Bergpredigt: Antithesen – Zusammenfassung

Mit diesen bisherigen Teil der Bergpredigt (Matthäusevangelium Kapitel 5) haben wir gesehen:

Ebene 1: es geht einmal um die groben Züge: Jesus, wie Matthäus ihn schildert, richtet den Fokus auf erniedrigte Menschen. Er versucht die Aufmerksamkeit auf sie zu richten – die Erniedrigten sollen selbst Aufmerksamkeit auf sich richten. Sie sind groß. Licht der Welt. Diese Größe zeigt sich auch in einem Gemeinschaft-bildenden Verhalten. Einem Verhalten, das ganz anders sein soll, als man es üblicherweise kennt.

Ebene 2: Dann kann man schon Details erkennen: Man soll sich selbst beherrschen, den Mitmenschen nicht erniedrigen, man ist zuverlässig, schlägt überraschende Wege ein in Auseinandersetzungen.

Ebene 3: Wenn man das noch konkreter fassen möchte: Nicht Mitmenschen durch Beschimpfen erniedrigen, nicht Frauen erniedrigen durch begehrlichen Blick, nicht ehebrechen und scheidenlassen, nicht schwören, sich nicht rächen…

Und an diesen drei Ebenen können wir unser Verhalten ausrichten, können wir unser Menschenbild messen.

Die Frage ist nun: Ist jedes dieser Worte jesuanisch, ist es genauso jesuanisch, wie es gesprochen wurde? Wie sind Widersprüche zu klären? (Liegt das zum Beispiel daran, dass die Kontexte, in denen die Worte gesprochen wurden, fehlen?) Das sind die Fragen der historisch-kritischen Exegese. Sie werden diskutiert, es wird heftig argumentiert. Auch wenn nicht jedes Wort von Jesus gesprochen wurde, oder nicht ganz so von ihm gesprochen wurde, gibt es dann doch seine Intention wieder?

Diese Frage kann hier nicht detailliert dargelegt werden. Dazu müssten nämlich sämtliche Worte, die Jesus zugeschrieben werden, diskutiert und dann beleuchtet werden. Das wird in der Wissenschaft geleistet. Deutlich wird: Es wird ein besonderer Mensch in den Evangelien erkennbar. War Jesus so ein Mensch? Ist dieses Bild nur eine Erfindung der Logienquelle? Ist es eine des Markus? Eine des Lukas, Matthäus, Johannes, Paulus? Diese Frage zeigt schon, dass es nicht das Werk eines Menschen sein kann. Es kann auch nicht das Bild vieler sein. Die Grundkonstante ist in jedem Evangelium gleich – und auf einer anderen Ebene auch in den Paulusbriefen. Das heißt: Es hat einen Mann namens Jesus von Nazareth gegeben, der sich in besonderer Weise geäußert hat – so geäußert hat, dass seine Worte und Taten übereinstimmten, den Menschen bewundert haben. Dann hat sich manches an ihm angelegt, manches herumgerankt.

Das zu untersuchen ist eine Aufgabe historischer Wissenschaften. Die Konsequenzen, die man daraus für das eigene Leben zieht – zum Beispiel: Hat das weitere Konsequenzen als die Beschäftigung mit Caesar oder auf einer anderen Ebene die Beschäftigung mit Sokrates – das ist dann nicht nur eine des Glaubens. Denn dass man Jesus als großen Menschen, als Vorbild ansehen mag, wie Sokrates, das ist ja noch kein Glaube. Das kann aber eine Frage des Glaubens werden – und zwar dann, wenn man sagt: Der Mensch Jesus ist Gottes Ebenbild, mit ihm greift Gott in einem ganz besonderen Maße in die Welt ein, um Korrekturen anzubringen. Das wäre eine Glaubenssicht. Auch Glaube ist nicht statisch, sondern es gibt unterschiedliche Glaubenstiefen. Eine Weiterführung würde zum Beispiel bedeuten: In Jesus von Nazareth, dem Christus, ist Gott selbst unter den Menschen aktiv geworden.

Die Frage ist übrigens: Ist das, was sich an Jesus angerankt hat – zu vergessen, abzulehnen, zu übergehen? Manches empfinden wir als sehr wertvoll, als Ausdruck tiefer Menschlichkeit und tiefen Glaubens. Manches ordnen wir eher als oberflächlich, missglückt ein. Aber auch hier gibt es die Ebenen des Glaubens: Wie sind sie aus der Perspektive des Geistes Gottes zu deuten?

Aber damit ist die Bergpredigt ja noch nicht abgeschlossen. Es folgen weitere Texte.

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