande linke Bewegungen. Rutscht die Politik nach links – gibt es am Rande rechte Bewegungen.
Wird also die CDU zur SPD, nimmt sie der SPD Stimmen weg – aber gleichzeitig entsteht auf dem rechten Rand eine neue Gruppe – eben die AfD.
Das haben einige in der CDU/CSU erkannt. Sie versuchen, wie Seehofer, das Gewicht in der CDU/CSU wieder nach rechts zu verlagern, damit die CDU wieder Mitte wird, um eben die vom rechten Spektrum wieder zu holen.
Warum klappt das nicht? Weil die linken Interpretationsmuster in weiten Teilen der CDU so stark sind, dass die Bevölkerung der kleinen CSU nicht zutraut, das Ruder in der CDU herumzureißen. Während Seehofer eben versucht, Bürger, die keine linke Weltsicht haben, zurückzuholen, kommt ein Günter aus Schleswig-Holstein und spricht von Koalition mit den Die Linke. Was denken sich da die Bürger, die eher rechts stehen? War wohl nichts, Seehofer, man glaubt der CDU nicht.
Interessanter noch: Große Teile der CDU haben linke Interpretationsmuster übernommen. Wenn Linke und ihre Medien unisono rufen: Böser Seehofer – der macht das nur wegen der Wahl in Bayern – übernehmen CDUler dieses linke Interpretationsmuster und sagen: Böser Seehofer, der macht das nur wegen der Wahlen in Bayern. Und weil der Versuch Seehofers vom Wähler möglicherweise nicht angenommen wird und dennoch die AfD stark wird, haben wir wieder das linke Interpretationsmuster: Seehofer hat mit seinem Kurs nur die AfD gestärkt! – Obgleich das wirklich nicht an Seehofer liegt, sondern an der Aufnahme linker Argumentationsmuster durch diese Interpreten.
Diese Argumentationsmuster finden wir auch mit Blick auf Chemnitz. Sofort, bevor überhaupt wirklich deutlich wurde, was los war, als hätte man darauf gewartet, schnellen die linken Interpretationsmuster hoch – und ergreifen sogar Seibert.
Die CDU hat noch nicht begriffen, dass die Übernahme linker Interpretationsmuster die SPD schwächt, sie selbst stärkt, aber eben die Bürger, die nicht das linke Interpretationsmuster anhimmeln, nicht überzeugt.
*
Barley deutet an: Wenn Rechte demonstrieren, dann sind das die Rechten – Bürger sind die, die gegen die Rechten demonstrieren, denn das sind ja im Grunde nicht nur die Linken. Während man bislang vielfach auch denen, die keine linke Weltanschauung haben, manchmal zugestand, normale Bürger zu sein, mutieren Bürger nun zu denen, die gegen die rechten Vielleicht-Bürger demonstrieren. Aber das geht dann nach hinten los, weil manche rechte Bürger und andere Bürger eben merken: Oh, das ist doch links, denn gegen die rechten Bürger treten auch auf Konzerten extrem rote Linke auf. Im Grunde ist es nur eine Auseinandersetzung zwischen zwei konkurrierenden Weltanschauungen: links-rechts – rechts-links. Jede sucht gesellschaftspolitisch die Oberhand zu gewinnen. Mit allen Mitteln. Auch der Medien.
*
Auch hier also wieder: linke Interpretationsmuster sollen gegen einen Teil der Bevölkerung durchgesetzt werden. Ich denke, davon profitieren auch die Grünen. Sie bilden für manche einen Ausweg: Es geht nicht um links und rechts – es geht um was ganz anderes: Klima! Die Grünen bieten so eine Art Flucht vor den Auseinandersetzungen um die Interpretationsmuster. Sie sind sozusagen die anständigen Deutschen. Obgleich eben die Grünen noch davon profitieren, dass sie eine Partei ist, die im links-rechts-Schema noch nicht so verortet ist und jeder in sie hineinlesen kann, was er will. Es sei denn, sie sagen dann wieder großen Stuss, der dann andere abschreckt, aber das hat mit links-rechts nichts zu tun, sondern mit dem Veggieday usw. Die Grünen sind so eine Art heiles Deutschland, in das sich alle hineinstürzen können, die keinen gesellschaftspolitischen Streit wollen. Dabei positionieren sich manche Grüne ganz deutlich – aber ihre Position, die von manchen nicht angenommen wird, wird eingeordnet in eine höhere Fragestellung: Weltrettung. Mit den Grünen retten wir die Welt. Den anderen Parteien geht es nur ums Streiten.
*
- CDU profitiert von ihrem Linksruck von der SPD.
- AfD profitiert vom Linksruck der CDU – einschließlich der linken Interpretationsmuster der CDU-Politik.
- Die Grünen profitieren vom Links-Rechts-Streit als Zuflucht aus dem Streit, als Partei der Weltrettung.
- Die Linke profitiert nicht vom links-rechts-Streit, weil sie eben Teil des tiefroten linken Spektrums ist. (Wird allerdings wieder profitieren, wenn die Gesellschaft deutlich auch wieder rechte Interpretationsmuster verinnerlicht hat.)
- Die FDP? Sie versucht sich irgendwie eher im rechten (manchmal etwas linkeren) Spektrum einzufügen, kommt allerdings zu spät, weil die AfD schon dominiert.
*
Nachtrag 1: Maas meint, die Deutschen seien zu bequem, um sich gegen Rassismus zu wenden. https://www.welt.de/politik/deutschland/article181391828/Bundesaussenminister-Maas-wirft-Deutschen-Bequemlichkeit-im-Kampf-gegen-Rassismus-vor.html Aber ist Rassismus das, was die Politik an Definition vorgibt? Gegen eine falsche Einwanderungspolitik sein, die Realitäten nicht berücksichtigt, muss kein Rassismus sein. Fremden gegenüber misstrauisch sein, ist kein Rassismus. Gegen Rassismus, das heißt, Menschen aufgrund fester Vorgaben (Herkunft, Geschlecht, körperlicher Zustand – also das, wofür ein Mensch nichts kann) zu benachteiligen, zu erniedrigen, das ist Rassismus. Damit verbunden: Nicht den Einzelnen zu berücksichtigen, sondern eine Gruppe anhand von Einzelnen zu beurteilen und sie damit zu benachteiligen, das ist Rassismus. Christen können keine Rassisten und Fremdenfeinde sein. Wer als Christ Rassist und Fremdenfeind ist, muss sich fragen lassen, woher er sein privates Christentum hat – von Jesus Christus her ist das nicht zu verantworten. Aber Christen können sehr wohl einen Blick haben, der sieht, wo Politik falsch läuft, wo sie richtig läuft, wo sie der Bevölkerung – auch der Zugereisten – zum Nachteil dient, wo zum Guten. Von daher ist die Überschrift auch zu hinterfragen: Den Deutschen wird… vorgeworfen. Wie viel Menschen setzen sich ein gegen Rassismus! Aber es lassen sich nicht alle von Maas vorschreiben, was unter Rassismus zu zählen ist. Sein Interpretationsmuster muss nicht mit dem von vielen übereinstimmen, vor allem auch dann, wenn es um politische und weltanschauliche Auseinandersetzungen geht. Da ist man heute sehr leichtfertig geworden. Wie mit dem Begriff Nazi. Beide werden gerne verwendet, um politisch Andersdenkende zu disqualifizieren. Und das ist übel – das ist äußerst gefährlich, weil es die menschenverachtende nationalsozialistische Ideologie und den äußerst unmenschlichen Rassismus verharmlost. Davor, beide zu verharmlosen, sollten alle Demokraten zurückschrecken.
*
Nachtrag 2: Ein Hinweis zur Kirche: Sie muss sich immer wieder überlegen: Wie handeln wir in einer Welt, die vom Sündenfall geprägt ist, von Schuld, auch von eigenen Fehldeutungen, Machtgelüsten, eigener Schuld – nicht geprägt von paradiesischen Zuständen. Auch Kirchen können, das sollte uns die Geschichte deutlichst gelehrt haben, irren; statt der erwünschten Paradiese, anderen Höllen bereiten, kennen Kirchenmenschen nur zu gut. Von daher muss man auch in diesem Punkt der politischen Auseinandersetzung immer wieder überlegen: Christen sind nicht postnational, sie sind keine reinen Weltbürger im guten Sinn (also nicht ausbeuterisch – was manche Weltbürger heute vergessen: Sie denken, sie müssten unsere westlichen kapitalistischen und liberalistischen Werte von allen anderen erwarten und weltweit durchsetzen, ganz in einer Art neokolonialistischem Stil) – sie sind schlicht und ergreifend Teil der begrenzten Menschheit. Individuelle Moralvorstellungen oder Vorstellungen von Gruppen dürfen nicht mit Hilfe eines Staates durchgesetzt werden – das wäre eine Art Moral-Diktatur. Die Diskussion muss lebendig bleiben. Einmal innerhalb unseres Staates, dann aber auch weltweit.
Nachtrag 3: Bin gespannt, was die Untersuchungen ergeben werden: https://www.publicomag.com/2018/09/sachsens-generalstaatsanwaltschaft-widerspricht-merkel/
Nachtrag 3.9.: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-stellt-hetzjagd-in-chemnitz-in-frage-steffen-seibert-bekennt-haltung-a-1226329.html