Während der Aufnahme der Diskussionstexte ist mir aufgefallen, dass ich einen immer wiederkehrenden Aspekt nicht angesprochen habe. (Neben anderen: Geschichte und Gott zum Beispiel.)
Gott kann man nicht beweisen – und wenn man ihn beweisen könnte, wäre es nicht Gott, weil Gott als Schöpfer außerhalb der Schöpfung steht. Wir können mit unserem Hirn Gott nicht fassen.
Das Gott nicht bewiesen werden kann, das ist allen klar. Aber: Kann man alle Gottesaussagen widerlegen? Ja, auch das dürfte sich herumgesprochen haben. Wenn ein Mensch etwas über Gott sagt, dann kann das natürlich wiederlegt werden – und das nach allen Regeln der Kunst, beliebt zum Beispiel ist heute das Argument der Psyche. Alles ist psychisch bedingt. Glaube ist psychisch, das Bedürfnis nach Gott ist psychisch, Welterklärung mit Hilfe Gottes ist psychisch bedingt… Oder es ist sozial bedingt – je nach Kultur, in der man aufgewachsen ist oder es ist einfach Mitläufertum, Betrug, Spinnerei.
Die unterschiedlichsten Bilder, die wir in der Bibel finden, um Gott zu bekennen, Hirte, König, Herr, Stein, Vater,… – all das kann man auf die eine oder andere Weise erklären. Gott rettet einen Menschen? Warum nicht alle? Gott greift ein? Warum nicht immer. Gott liebt? Kann man nicht sehen. Gottes Schöpfung ist gut? Warum fressen sich alle gegenseitig auf. Man kann auf die jeweiligen Fragen natürlich intensiver eingehen (Theodizee usw.) – aber die Antworten stoßen alle an ihre Grenzen.
Man kann Gott also nicht nur nicht beweisen – man kann den Gottesglauben auch wunderbar widerlegen. Ganz einfach. Dazu muss man nicht Atheist sein, nicht Agnostiker, nicht Bright, nicht sonstwas. Es genügt auch einfacher, wacher Glaubender zu sein.
Was bleibt von Gott? Gott offenbart sich, Gott macht sich in Menschen so breit, dass sie glauben können. Er erfüllt Herz und Hirn, Seele und Gemüt… Er ist Wirklichkeit, wie Wirklichkeit eben ist. Natürlich kann man sich nun einen Spaß daraus machen, zu sagen: Ätsche, bätsche, nichts dahinter! Doch: Gott steckt dahinter. Denn sonst gäbe es den Glauben nicht. Wer kann schon an Gott glauben, der in einem Menschen Mensch wurde, am Kreuz starb und dann von den Toten auferstanden ist. Das kann keiner von sich aus glauben. Dass Menschen es glauben können – dazu muss Gott selbst aktiv werden. Das ist keine Erkenntnis der gegenwart, das spricht schon Paulus, das sprechen die Evangelien aus. Sie interpretieren ganz erstaunt ihren Glauben, den es ja eigentlich gar nicht geben kann.
Glaubende können Gott nicht beweisen, können den Widerlegungen nichts entgegensetzen, außer dem Bekenntnis. Das Bekenntnis kann ihr eigenes Leben beinhalten (was man heute weitgehend nicht so gerne macht, weil man sich dadurch sehr verletzbar machen kann – je nach Gegenüber), kann beinhalten, dass man dem Gegenüber den Glauben an Gott, den Jesus Christus „Vater“ nennt, so plausibel macht, wie es irgend geht. (Was die jeweiligen Gottes-„Beweise“ im Laufe der Geschichte jeweils zu ihrer Zeit versuchen – aber doch immer wieder scheitern.)
Da Glaubende an das Wirken Gottes in sich selbst glauben und sein Wirken überall sehen, können sie auch dazu übergehen, dem anderen zu sagen: Willst du einen Eindruck von Gott bekommen? Dann öffne dich ihm, warte auf ihn. Mehr können wir nicht sagen. Denn wenn sich ein Mensch Gott öffnet, auf ihn wartet, mit Gebet, Lesen in der Bibel oder christlichen Biographien, Sprechen mit Christen, dann kann sich Gott auf einmal oder langsam in einem Menschen realisieren. Er wird Wegbegleiter. Glauben wird ein Prozess. Und: Auf einmal ist er da, breitet sich aus. Die Perspektive nicht nur auf Gott, sondern auch auf sich selbst, Menschen und Welt werden anders.
Freilich kann man das alles dann auch wieder psychisch interpretieren. Klar. Die Psyche ist nun einmal das, was uns Menschen bestimmt. Ohne sie geht nichts. Und so kommt Gott auch über die Psyche in uns hinein – ist vielleicht im Unbewussten schon längst anwesend – nur noch nicht auf der Bewusstseinsebene wahrgenommen worden. Denn das ist es auch: Wenn wir uns ihm öffnen, beten… – dann kann er aus dem Unbewusstsein hinauf kommen ins Bewusstsein. Anders als über die Psyche wüsste ich nicht, wie das gehen soll.
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Von Gott reden ist immer ein Anrennen gegen die Sprache als Käfigwand. Wittgenstein sagte in einem Vortrag über Ethik: „Es drängt mich, gegen die Grenzen der Sprache anzurennen, und dies ist, glaube ich, der Trieb aller Menschen, die je versucht haben, über Ethik oder Religion zu schreiben oder zu reden. Dieses Anrennen gegen die Wände unseres Käfigs ist völlig und absolut aussichtslos“.
Von daher muss jemand – so glauben Christen – den Käfig von außen öffnen: und der jemand ist Gott selbst (durch seinen Geist).
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