Schön!: Es wird diskutiert + Parteien

Das, was ich besonders gut an der augenblicklichen Situation finde: Es wird diskutiert. Man ringt miteinander um den richtigen Weg.

Extremisten verschiedenster Couleur ringen fanatisch um ihren Weg und versuchen alle plattzuwalzen, die nicht ihrer Meinung sind, von rechts, von links…

Aber: Andere, auch von rechts und links, reden sachlich, lassen dem anderen Raum, sie lernen voneinander, merken ihre begangenen Fehler, versuchen es für die Gemeinschaft besser zu machen.

Dieses Diskutieren zeigt, dass uns die Gesellschaft nicht gleichgültig ist, dass es nicht egal ist, wohin sie läuft. Das finde ich wirklich gut. Menschen lassen sich nicht einfach mehr stilllegen mit Totschlag-Argumenten (du hast eh keine Ahnung, du bist eh links/rechts, Ausländer/Inländer, Experte/kein Experte, dumm/klug) – und versinken auf diese Weise ins ideologische Phlegma.

Manchen fällt das Diskutieren und dabei ruhig und sachlich zu bleiben, extrem schwer. Sie pinkeln anderen gerne ans Bein, wenn sie mal nicht hinsehen, denunzieren, versuchen seinen Lebensunterhalt zu kappen. Aber vernünftige Menschen lassen sich von solchen Pinklern nicht beirren, sondern suchen das Gespräch, sie suchen vernünftige Argumente zu verstehen. Manche können nicht akzeptieren, aufgeputscht von den jeweiligen Medien und Parteien, wenn die Gegenseite Mehrheiten bekommt. Das zeigt, dass unsere Demokratie im Westen gefährdet ist. Den anderen wird zugemutet, dass sie die Gesellschaft zerstören, sie in den Dreck fahren, nicht in der Lage sind, gute Vorzeichen für die Zukunft zu bieten. Diese Extremisierungen sollten unbedingt verhindert werden. Wir haben es immer mit Menschen zu tun – und nicht nur die anderen sind fehlbar, wir sind es selbst. Keiner von uns ist unfehlbar, auch keine Gruppe, hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Wir sollten gelernt haben, dass es nur ein Kinderspiel ist, der Bestimmer zu sein zu wollen. Im Leben der Erwachsenen gilt es zu diskutieren, dem anderen Raum zu lassen, auch dem Andersdenkenden. Und das nennt man letztlich Toleranz. Zudem gilt es, Mehrheiten auf saubere Art zu gewinnen und nicht, indem man andere denunziert, sie in Ecken stellt, in die sie gar nicht gehören, nur um sie zu desavouieren, indem man unfaire Wortwahl dominieren lässt, die andere lächerlich macht, sie überhaupt nicht zu Wort kommen lässt, gehässig ist.

Diskutieren, Meinungen austauschen – auch heftig aber fair – ist ein höchst demokratischer Vorgang. Von daher bin ich froh, dass in unserer Zeit noch so engagiert um den Weg in die Zukunft gerungen wird. Europa ist nicht alt und gelähmt und fast schon tot. An den Diskussionen sehen wir, wie quicklebendig es ist.

*

Dieses Ringen um den richtigen Weg sollte auch den Wahlkampf bestimmen. Bitte keinen Einheitsbrei, sondern: Argumente auf den Tisch. Die Schwierigkeit, die ich allerdings sehe, ist, dass die jeweils miteinander ringenden nicht unbedingt den jeweiligen Parteien zuzuordnen sind. Den Parteien haben sich einmal Menschen ähnlicher Gesinnung zugeordnet – aber dadurch, dass sie zum Teil so wenig profiliert sind, findet das Ringen in den Parteien selbst statt – und dadurch verlieren sie an Profil. Auch Parteien stagnieren nicht. Sie müssen sich verändern. Sie müssen immer wieder ihr eigenes Profil mit Blick auf die Wähler erkämpfen, auch in Konfrontation mit bestimmten Parteimitgliedern. Und so wurden sie zu einheitlich, weil sie möglichst wenig Profil bekommen wollten, um möglichst viele Wähler zu bekommen. Manchen ist der Anpassungskurs nicht bekommen, der FDP zum Beispiel. Sie hätte so viel zu sagen in unserer Zeit – die klassische FDP. Das größte Ringen um den Weg ist in der CDU auszumachen. Das einende Band ist mehr oder weniger Merkel. Entscheiden sie sich, die AfD auszuschalten, indem sie ihre traditionell konservative Richtung weiterfährt oder versucht sie ein sozialdemokratisches Profil zu bekommen? Die SPD – sie huscht mal in die eine oder andere Richtung – und ist dann wieder weg.

Impressum http://www.wolfgangfenske.de/

KategorienAllgemein

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert