Priesterinnen und Zölibat

Ich wurde gebeten, zu vielen Fragen, die die katholische Kirche betreffen, Stellung zu nehmen. Zunächst einmal meine kurze Einschätzung zum Thema Priesterinnen und Zölibat. Es ist wohl jedermann deutlich, dass in einem Blog nicht der Ort ist, darüber wissenschaftliche Arbeiten zu verfassen.

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Warum darf eine Frau nicht Priesterin werden?

Warum hat Jesus – aus historischer Perspektive gesehen – nur Männer ausgewählt? Weil er sie aussenden konnte. Frauen konnten damals nicht ausgesendet werden, weil sie sehr gefährdet waren (Entführungen, Vergewaltigungen, Erniedrigungen). Die Frauen waren sehr aktiv innerhalb eines Dorfes, einer Stadt, also in einem etwas geschützteren Bereich.

Warum darf eine Frau nicht Priesterin werden? Als evangelischer Christ finde ich das auch – zumindest in solchen ruhigen Gesellschaften wie die unsre (s. u.) – nicht einsichtig. Aber wie argumentiert die Katholische Kirche heute? Männer wie Frauen haben dieselbe Würde aber in einer Gesellschaft unterschiedliche Rollen. Und so hat die Frau eben nicht die Rolle des Priesters (also die Vollmacht, aus Gottes Gnade anderen Menschen durch die Sakramente die Gnade Gottes zu vermitteln), wie auch andere Männer nicht automatisch als Mann die Rolle des Priesters übernehmen dürfen. Ich selbst möchte die Besonderheit vieler Pfarrerinnen, die ich kennenlernen durfte, nicht missen. Ich finde, die katholische Kirche nimmt sich damit viel. Andererseits haben auch Frauen in der katholischen Kirche Nischen gefunden, sich einzubringen, als Nonnen (man denke an Mutter Teresa und viele, viele andere), Gemeindereferentinnen. Ohne sie ist eine funktionierende Gemeinde nicht denkbar. Zudem hat die Kirche viel dazu beigetragen, dass Frauen einen großen Wert in ihren Gemeinschaften haben, man denke da nur an die Zeit der frühen Christen – wie schlimm es da für die Frauen in der heidnischen Umwelt aussah. In der christlichen Gemeinde konnten sie sicher sein, konnten sich einbringen, konnten auch leiten.

Jesus, so die Argumentation, hat keine Priester berufen, obgleich es in seiner Zeit im heidnischen Bereich Priesterinnen gegeben hat. Und das macht für mich die Argumentation der katholischen Kirche schwierig: Auch die Jünger waren keine Priester, sie waren Missionare. Priester im eigentlichen Sinn gab es erst später. Priester, so die katholische Kirche, stehen als Stellvertreter Jesu am Altar – und der war eben ein Mann. Jesus hat sich selbst als Opfer dargebracht – und der Priester als Mann bringt das Messopfer dar. Aber all das ist nicht unbedingt einleuchtend, denn Jesus war kein Priester (auch wenn der Hebräerbrief ihm den Hoheitstitel Hoherpriester zuweist). Und man sieht ja nicht den Priester als Mann das Messopfer darbringen, sondern als Menschen, der das aus Gottes Gnade tun darf.

Im Grunde ist die Frage, warum Frauen keine Priester werden dürfen, eine historisch gewachsene – und wird entsprechend der jeweiligen Zeiten neu interpretiert. Heute wird das vielfach auch symbolisch begründet. Die Rollen der Geschlechter sind nicht einfach nur Rollen, sie zeichnen Göttliches ab. So ist die Ehe nicht einfach nur Ehe, sondern die Ehe symbolisiert die Einheit Jesu Christi mit seiner Gemeinde. Und diese Rollenzuteilung hat in unserer Zeit die Funktion zu zeigen, dass – wie die Geschlechter nicht eins sind, aber nach Einheit streben, so ist auch Gott nicht eins mit den Menschen, aber die Menschen streben nach Gott und Gott in seiner Liebe zu den Menschen.

Man darf allerdings nicht vergessen: Es ist auch immer eine Machtfrage. Und das kann man nicht übersehen.

(Das verärgert auch die Gruppen heute, die meinen, man könne die Sexualität der Menschen einfach aufheben – jeder wählt sich seine Rolle: Es gibt keine festgelegte Sexualität, wie es auch keine festgelegte Rolle in der Gesellschaft gibt [Genderfrage]. Damit wird der Mensch als sexuelles Wesen nicht ernst genommen und es werden im Grunde Differenzen weg-rationalisiert. Dabei sind gerade die Differenzen das, was die Vielfalt des Menschen ausmacht.)

Eine kurze Anmerkung zum Zölibat: In gefährlichen Gesellschaften hat das Zölibat einen Vorteil: Man muss sich nur um sich selbst kümmern. Wenn man sich der Verfolgung aussetzt, dann hat man keine Familie, die in Gefahr geraten kann. Das war z.B. im Nationalsozialismus so. Hat ein Pfarrer seine Meinung gegen das Regime bzw. gegen die Ideologie ausgesprochen, musste die Familie mitleiden und er hat lieber 10 mal darüber nachgedacht, ob er seiner Familie Leiden zumuten wollte, bevor er seinen Mund frei öffnete. Katholische Priester sind freier. Vor kurzem kam in den Medien, dass in Syrien 8 Christen durch die IS ermordet wurden, darunter auch ein Missionar und dessen Sohn. Der Sohn wurde gefoltert, damit der Vater sich dem islamistischen Islam zuwendet, konvertiert. Er ist dennoch standhaft geblieben – aber das heißt grundsätzlich: Priester müssen in Gefahrensituationen nicht auf die Familie achten. Diese schwierige Situation ist dann nicht gegeben, wenn eine Gesellschaft verhältnismäßig ruhig ist wie unsere. Da fordert es sich leicht, dass ein Priester auch heiraten darf. Seine Familie ist nicht gefährdet. Von Gefahrensituationen lassen sich freilich auch – und hier muss man sagen: – evangelische Familien, nicht abhalten, die Frohe Botschaft zu leben und zu verkündigen (wie an dem Missionar zu sehen, oder auch in Nordnigeria wurde die Frau eines Pfarrers geköpft – das heißt: christliche Familien begeben sich in Gefahr, besser gesagt: Lassen sich von gefährlichen Menschen nicht abschrecken, die Botschaft weiterzusagen).

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Was beide Themen betrifft: Ich finde, es ist eine Frage, die die Christen in der katholischen Kirche klären müssen. Heute meint jeder, er müsse anderen Gruppen sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. So ist auch diese Frage: Hätten Sie einen Wunsch zur Veränderung in der katholischen Kirche – Ausdruck dieses Sich-Einmischens. Katholiken müssen aus ihrem Glauben selbst miteinander ausmachen, wie sie ihre Gemeinschaft regeln. Und das eben in Verantwortung vor Gott und den Menschen. Nicht nur: vor den Menschen – sondern, was die säkulare Zeit gerne vergisst: auch in Verantwortung vor Gott.

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